Die Bärte für Einsteiger und bereits Abgebrühte. Beard go Mainstream? Nun…nein! Diesmal servieren die fünf von Spock’s Beard mit ihrem neuen Album „Noise Floor“ leicht verdauliche Kost mit lieblichem Dekor.
Thomas Weber, Chef des legendären InsideOut Music Labels, war zuletzt nicht zu beneiden. Kam ihm doch der Erzählung nach die quälende Aufgabe zu, die Stücke für die Haupt-CD der hier besprochenen Doppel- CD auszuwählen. Die übrigen Songs mussten, gewissermassen abgewertet, ihr Dasein auf der EP „Cutting Room Floor“ fristen. Uns kann’s wurscht sein, finden sich doch beide in der Hülle und beide Scheiben haben Format!
„Wir verwenden nie den Titel eines Songs als Albumtitel. Auch wollen wir keine Textzeile aus einem Titel dafür verwenden. Unsere Albumtitel sind meist Zufallsphrasen, die ein Gesamtbild von uns zeichnen.“
Vorweg: Der gestandene Bärte-Fan bekommt, was er nicht vermissen will. Wer Neues entdecken will, wird hier wie folgt bedient.
Der Opener „To Breathe Another Day“ wiegt den Fan mit typisch proggigem Hammondorgel – Sound nur ein paar Takte lang in Sicherheit. Alsdann hebt ein Power Rock an, der so schon in Fussballstadien die breite Masse unterhalten hat. Vollmundig, schön harmonisch, positiv kraftvoll und für die Spöcke fast schon zu simpel. Bereits hier zeigt Sänger Ted Leonhard bei seiner dritten Produktion mit der Band groß auf. Der Opener als Vorbereitung der Hörerschaft auf das Kommende, lässt Schlimmstes befürchten. Fürchtet euch nicht.
„Bei uns geht’s um Evolution, nicht Revolution. Was wir dieses Mal getan haben, ist, die Songs melodischer zu machen. Wir lieben unseren verrückten Prog immer noch, wissen jetzt aber um die Wichtigkeit, die Aufmerksamkeit der Zuhörer frühzeitig zu bekommen“,
meint Gitarrist und Sänger Ted Leonhard dazu.
Beim letzten Album „The Oblivion Particle“ habe es eine Zeit lang gedauert, bis die Songs Eindruck auf die Leute machten.
Interessant, daß er das meint. Sind es doch meistens jene Alben, die man sich erarbeiten muß, die dann persönliche Alltime Favourites werden.
So wird der heutige Pop-Rezipient mit der Aufmerksamkeitsspanne eines Kolibri, auch mittels dosiert steigender Songlänge und Komplexität bei der Stange gehalten. Und oh ja, spätestens bei „Have We All Gone Crazy Yet“ sind acht Minuten nicht zu lang!
Schlaue Bärte!
Wer den Prog in der Spock’s Beard Tradition will, springt gleich weiter zu „Box Of Spiders“ und lässt sich dort begeistern. Dieses Stück hat jene Schräge, Komplexität und Rasanz, die der Progger möchte. Zitate an den klassischen Prog der 70er, oder ein Keyboard – Solo a ‚la Dream Theater’s Jordan Rudess komplettieren das Paket. Das alles wird hier in einer „Miniatur“ von 5:29″ untergebracht.
Wäre auch ein guter Einsteig, um jemandem das Wesen dieses Genres schonend näher zu bringen.
Langzeit Soundengineer Rich Mouser zauberte wieder einen perfekten transparenten, fein ziselierten Sound, nix zu meckern hier.
Fazit: Wie gewohnt, eine Produktion mit hoher kompositorischer und soundtechnischer Qualität. Bemerkenswert sind die auffallend eingängigen Songs, die Schrulligkeiten und das „Schwierige“ des Prog aussparen. Es ist alles perfekt an dieser Scheibe, so perfekt, daß am Ende wenig Begeisterung bleibt. Die Scheibe wird sich trotzdem nahtlos in jede Spock’s Beard Sammlung einreihen.
Review: Michael Neumann
Hörprobe auf YouTube:
Spock’s Beard sind: Ted Leonard: Vocals, Guitars – Alan Morse : Guitars, Vocals – Ryo Okumoto: Keyboards – Dave Meros: Bass, Vocals – Nick D’Virgilio: Drums, Vocals
“Noise Floor”
- To Breathe Another Day
- What Becomes Of Me
- Somebody’s Home
- Have We All Gone Crazy Yet
- So This Is Life
- One So Wise
- Box Of Spiders
- Beginnings
“Cutting Room Floor” (EP)
- Days We’ll Remember
- Bulletproof
- Vault
- Armageddon Nervous