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Review: Dream Theater „Distance Over Time“ Review: Dream Theater „Distance Over Time“
Breaking News: Platz Eins der deutschen Album - Charts - und das mit ProgMetal, eine kleine Sensation! Nach dem aus der Reihe gefallenen Konzeptalbum "The... Review: Dream Theater „Distance Over Time“

Breaking News: Platz Eins der deutschen Album – Charts – und das mit ProgMetal, eine kleine Sensation! Nach dem aus der Reihe gefallenen Konzeptalbum „The Astonishing“ galten die Gebete der Dream Theater Gläubigen einer Rückkehr zu den wahren Werten. Wurden die Fürbitten mit dem neuen Werk „Distance Over Time“ erhört?

Dream Theater_Distance Over Time

Obwohl von der Kritik durchwegs gemocht, gab es Befürchtungen so manchen Fans, daß die ProgMetal-Titanen in das Fach der Musical- Schreiber gewechselt sein könnten. Auch ich war nicht begeistert angesichts eines  Fantasy-Märchens, bei dem schließlich die Musik als Allheilmittel obsiegt. Womöglich käme noch eine Bühnenversion, nicht auszudenken! Jedenfalls war es mutig von John Petrucci und Jordan Rudess, ein derart außergewöhnliches Album zu schreiben, das zudem alle kompositorischen Stückeln spielte, jedoch halt auch ganz schön episch daherkam.
Der vor zwei Monaten auf YouTube veröffentlichte Teaser zum vorliegenden 14. Studioalbum ließ eine Rückkehr der Band zu den wahren Werten vermuten. „Unthetered Angel“ erhielt bis jetzt über 2,8 Mio Aufrufe und das bei einem ProgMetal- Song ohne Weichspüler. In dieser Stimmung soll also der Käufer die CD aus der Hülle ziehen, oder den Download starten.
Als Produzent war es mein Ziel, das bestklingende Dream Theater-Album zu machen, das wir je aufgenommen haben, so dass die Hörer in der Musik drinstecken“.  John Petrucci

Geholfen hat sicher der Wechsel zum Szene-Label InsideOut Music, wo sich das Whoiswho des Prog die Türschnalle in die Hand gibt.
Also zog man mit dem gesamten Studioequipment in einen Schuppen in  Monticello, New York ein, der früher die  Yonderbarn Studios beherbergte und verbrachte gemeinsam zwei Monate in Klausur. Die rustikalen Holzwände, der Hirsch vor der Tür und das Zusammenkleben, der Mangel an städtischer Zerstreuung und 24 Stunden auf engstem Raum spiegeln sich auch in der Musik wider.
Und ja, die alten Tugenden wurden wieder hervorgeholt, im Zentrum stehen Mitsingbare Melodien und eine Zuwendung zum einfachen Song. Nach wie vor wird das gesamte Das Album bietet Dynamik und Drive. Das Aufeinanderkleben hat der Band Spielwitz und neuen Schwung beschert. Die Rückmeldungen zu „The Astonishing“ mit seinen epischen und höchst anspruchsvollen Songs, haben sich hier merklich in kompaktere Songs niedergeschlagen.

DT hören nicht auf zu üben und beherrschen somit ihre Instrumente, wie sonst nur ganz wenige. Es gibt die gewohnten aberwitzigen Unisono-Spiele zwischen Gitarre, Keys und Bass, abwechselnd mit unglaublichen Soli und das Ganze wenn geht im 17/23tel Takt. Die Musiker verkneifen sich jede Virtuoso- Selbstdarstellung zu Gunsten überschaubarer Songs . Niemals aber scheinen sie auf die Verkaufszahlen zu schielen, das Werk wirkt authentisch.
Kritik könnte man allein an den Sangeskünsten des James LaBrie üben, dessen Timbre nicht alle mögen. Auch live waren schon stark schwankende Ergebnisse seiner Bemühungen zu erleben. Geschmackssache, hier wird er gut im Mix integriert und klingt perfekt.
Beispielhaft, hier eine Besprechung einiger Songs. Der Opener „Unthetered Angel“ stellt also, wie gesagt, gleich einmal klar, wohin die Reise geht.
„Fall Into the Light“ ist eine zentraler Song, der eine umfangreiche Palette an DT- Qualitäten offenbart. Vollgas – besinnlicher Mittelteil – Furioso.
„Room 137“ bespaßt mit einem Refrain, bei dem die Vocals durch einen Effekt schräg und tiefer gestimmt klingen. Das gibt dem Song etwas von „Sgt. Pepper“ der Beatles.
Das Intro zu „S2n“ zeigt einen Myung mit ungewohnt fiesem, angesagtem Basssound, gefolgt von typischem DT-Notenirrsinn.
„At Wit’s End“ bietet enorm viele Noten pro Zeiteinheit, einen anspruchsvollen rhythmischen Aufbau und ein witziges Vocal-Break. In Teil zwei darf Petrucci dann eines seiner wunderbar schmalzigen Soli spielen.
„Out Of Reach“ beginnt mit Piano Melodie und Gitarrensolo als wunderbare Ballade, die sich zu einer Midtempo Schmachtfetzen aufschwingt. Wo sonst bei Zeiten der Furioso- Part losgeht, endet der Song auch schon wieder.
Das verlangt nach einem Stakkato, wie „Pale Blue Dot“, der im gewohnten DT-Gewand und der eigentlich früher üblichen Achtminuten:sechsundzwanzig alle Register zieht.

John Myung lässt seinen Musicman diesmal in angesagtem, knurrigem Sound fetzen. Petrucci’s Musicman Majesty ist wie immer tiefer gestimmt und hat ergo ein sattes Fundament. Mike Mancini traktiert seine Schießbude ohne Rücksicht auf Materialermüdung. Jordan Rudess ruft da und dort den Hammondorgel Sound ab und gemahnt an Purple & Co. Kurz es wird da und dort an Schrauben gedreht, die eine großartige Produktion ergeben.

Fazit: Die Band hat nach dem Ausscheiden von Mike Portnoy wieder merklich zusammen gefunden, das Album durchdringt ein Aufbruchsgeist und Spielwitz, der die Ausrichtung der Band für die nächsten Jahre aufzeigen könnte.
Prog findet in Form der musikalischen Raffinesse statt, nicht in dessen verschachtelten Strukturen. Eher möchte man von Adult Oriented Metal sprechen. Eingängige, kraftvolle und positive Refrains, durchwegs spannende Melodiebögen. DT bieten Spitzenhandwerk, lassen den Virtuosen aber nicht zum Selbstzweck heraushängen.
Somit: Die Tränen getrocknet, yes, they can! Das Album ist wohl ziemlich genau das, was sich die Fans gewünscht haben und wird zudem musikalisch einen oberen Platz im DT-Ranking erhalten.
Aufgemerkt, ab Juni kommen einige Konzerttermine in Deutschland.

Review: Michael Neumann

Tracklist:
 
01. Untethered Angel (6:14)
02. Paralyzed (4:17)
03. Fall Into The Light (7:04)
04. Barstool Warrior (6:43)
05. Room 137 (4:23)
06. S2N (6:21)
07. At Wit’s End (9:20)
08. Out Of Reach (4:04)
09. Pale Blue Dot (8:25)
10. Viper King (4:00) (Bonus)

Dream Theater sind: John Petrucci- Gitarre, John Myung- Bass, Jordan Rudess- Keyboards, Mike Mancini- Drums, James LaBrie- Vocals

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