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Interview mit den Wacken Open Air Gründern Thomas Jensen und Holger Hübner Interview mit den Wacken Open Air Gründern Thomas Jensen und Holger Hübner
Für unser Buch "Wacken – Das perfekte Paralleluniversum. Was die Gesellschaft von Metalheads lernen kann" haben uns die Gründer und Veranstalter des Wacken Open... Interview mit den Wacken Open Air Gründern Thomas Jensen und Holger Hübner

Für unser Buch „Wacken – Das perfekte Paralleluniversum. Was die Gesellschaft von Metalheads lernen kann“ haben uns die Gründer und Veranstalter des Wacken Open Air Thomas Jensen und Holger Hübner Einblick in ihr Imperium und Netzwerk gewährt. Hier das gesamte Interview.

Hallo ihr beiden, danke dass ihr euch nochmal Zeit nehmt. Wir möchten euch zunächst ein paar Schlagworte nennen und ihr sagt uns bitte, was euch dazu einfällt. Das erste Schlagwort ist

Rituale

Thomas: Davon gibt es im Metal und in Wacken ja viele. Das Ankommen auf dem Holy Ground. Das Zur-Bühne-rennen, wenn das Infield aufmacht. Auch am letzten Tag der Abspann, den unsere Video-Crew dann immer vorbereitet, auf dem sich die ganze Crew nochmal mit Namen wiederfindet. Das alles sind doch schöne Rituale.

Dann gibt es natürlich auch noch Rituale, auf die man verzichten kann. Das haben wir ja jetzt durch Corona gelernt. Handgeben finde ich im Moment manchmal etwas befremdlich. Das war zwar früher ein gutes Ritual, aber nach der Pandemie den Mittelweg zu finden, wird noch eine Aufgabe.

Holger: Eines unserer Rituale ist ja auch am Donnerstagabend die Ansage. Und wenn die Fans alle kommen und die ersten Bands spielen. Und die Verabschiedung am Sonntagmorgen um kurz vor 2 Uhr. Da hat es sich ja eingebürgert, dass wir ein paar Leute erwähnen, die für das Festival besonders wichtig waren. Wie die Bühnenmanager oder Harry Metal und die Bands. Oder auch nochmal Themen aufzugreifen, wie zum Beispiel den Tod von Thomas Hess.

Oder auch das Abspielen des speziellen Songs, wenn die Leute Donnerstag-, Freitag- und Samstagnacht vom Gelände gehen. Dass also, wenn der Tag zu Ende ist, nochmal spezielle Musik kommt. Oder auch morgens zur Begrüßung. Das alles sind Rituale, die immer wiederkehren und die sich über die Jahre eingebürgert haben.

Thomas Jensen

Ernährung

Holger: Ernährung ist wichtiger denn je. In diesem Bereich versuchen wir auch, der Dinge Herr zu werden. Vegetarismus und Veganismus sind Themen, an denen man nicht vorbeigehen kann. Das versuchen wir natürlich auch zu berücksichtigen. Gesundes Essen ist wichtig – nicht nur für unsere Fans, sondern auch für unsere Mitarbeiter. Wir waren damals das erste Festival, das im Catering-Bereich für die Crew ayurvedisches Essen anbot. Das gab es sonst nirgendwo. Es gab Leute, die bei uns zur Arbeit gekommen sind und sich mehr oder weniger gesund gegessen haben, weil sie sonst so etwas noch nie bekommen hatten (lacht). Also, das ist natürlich ein Riesenthema für uns.

Wie steht ihr zu Massentierhaltung?

Thomas: Das ist eine Geschichte, bei der die Menschheit verkehrt abgebogen ist. Wahrscheinlich durch Gier. Immer mehr, immer mehr. Massentierhaltung ist ein Irrweg. Holger hat ja gerade gesunde Ernährung angesprochen – die steht im krassen Gegensatz zum mit Antibiotika gedopten Hähnchen. Wobei man natürlich immer gucken muss, denn die Leute achten auf den Preis. Gerade haben sie alle Panik wegen der gestiegenen Energiekosten. Da muss man schauen, wie man die Mitte finden kann. Ich für meinen Teil denke, ein bewussterer Umgang mit Ressourcen – nicht nur Lebensmittel – führt zwangsläufig dazu, dass du weniger Fleisch isst. Dann brauchst du auch weniger Massentierhaltung. So reguliert sich das Problem hoffentlich so schnell wie möglich. In diese Richtung muss man eben denken. An den großen Themen kann man – wie Holger gesagt hat – nicht mehr vorbeigehen. Das sind eigentlich selbstgemachte Leiden.

In den Nachkriegsjahren haben die Leute aus einer Hungersituation heraus komplett durchgedreht – was auch nachvollziehbar ist. So ist die Amplitude in die andere Richtung ausgeschlagen. Das kann man erklären und auch verstehen. Jetzt muss man aber den Schalter ganz schnell umlegen. Massentierhaltung hat ja auch noch andere Auswirkungen. Nicht nur für die Gesundheit, sondern auch als Belastung der Umwelt mit Nitraten. Für die Schäden muss dann die gesamte Gesellschaft aufkommen. Da muss man einen Weg finden.

Kollegen aus der Festivalgruppe aus Dänemark wollen Festivals machen, wo es ausschließlich pflanzenbasierte Lebensmittel gibt. Ich sage mal: In Wacken und in der Metal Community gibt es viele, die noch ein gegrilltes Steak genießen wollen und können. Aber die meisten wollen schon auf Qualität setzen. Da einen gangbaren Weg für alle zu finden, das ist auch das, was wir mit unserem Festival umzusetzen versuchen. Qualität und ein geiles Erlebnis. Das hängt für mich alles ein bisschen zusammen. Ein dry-aged Rinderfilet von der glücklichen Kuh – die wahrscheinlich nicht mehr so glücklich war, als sie geschlachtet wurde – a den Kompromiss zu finden, ist nicht so einfach. Es ist nicht so einfach zu begründen, aber eigentlich sind die Parameter relativ einfach. Verantwortungsbewusstes Umgehen und Respekt vor der Natur.

Auch der Jäger sagt, dass man vor der Kreatur Respekt haben soll. Da gibt es ganz viele Dinge, die sich, meiner Meinung nach, nicht gegenseitig ausschließen. Und man sollte in der Gesellschaft nicht polarisieren, aber es kann nicht gut sein, ein mit Antibiotika überfüttertes Stück Fleisch in sich reinzustopfen.

Wir sind ja auch immer interessiert an Start-ups zu solchen Themen. Wenn es andere Produktionswege gäbe, wie gezüchtetes Fleisch, wäre das durchaus spannend und interessant.

Hoffentlich lernt die Menschheit aus ihren Fehlern und hoffentlich ist es noch nicht zu spät.

Ich will das Bild aber auch nicht zu düster malen. Massentierhaltung ist ein schwieriges Thema, glaube ich. Man darf jetzt bei dem künstlich gezüchteten Fleisch auch nicht vor Freude durchdrehen. Erst muss man schauen, was das für Konsequenzen hat, wie etwa den Energieverbrauch. Aber auf jeden Fall wäre das mal ein alternativer Weg.

City Framing ist sicherlich auch interessant. Das sind alles Geschichten, über die man nachdenken sollte. Wir als Festival haben ja versucht mit der Future Factory mit ein bisschen Utopie-Laborcharakter, Dinge auszuprobieren. In der Festival Gruppe haben wir gemerkt, dass wir diesbezüglich von den Skandinaviern einiges lernen und abschauen können.

Vielleicht können wir so hier und da auch mal eine Abkürzung nehmen und brauchen nicht den ganzen Weg zu gehen, weil Kollegen da schon Groundwork und Pionierarbeit geleistet haben, von der wir profitieren können. Wir sind mit Wacken – das soll sich jetzt nicht arrogant anhören – aber ich glaube schon, dass wir in einigen Dingen eine Pionier- und Vorreiterrolle hatten. Für uns ist es dann auch mal schön, wenn wir das eine oder andere ganz einfach kopieren und so einen Schritt nach vorne machen zu können. Aber, wie in allem geht es darum neuere, effektivere und bessere Wege für uns alle zu finden.

Nachhaltigkeit

Thomas: Die steht bei uns ganz, ganz oben. Wir haben relativ früh damit angefangen zu sagen „Save the holy ground.“ Auch aus Eigennutz, weil wir gesehen haben, dass uns der Müll Probleme bereitet.

Wir haben versucht so wenig wie möglich über Verbote zu bewerkstelligen – Wacken ist ja nicht bekannt für Einschränkungen. Unser ganzes Streben ist ja eigentlich, den Metalheads so viel Freiheit wie möglich zu geben und das wollen wir unbedingt beibehalten. Es hat sich aber auch gezeigt, dass alleine der Apell an die Community im letzten Jahr (also 2019) also beim letzten stattgefundenen Festival, die Fans dazu gebracht hat, einen unglaublichen Job zu machen. Sie haben die Campflächen teilweise selber geräumt, so dass die Müllsammler dachten, es wäre schon gesammelt worden.

Es ist also möglich einen anderen Umgang mit der Natur und mit den Ressourcen, die wir zur Verfügung haben, zu praktizieren. Und in diese Richtung wollen wir natürlich weitermachen. Das hat Vorteile für uns alle. Für die Gesellschaft im Globalen ist es natürlich besser, wenn so eine Veranstaltung oder eine unternehmerische Aktivität möglichst wenig Footprint hinterlässt. Im Wort Abfallentsorgung, also in „Entsorgung“, steckt ja schon die Information, dass etwas verloren geht – das kann nicht unser Ziel sein. Deswegen versuchen wir im Moment mit einigen Schlaueren, als wir beide es sind, zu einer Kreislaufwirtschaft zu kommen. Sehr fasziniert sind wir von Professor Braungart und seinem Cradle-to-Cradle-Konzept. Wir versuchen in Arbeitsgruppen das gesamte Unternehmen zu integrieren, so dass wir mit dem Festival oder mit unseren unternehmerischen Aktivitäten in den nächsten Jahren zu einer Kreislaufwirtschaft kommen. Dabei haben wir uns das Ziel von 10 Jahren gesetzt.

Was uns an der ganzen Idee fasziniert ist, dass es eben nicht um Verzicht geht – ich glaube, wenn man uns beide anguckt, wir sind nicht gerade die großen „Verzichter“ (lacht) – wir wollen eigentlich Wege finden, wie man nachhaltig aus dem Vollen schöpfen kann. Das ist immer unser Credo gewesen. Und als wir den Michael Braungart kennengelernt haben, und er „Vollgas“ gesagt hat, fanden wir das super. Das ist ja unsere Motivation. Wir wollen den Leuten immer eher mehr geben als weniger. Wenn die ganze Sache dann zu einem Kreislauf wird, der Irgendwann sogar die Bodenqualität verbessert, dann ist das ein lohnender Ansporn sich weiterzuentwickeln.

Toleranz

Thomas: Hängt für uns mit Nachhaltigkeit zusammen. Wir sind nur intolerant gegenüber anderer Musik (lacht). Nee, da sind wir auch besser geworden (lacht). Ein Festival hat für uns immer viel mit Freiheit und Ausleben der eigenen Vorstellungen zu tun gehabt. Und das sehen wir nach wie vor so. Einmal im Jahr so sein zu dürfen, wie man will, ohne Restriktionen, ohne Grenzen und Regeln. Wobei wir eigentlich finden, dass während dieser Wacken-Festival-Woche, in dem Chaos, eigentlich alles viel geordneter ist als den Rest des Jahres. Das ganze Ding hat eine eigene Richtung und das ganze ohne Vorschriften. Naja, natürlich haben wir in Wacken auch die eine oder andere Verbotstafel – aber oft denke ich, dass wir manchmal übers Ziel hinausschießen, weil die Fans das schon von selber tun.

Eine schöne Geschichte, die wir immer wieder gerne erzählen, passierte ganz am Anfang auf dem Campground, als unsere Kumpels die erste Bar aufgemacht haben und dort selbst ihre besten Kunden waren. Nachdem der eine schlafen gegangen und der andere hinter dem Tresen umgefallen war, wurden zwar die Getränke von den Fans irgendwann ausgeschenkt aber die Kasse ist dageblieben.

Die sind praktisch aus dem Koma erwacht und ein riesiger Biker-Typ saß an der Kasse und hat aufgepasst, dass die Kohle nicht wegkommt. Sonst wäre das ganze Drama für die beiden Jungs noch schlimmer gewesen als es ohnehin schon war. Und das zeichnet eigentlich das Festival und die ganze Community aus, dass sowas eben möglich ist. Jeder kann sein und sich ausleben, wie er will in dieser Woche und es gibt keine Restriktionen.

Hast du noch andere Anekdoten, die du erzählen möchtest?

Thomas: Es gibt ja schon so viele – in „Peoples Republic Of Wacken“, dieser stundenlangen Dokumentation zum 25-jährigen Jubiläum, in den DVDs und in den Büchern, die es schon gibt, sind viele Stories bereits drin. Auch zum 25ten haben wir viele Stories gehabt.

Wacken ist ja sehr vielschichtig. Das sind ja nicht nur Holger und Thomas, die da was zu sagen haben, sondern die richtigen Geschichten kommen ja von unseren langjährigen Mitarbeitern und aus der Crew.

Werte

Thomas:  Werte ist ein großes Wort. In der Community gibt es schon einen Wertekanon oder gemeinsame Nenner, auf die sich die Metal-Community geeinigt hat. Ich will auch nicht sagen bei 100%. Aber Hilfsbereitschaft, Loyalität, Ehrlichkeit. Vieles hat auch mit Ehrlichkeit und wie die Community untereinander agiert zu tun. Wir haben ja sehr selten Diebstähle. Und die, die es gibt, kommen von organisierten Banden. Aber das sind dann ja keine Metalheads. Die haben wir zum Glück gemeinsam mit der Polizei erwischt. Hier können wir auch noch einmal unseren Kumpel Thomas Hess erwähnen. Ehrlichkeit ist in der Community, glaube ich, ein großer Wert. Und Loyalität. Da gibt es Dinge, die fast zu 100% in der gesamten Community und im Umgang miteinander vorkommen – zumindest an dem einen Wochenende in Wacken. Werte sind ja wichtig für das Zusammenleben in einer Gemeinschaft. Auf dem Festival sind wir eine Gemeinschaft. Und während des Jahres als Firma auch. Holger und mir sind Werte wie Loyalität auch immer wichtig. Ich könnte Holger als einen sehr loyalen Menschen bezeichnen. Und er kann das vielleicht auch über mich sagen. Aber letztlich müssen das andere beurteilen. Aber das ist es, was uns letztlich ausmacht. Und das wird uns auch von anderen immer wieder bestätigt.

Also Werte sind wichtig und hängen ja auch unter anderem mit dem Respekt vor der Natur zusammen. Wir machen ja viele Teammeetings und holen uns viel Feedback, so geht man bewusster damit um. Auch schon vor 30 Jahren, wenn der Bauer gesagt hat, wir müssen gut aufräumen, sonst bekommt die Kuh eine Kolik, dann war für uns klar, dass wir das berücksichtigen. Ich meine, wir kommen aus dem Dorf und wollen sicher nicht, dass die Kuh unter Koliken leidet. Nein, das wollen wir nicht, also räumen wir auf.

Götz Kühnemund hat ja mal den Spruch geprägt: „Unser Mekka heißt Wacken.“ Das soll keine religiöse Anmaßung sein, sondern nur zeigen, welche Bedeutung es für uns hat. Für uns ist Wacken wirklich heiliger Boden, vielleicht wie bei den nordamerikanischen Indianern. Deren Stammesgeschichte und Respekt vor der Natur und wie sie die Natur empfunden haben, erinnern mich stark daran wie wir und auch unsere Fans das W:O:A zelebrieren. Ich denke, das geht in eine ähnliche Richtung.

Familie

Thomas: Ist für uns wichtig. Und wir sehen, unsere Kumpels, unsere Gäste, unsere Crew, unsere Künstler auch als unsere Family. Unsere Metal-Family. Und das ist eine absolut beschützenswerte Gemeinschaft. Und man setzt sich für die Family auch ein. Die Family ist einem wichtig.

Und dann kommen natürlich die ganzen Werte, wie Loyalität und so, zum Tragen. Wir verstehen schon, dass das Festival für jemanden, der noch nie da war, ein absolutes Paradoxon sein muss, wenn wir sagen, dass wir da eine Familienfeier haben. Und alle Leute dazuzählen, auch die Feuerwehr oder die Polizei. Es gibt bei der Polizei Leute, die nehmen sich extra Urlaub und andere melden sich extra zum Dienst – beide aber aus der gleichen Motivation.

Bei den einen steht das Musikerlebnis vielleicht noch ein bisschen höher. Die haben da eben einfach Bock drauf. Man kann sich in Wacken eben auch wiederfinden. Auch in den unterschiedlichsten Funktionen. Und das ist dann auch, wie Holger und ich immer sagen, unsere Family oder wenn man das Wort benutzen will, Community. Dahinter steht ja eigentlich der gleiche Hintergrund oder der gleiche Gedanke, den man ausdrücken möchte.

Holger: Wir sind eine große Familie und haben die besten Fans der Welt. Auch sie sind für uns irgendwie Familie. Und auch die Leute, die vor der Bühne stehen und die Mitarbeiter. Natürlich gehören auch unsere eigenen Familien dazu. Das familiäre Gefühl ist auch immer mehr gewachsen. Und unser Anspruch ist Menschen Gutes zu tun. In welchem Bereich auch immer. Ob über die Musik oder über die Begegnung oder mit unserem Festival.

Holger, hat das Vatersein deine Sicht auf das Festival und die Organisation irgendwie verändert?

Holger: Geändert hat sich das insofern, dass man eine große Verantwortung hat. Die ist aber auch gewachsen, je größer das Festival wurde. Es ist eine andere Verantwortung, die man für 500 Menschen hat, als für 100.000, die in Wacken herumspringen. Das ist eine ganz andere Herausforderung und man kann dann auch mal nicht so gut schlafen.

Meine Tochter ist 22 und hat mir auch schon ein paar Nachhaltigkeitsthemen um die Ohren gehaut. Das kommt nämlich auch dazu, aber der Sache stellt man sich natürlich gerne. Es ist ja viel prägender, wenn das von meiner eigenen Tochter kommt als von einem Mitarbeiter.

Ich würde ja sagen, dass es logisch ist, dass von den Mitarbeitern dazu etwas kommen muss, aber das kommt eher später als aus der eigenen Familie. Ob es jetzt Thomas‘ oder meine Eltern waren – unsere Familien haben da eigentlich immer schon eher mitgedacht als der Freundeskreis oder die Mitarbeiter.

Vielleicht weil wir etwas zu präsent oder dominant waren. So haben die Leute wohl gedacht, lieber die Schnauze halten, wenn die beiden was sagen. Was natürlich nicht immer schlau war. Und wir hatten aber auch immer Leute, wie Thomas Hess, die uns gesagt haben, wenn sie etwas anders sehen als wir. Das war hilfreich. Wir haben immer Leute gesucht, die uns die Meinung sagen, damit man auch was lernen und mitnehmen kann.

Es ist ja nicht so, dass wir immer schon alles wussten. Wir haben ja auch erst alles per by doing über die Jahrzehnte gelernt oder uns angelesen. Und wir sind jetzt mit 55 noch lange nicht am Ende. Wer weiß, wann Schluss ist. Wir wollen ja noch eine Menge lernen. Für uns alle, für das Festival, für unsere Familien, Kinder, Kindeskinder und Kindeskindeskinder. Wir wollen etwas weitergeben und zurückgeben können. Das ist ja ganz wichtig. Wir wollen schon etwas an die Gesellschaft zurückgeben. Was wir ja auch immer getan haben. Wir wollen damit ja auch unsere Familien stärken und unsere Freunde natürlich auch.

Ist deine Tochter denn irgendwie in das Wacken Open Air involviert?

Holger: Nein, die hilft zwar mal aus als Praktikantin, wenn sie Bock darauf hat. Aber sie hat jetzt nicht so den Bezug zur Musik. Sie macht dann still und heimlich ihren Job da und gut ist‘s. Sie will auch keine besondere Position nur weil ihr Vater Veranstalter ist. Sie macht das ja auch, weil sie damit Geld verdient. Das ist auch ok so. Unsere Kinder müssen nicht unbedingt im Betrieb arbeiten. Wir sind ja keine Patriarchen. Nicht wie bei Otto, etc. Das ist eine ganz andere Welt. Unsere Kinder sind natürlich auch ganz anders aufgewachsen und kommen ursprünglich aus bescheideneren Verhältnissen. Und eher mit Demut als man es von Patriarchen aus Deutschland kennt. Wir sind ganz normale Bürger und nichts Besonderes.

Welche zukünftigen Entwicklungen erwartet ihr von der Musikszene?

Thomas: Die Musikszene hat sich bereits dramatisch verändert. „Recorded“ hat für unsere Musiker ja fast gar keinen Stellenwert mehr im Einkommensmix. Live ist wichtiger geworden. Da könnte man jetzt sagen: Naja, Hübner und Jensen sind Live-Leute. Wir kommen aus dem Live-Bereich, aber wir sehen diese Entwicklung schon eher kritisch. Es wird immer schwerer für junge Bands ihren Weg zu machen. Unsere Altgedienten – ich hätte fast alte Recken gesagt, aber das hört sich so nach Rentnern an, was sie ja alle nicht sind (lacht) – die Maidens, die Metallicas, die AC/DCs müssen immer noch die Fahne hochhalten und können die Fackel noch nicht so richtig abgeben. Was zum einen natürlich super ist, weil wir ja auch selber Fans sind. Jede Band, die nicht mehr spielt, weil entscheidende Mitglieder verstorben sind, trifft uns hart. Man wird sehen, wo sich alles hin entwickelt.

Wir haben versucht, mit einigen Aktionen Impulse zu setzen. Das Wacken Music Camp ist ja sowas wie eine musikalische Urlaubsfreizeit. Aber wenn man sieht, wie begeistert sich da die Kids bis 17 (Jahre) in Bands zusammenfinden und innerhalb von einer Woche einen live-aufführungsfähigen Song in der Wackener Turnhalle präsentieren, dann ist das einfach großartig. Dahingehend wollen wir noch viel mehr machen.

Dann haben wir auch den Metal Battle, der ja nicht der klassische Nachwuchswettbewerb ist, wo eine Band gewinnt und alle anderen sind Verlierer. Die Bands sagen, dass schon die Teilnahme für sie ein Gewinn ist. Uns war es ein Anliegen, dass es viele Live-Shows gibt, denn wir glauben: Je mehr Live-Shows es gibt, umso besser kann sich die Szene entwickeln. Es geht eigentlich gar nicht darum, in Wacken zu gewinnen. Da ist natürlich auch schön und man gewinnt da ja auch ein paar Sachpreise und ganz früher hatten wir ja sogar einen Schallplattenvertrag als Preis.

Aber darum geht es eigentlich gar nicht mehr. Es geht darum, in dieser Community zusammenzukommen und Musik zu machen. Und das haben wir versucht. Aber da muss eigentlich noch viel mehr passieren. Wir sehen ja jetzt nach Corona, es gibt so zaghafte Pflänzchen. Mal erfolgreich, mal weniger erfolgreich. Bei staatlichen Subventionen, geht ja oft das Geld in – ich muss da vorsichtig sein in der Wortwahl – nicht so effektive Kanäle, und wir denken, dass man manchmal geilere Dinge damit hätte machen können.

Und dann ist da das Festival selbst. Wir versuchen ja immer eine große Bandbreite an Metal abzubilden. Wir sagen deswegen, dass wir uns gar nicht wie die Weltmeisterschaft oder die Champions League des Metal sehen, sondern eher als die Olympischen Spiele, wo eben auch der Jamaika-Bob eine Chance hat (lacht). Wo Bands nicht nur offensichtlich eine Berechtigung in der Szene haben oder im nächsten Jahr groß werden, sondern alles dabei ist. Ein ganz schillerndes Beispiel ist da diese Botswana-Nummer. Oder unsere vietnamesischen Freunde von Dutch Calais, die wir dann mit einigen Schwierigkeiten zum Festival rüber geholt haben. Mit sowas versuchen wir der Musikszene einen positiven Drall zu geben. Vieles geht mir zu stark in die Business-Richtung und zu wenig in Richtung Musik. Wir wollen im Grunde Räume schaffen für harte gitarrenorientierte Musik.

Habt ihr mit eurem großen Festival aber auch mit euren vielen kleineren Veranstaltungen eine gewisse Marktmacht, um Bands, auch bezüglich zukünftiger Headliner, zu pushen?

Thomas: Ja, klar. Zum Beispiel In Flames. Die haben sicherlich in Wacken stark an Publicity gewonnen, aber immer einen Großteil ihrer Gage wieder reinvestiert. Da die Band auch selber sehr viel an die Fans zurückgibt, ist das ja eine Win-Win-Situation. Und wir haben etwas davon, weil das Festival befruchtet ist und einen geilen Act hat.

Ein Wahnsinnsbeispiel ist natürlich T.S.O./Savatage, wo ja leider Paul O’Neill gestorben ist. Der war für mich ein revolutionärer Typ aus dem Musikbusiness und hat mit Aerosmith und mit allen möglichen tollen Leuten gearbeitet. Er hat ja auch das Konzept T.S.O. (Trans-Siberian Orchestra) kreiert.  Ein ganz neues Konzept. Zwar sehr kommerziell, aber das finden wir ja gar nicht schlimm. Es geht ja hier nicht um totale Avantgarde / Underground. Ich denke, die Vielfalt muss es bringen. Wir arbeiten ja auch mit vielen Bands zusammen, die manche als Kommerz bezeichnen. Darum geht es gar nicht. Es geht um die Vielfalt der Musik und die Chance, dass die Musik sich entwickeln kann.

Ich bin ja selber ein grauseliger Bassist und komme eher aus dieser Punk-Nummer, wo es mehr darum ging: Machen anstatt können (lacht). Oder: Wer übt hat Angst (lacht). Das waren unsere Sprüche damals. Aber darum geht es ja. Und wenn das dann irgendwann in Richtung Rush oder irgendwelche Prog-Geschichten geht, dann ist das ja auch gut. Aber erstmal überhaupt, dass diese Musik sich weiterentwickeln kann und da einen Raum, eine Plattform, eine Bühne findet.

Trotzdem haben wir wenig Einfluss, weil wir dafür viel, viel, viel zu klein sind. Große Bands, wie Metallica, Iron Maiden oder Rammstein mit über 14 LKWs, brauchen viele Veranstaltungen, um überhaupt so eine gigantische Maschine, wie eine Welttournee mit so einer Produktion machen zu können. Ein Festival alleine bringt da gar nichts. Da brauchst du mehrere Metalfestivals. Deshalb sehen wir die gar nicht mehr so stark als Konkurrenz. Du brauchst eine gewisse kritische Masse, eine Anzahl an Festivals, damit Bands im Sommer überhaupt unterwegs sein können. Wacken braucht sicherlich auch ein Alcatraz in Belgien oder ein Bloodstock, damit Bands Anschlusstermine haben.

Das kann man ja sagen – gell Holger – wir fühlen uns gesegnet, dass wir mit Künstlern zusammenarbeiten dürfen, von denen wir in den 80ern selbst Fans waren oder die Platten gekauft haben. Wir wissen aber auch wie schwer das ist, so eine Band auf der Straße zu halten.

Metal und Rock’n’Roll ist Musik, die von Live lebt. Das sehen wir ja jetzt besonders während Corona. Nicht nur geldmäßig, sondern auch vom Feedback her.

Live-Musik kostet aber enorm viel Geld. Das ist anders, als wenn ich einen Singer-Songwriter auf Tour schicke in Stadttheatern. Was ja auch total geil sein kann. Kris Kristofferson alleine auf dem Teppich mit einer Akustik-Gitarre ist super. Sowas kannst du aber nicht mit Judas Priest machen. Ohne Produktion ist das nicht Judas Priest. Oder Kiss, Rammstein, Maiden – Wenn du den Touring-Tross von Maiden siehst. Die machen das seit den 80ern. Da muss man auch sagen: Maiden haben auch Musik gemacht, als sie nicht so einträglich war. Wir erinnern uns an die End-90er. Da war es ja eigentlich auch nicht so rosig für viele von den Bands, die wir lieben.

Ihr bindet viele Leute aus dem Dorf bei der Durchführung des Festivals mit ein. Wie seht ihr die Beziehung zwischen dem W:O:A-Team und dem Dorf bzw. der Region?

Holger: Sehr positiv in allen Bereichen. Natürlich gibt es immer mal den einen oder anderen, der nicht so zufrieden ist. Meist sind das diejenigen, die sich sowieso zurückgezogen haben. Ansonsten sind alle mit uns gewachsen. Alle. Das Dorf, die Region, die umliegenden Gemeinden, die Behörden, die Ämter, Polizei, Feuerwehr – alle sind mit uns gewachsen. Auch die Landwirte. Niemand kann sagen, er hätte in den letzten 30 Jahren nichts mitgenommen. Jeder profitiert davon in irgendeiner Form. Ob es mit einem Geschäft ist, oder als unser Gast im Biergarten for free. Insofern war die Beziehung auch immer gut – zu den Dorfleuten, zu der Umgebung und allgemein. Das wollen wir natürlich auch in allen Bereichen erhalten und daran arbeiten wir auch immer wieder. Es ist schön, wenn man merkt, dass man gemocht wird und willkommen ist. Wir sind hier die Jungs vom Dorf und das wollen wir auch bleiben.

Thomas: Absolut.

Ihr habt immer wieder betont, dass ihr auch Fans seid. Gab es mal eine Band, bei der ihr euch ganz besonders gefreut habt, als ihr sie nach Wacken geholt habt?

Thomas: Die gibt es jedes Jahr irgendwie. Persönlich, als wir das erste Mal Motörhead da hatten. Oder bei Rose Tattoo, da musste ich im Graben eine Sonnenbrille aufziehen, weil ich Tränen in den Augen hatte (lacht). Das war großartig. Das war 2000. Night To Remember. Und wenn du auch ein bisschen mehr mit denen zu tun haben darfst. Über die lange Zeit entwickelte sich ja auch dieses familiäre Verhältnis. Nach Wacken kommen ja einige Künstler im regelmäßigen Turnus. Ich finde das ja sehr positiv, auch wenn einige sagen: Das sind ja immer dieselben. Ich finde das aber geil, wenn alle zwei Jahre ein Künstler kommt und du sagen kannst: Hey Alter, wie geht’s? Das ist doch wie ein Gartenfest mit der Family. Mit denen kannst du dann einfach schnacken, über Fußball oder das Catering. Das ist doch großartig.

Und ich sage mal, meine Kinder sind ja noch klein, Holger ist ja ein bisschen vorgeprescht. Und er war ja, da es uns ja auch wirtschaftlich gut geht, teilweise auf der ganzen Welt auf Konzerten unterwegs. Ich bin ja auch viel mit Bands gereist. Wenn du mit Saxon auf einem japanischen Festival bist und da sind dann auch Arch Enemy. Die kennst du dann auch schon mal, wobei kennen ja relativ ist. Bei einigen kennt man halt das Gesicht oder die wissen wer ich bin und ich weiß wer sie sind und dann grüßt man sich. Ich würde jetzt nicht so weit gehen, dass das eine Bekanntschaft oder richtige Freundschaft ist. Aber es ist schon sehr familiär und in der Metalszene – so finde ich – von Respekt geprägt. Das ist großartig.

Holger, über welche Band hast du dich besonders gefreut?

Holger: Erstmal Mötley Crue, ganz klar. Da haben wir auch einen Spagat gemacht, weil die Gage natürlich vollkommen überzogen war, obwohl sie in Deutschland gar nicht mehr den Stellenwert hatten wie in den 80ern. In Skandinavien sind sie noch größer, weil Rock da einen anderen Stellenwert hat als in Deutschland. Aber Mötley Crue war für mich immer ein Thema. Anfang der 90er hätte man sich nie träumen lassen, so eine Band mal selbst auf dem Festival zu haben. Wir haben sie ja 1991 gesehen auf dem Monsters of Rock in Hannover. Da waren sie im Billing mit AC/DC, Queensryche, Metallica und Mötley Crue. Das hätte man sich nie träumen lassen, dass die irgendwann mal in Wacken spielen. Das sind einfach Dinge, über die man sich freut. Persönliche Highlights, die man sich dann gönnt, einfach weil man Bock darauf hat und für die man sich gegen die eigenen Booker durchsetzt und es einfach durchzieht. Diese Freiheit nehmen wir uns natürlich, weil wir ja im Endeffekt die Zeche zahlen. Wer die Zeche zahlt, bestimmt halt die Musik (lacht).

Thomas: Als Deep Purple bei uns waren. Was für ein Name. Oder Status Quo. Die habe ich schon mit 14 gehört.

Holger: Ganz speziell waren auch Carnivore. Die waren vorher nie richtig in Deutschland. Wir haben auch viele Bands ausgegraben. Bands, die es gar nicht mehr gab und die in Deutschland und gerade auf Festivals noch nie live gespielt hatten. Die haben wir einfach mal ausgegraben. Nicht immer, weil wir sie selbst unbedingt gut fanden, sondern weil die Fans es wollten. Und das hat dann immer gut gepasst. Da hatten wir echt ein paar Glücksgriffe, die das Geld auch wert waren.

Internationalität ist euch ja besonders wichtig. Gibt es irgendwelche Pläne die Aktivitäten in dieser Richtung noch zu verstärken?

Thomas: Naja, wir hatten dieses World Metal Camp, was dazu da war, um unseren Bustour-Partnern auf dem Holy Ground sozusagen eine Heimat zu geben, weil die ja nicht mit Autos anreisen konnten. Die kommen ja nur mit Zelten. Da hat sich so ein bisschen eine Eigendynamik entwickelt. Mit Grillparty. Die Skandinavier bringen den Grill mit, was die Mexikaner logischerweise im Flugzeug nicht machen können. Und dann gibt‘s Riesenpartys. Und dann hast du das US Camp und das Brasilien Camp und das verursacht so ein ganz besonderes Flair. Das hat sich unser Mitarbeiter Tim Hoffmann auch auf die Fahne geschrieben und passt gut zum Metal Battle. Die bringen dann ihre Flaggen mit und das gibt ein ganz eigenes internationales Bild. Und daran wollen wir noch ein bisschen weiterarbeiten. In Wacken ist ja auch viel aus der Community selbst entstanden. Wir wollen eigentlich nur, wie bei unserem Fußballturnier, die Banden und das Tor hinstellen und den Ball in die Mitte schmeißen. Und dann passiert alles aus der Community heraus.

Dazu gibt es auch eine nette Geschichte: Unser Mitarbeiter Tom Küppers hatte einen australischen Influencer zu Besuch. Mit dem haben wir eine Ortsbegehung gemacht, um ihm einfach mal die Dimensionen vom Gelände zu verdeutlichen. Viele Journalisten kennen ja nur den Bereich vor der Bühne und vielleicht noch den Backstage-Bereich, aber eigentlich nur die Spielstätten. Der Campground ist oft unerschlossenes Terrain. Und da haben Tom und ich eine Abordnung rumgeführt und dabei sind wir auch zum International Metal Camp gekommen. Tim (Hoffmann) war auch dabei. Auf dem Gelände dort sind – wie der Norddeutsche sagt – Lunken drin, Gräben. Und so haben die Mexikaner eine Brücke aus Paletten zu den Amerikanern rüber gebaut. Das ist drei Jahre her. Das war natürlich in der Hochphase von unserem „Kumpel“ Donald. Dann hat Tom dieses Bild getwittert: „Building Bridges in Wacken“.

Mit einfachsten Mitteln kann man die Leute zusammenbringen. Das ist ja nicht schwer. Das haben auch nicht der Hübner oder der Jensen gemacht, sondern Juan und David, die wir überhaupt nicht kennen.

Bruce Dickinson hat ja im Grunde in seiner Gänsehautrede, die auch immer noch auf YouTube zu sehen ist, beschrieben, was diese Community ausmacht und dass ein großes verbindendes Element vielleicht auch das Bier ist (lacht). International ist Deutschland vielleicht auch ein Sehnsuchtsort für viele Biertrinker aus der ganzen Welt. Da kommen halt Spaß, Party und alles zusammen. Wir wollten das Festival ja auch wegen der Party machen. Es ist auch, finde ich, absolut legitim, wenn Leute einfach Spaß haben wollen. Vieles entsteht ja auch aus uns heraus. Aus der Motivation heraus, Party zu machen und einfach Spaß zu haben. Spaß zu haben ist, meiner Ansicht nach, eine gute Intention fürs Leben. Wenn ich aus der norddeutschen Tiefebene komme und die Chance habe mit einem aus Peru am Tresen zu stehen, ist das großartig. Musik, Kneipe, Tresen, Party – das ist natürlich auch kommunikativ und man darf es nicht nur unter dem Abschädelaspekt sehen, den es auch sicherlich haben muss (lacht). Da waren Hübner und Jensen ja auch oft an vorderster Front dabei (lacht).  Jetzt wird man ja ruhiger. Ihr habt die Kinder und die Family angesprochen. Das ist auch etwas, das sich ändert. Dass man sowas nicht mehr so doll machen sollte, weil das vor den Kindern scheiße aussieht. Ich hab‘ natürlich die Hoffnung, dass sich das irgendwann in die andere Richtung dreht (lacht). Ich sage jetzt mal, dass es in der Grundschule noch nicht so doll ist (lacht). Und dann hoffe ich auch, dass die nicht so viel von mir annehmen.

Es gibt ja auch alkoholfreies Bier.

Thomas: Ja, genau. Das hätten wir uns 1990 noch gar nicht vorstellen können. Ich weiß gar nicht, ob es da schon Clausthaler gab. Wir haben ja auch mit Musikern gearbeitet, die irgendwann nichts mehr trinken wollten oder sollten, und das hat gezeigt, dass es auch auf dem Festival sicherlich einen Nachholbedarf bezüglich alkoholfreiem Bier gibt. Darüber haben wir auch in den ersten Gesprächen mit Krombacher gesprochen.

Wie kam der Wechsel zu Krombacher? War das eine einfache Geschäftsentscheidung?

Thomas: Das hat sich einfach ergeben. Wir wollen uns ja weiterentwickeln. Wir haben alle Themen angesprochen. Bezüglich Nachhaltigkeit haben die ja schon seit einigen Jahren ihr Urwaldprogramm. Diesbezüglich gab es ja noch gar nichts. Aber wir hatten ja unsere Weihnachtsaktion mit dem brasilianischen Wald und wollten mal was anderes machen mit unserem Weihnachtsfeiergeld, das wir wegen Corona ja nicht ausgeben konnten.

Metal-Bier, Wacken-Bier, das passt irgendwie zusammen. Und dann denkt man da ja immer weiter. Wir waren eine der ersten Veranstaltungen, die eigenes Bier kreiert und auch abgefüllt haben. Dann haben wir mal ein bisschen weniger Gas gegeben, weil es irgendwann auch jeder gemacht hat. Aber jetzt ist vielleicht auch wieder die Zeit an gewissen Stellen anzugreifen. Und dann redest du mit denen. Mit Becks hatten wir auch eine tolle Partnerschaft und eine ewiglange Zusammenarbeit. Aber man muss auch mal was Neues machen. Wir wollen uns da eben weiterentwickeln und auch andere Themen angehen. Und dann führt man ja, wie in der Politik, Sondierungsgespräche und daraus ergibt sich das eine oder andere. Dafür haben wir aber auch unsere Sponsoring-Leute. Das machen Holger und ich ja teilweise gar nicht mehr selber. Das ist viel Teamwork und auch viel Expertenarbeit. Wir haben ja in fast alle Bereiche reingucken dürfen oder teilweise ja auch müssen, weil sich kein anderer drum gekümmert hat. Hübner hat Müll gesammelt und Jensen auch. Das ist so. Wir haben auch hinter dem Tresen gestanden und auch LKWs auf- und abgeladen. Das haben wir alles gemacht. Ich will nicht sagen, dass wir das alles immer gut gemacht haben, aber wir haben jeden Teil des Geschäfts hautnah mitgemacht (lacht). Teilweise mussten wir auch, weil gar nicht genug Ressourcen da waren. Jetzt ist das Ding natürlich so groß geworden, dass wir mittlerweile teilweise ganz kleinteilig organisiert sind. Was auch gut ist und uns ja auch die Freiheit gibt stundenlange Interviews zu führen (lacht).

Vielen lieben Dank für das tolle Interview.

Interview: Lydia Polwin-Plass und Michael Gläser

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Lydia Dr. Polwin-Plass

Promovierte Journalistin und Texterin, spezialisiert auf die Themen Kultur, Wirtschaft, Marketing, Vertrieb, Bildung, Karriere, Arbeitsmarkt, Naturheilkunde und Alternativmedizin. Mehr über Dr. Lydia Polwin-Plass auf ihrer Website: http://www.text-und-journalismus.de