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COUNTERPARTS – A Eulogy For Those Still Here COUNTERPARTS – A Eulogy For Those Still Here
Es gibt eine Angst im Leben, die von dem Wissen herrührt, dass man nichts anderes tun kann, als zu versuchen, sich auf die Unausweichlichkeit... COUNTERPARTS – A Eulogy For Those Still Here

Es gibt eine Angst im Leben, die von dem Wissen herrührt, dass man nichts anderes tun kann, als zu versuchen, sich auf die Unausweichlichkeit von Veränderungen vorzubereiten. Und manchmal wird eine drastische Veränderung oder ein Ende noch schwieriger, weil man sie kommen sieht. Auf ihrem siebten Album „A Eulogy For Those Still Here“ haben sich Counterparts aufgemacht, diesen surrealen Zwischenraum einzufangen, und dabei ihren Sound bis zum Äußersten getrieben, um ihr definitivstes Statement als Band abzugeben. 

Ich denke, ich bereite mich auf das Ende vor“, erklärt Sänger Brendan Murphy. „Wenn ich merke, dass etwas nicht stimmt, kann ich nicht einfach darauf warten, dass etwas passiert. Manchmal will ich diese Dinge dann einfach herbeiführen. Bei einem Großteil dieser Platte trauere ich um jemanden, der noch lebt, oder verabschiede mich von etwas, das noch nicht gegangen ist.“ Murphys Beschäftigung mit dem Ende reicht von Beziehungen, die sich auflösen, über Freundschaften, die verblassen, bis hin zum Tod geliebter Menschen – und sogar seine Band ist Teil der Ängste.

Seit ihrer Gründung im Jahr 2007 haben sich Counterparts – bestehend aus Murphy, den Gitarristen Alex Re und Jesse Doreen, dem Bassisten Tyler Williams und dem Schlagzeuger Kyle Brownlee – vom Underground in Hamilton, Ontario, zu einem weltweit tourenden Hardcore-Schwergewicht entwickelt. Aber mit 15 Jahren Karriere auf dem Buckel konnte Murphy nicht umhin, an den Tag zu denken, an dem seine Quelle versiegen könnte. „Ich fing an, darüber nachzudenken, wie es wäre, eine Platte so zu schreiben, als wäre sie unsere letzte, um etwas zu machen, von dem ich wusste, dass ich damit zufrieden wäre, wenn es so wäre“, erklärt der stets offene Sänger. „Ich liebe diese Band, sie ist das Wichtigste, das ich je gemacht habe, und ich bin sehr glücklich, dass ich sie habe, aber wir haben viel hineingesteckt, und leben nicht auf die nachhaltigste Art.“ Murphys Offenheit macht einen Teil des Reizes von Counterparts aus und hat ihnen eine treue Fangemeinde eingebracht, die die schonungslose Ehrlichkeit zu schätzen weiß und das Herzstück von allem ist, was die Band tut. „Wir sind einfach total transparent“, sagt Murphy.

Mit diesen selbst auferlegten hohen Ansprüchen traf sich die Band bei Graphic Nature Audio mit ihrem langjährigen Produzenten/Engineer Will Putney (Knocked Loose, Every Time I Die, Vein.fm), um das aufzunehmen, was „A Eulogy For Those Still Here“ werden sollte. Zusätzlich zu Putneys zuverlässiger Hand am Ruder, kehren auf dem Album auch Doreen und Re zurück. Die Rolle der beiden Gitarristen bei Counterparts reicht bis in die Anfänge der Band zurück, und mit ihrer Rückkehr schließt sich ein Kreis. „Ich kann mir keinen besseren als Will vorstellen“, lacht Murphy. „Er hat einen Grammy, er weiß, was er tut. Und es  war großartig, Jesse und Alex wieder voll dabei zu haben“, sagt Murphy. „Sie haben auch dann noch viel zum Schreiben beigetragen, als sie schon weg waren, und es fühlt sich wirklich so an, als würden wir da weitermachen, wo wir aufgehört haben.“

Das Ergebnis ist ein Album, das den Eindruck vermittelt, als hätten Counterparts jedes Element ihres Sounds auf den Punkt gebracht, was zu 11 überzeugenden Songs geführt hat. „A Eulogy For Those Still Here“ beginnt mit „Whispers of Your Death“, einem gewaltigen Kracher aus frickeligem, metallisch angehauchtem Hardcore, der sich wie von selbst zwischen aufsteigenden Leads und bösartigen Riffs dreht, während Murphys betäubendes Gebrüll eine Meditation über präventive Trauer darstellt. „Meine Katze, Kuma, war krank“, erklärt er. „Selbst wenn der Tierarzt mir sagt, dass es ihr gut geht, denke ich, dass sie sterben wird. Wenn sie niest, gehe ich vom schlimmsten Fall aus, und das ist definitiv die belastende Denke, in der ich mich befand, als ich diese Songs schrieb.“

Das Thema taucht in Tracks wie „Flesh To Fill Your Wounds“ oder „Bound To Burn“ wieder auf; ersterer ist eine Betrachtung über schwindende Liebe, während letzterer die unerwarteten Frustrationen und den Druck bei der Verfolgung einer kreativen Leidenschaft erforscht. Murphys Unverblümtheit setzt sich auf dem stampfenden Mid-Album-Standout „Sworn To Silence“ fort. „Der Song handelt von meinen Kämpfen beim Schreiben von Texten“, sagt er. „Während wir im Studio waren, fand ich es extrem schwierig, neue Wege zu finden, um meine Gefühle auszudrücken. Und ich war zunehmend frustriert, weil ich ständig einige der dunkelsten Punkte meines Lebens ansprechen musste. Es gab so viele Nächte, in denen ich mit dem Gesicht auf dem Boden lag und versuchte, meine Gefühle in Texten auszudrücken, und mich fragte: „Warum mache ich das eigentlich? Nachdem das Album fertig war, war ich natürlich glücklich mit meinen Beiträgen, aber manchmal frage ich mich, wie lange ich das noch durchhalten kann.“ Dennoch treffen Murphys Texte den Kern der Sache, wie im  Titelsong des Albums, in dem er seine Ängste vor einem drohenden Verlust direkt anspricht. „Viele dieser Songs lesen sich so, als würde ich die Trauerrede auf einer Beerdigung halten, obwohl das Thema, über das ich geschrieben habe, noch sehr lebendig und auch anwesend ist.“ 

„A Eulogy For Those Still Here“ endet mit „A Mass Grave of Saints“, auch wenn die erderschütternde Aggression des Songs in eine herzzerreißende Melodie und Atmosphäre mündet, klingen Counterparts, als würden sie ihr gesamtes Selbstvertrauen in die Musik einfließen lassen. Es ist einer der kulminierendsten Songs, die die Band je geschrieben hat, und bietet einen angemessenen, atemberaubenden Abschluss für ein Album, das sich um das Ende dreht. Doch als die letzten Gitarrenklänge langsam verklingen, fühlt sich der Song immer noch eher wie ein Fragezeichen als ein Punkt an. „All die Dinge und Menschen, die ich um mich habe, werden  eines Tages nicht mehr sein.  Ich möchte mich nicht darauf konzentrieren, was ist, wenn sie nicht mehr da sind, sondern die Zeit zu genießen, die ich noch mit ihnen habe“, sagt Murphy. „Vielleicht verabschiede ich mich vorschnell, aber ich denke, es ist wichtig, sich zu verabschieden, solange man noch kann.“

Fazit: „A Eulogy For Those Still Here“ ist ein Album voller ausgedrückter Ängste, Verzweiflung und Abschied von Dingen und Lebewesen, die eigentlich noch da sind. Musikalisch ist es fesselnd, kraftvoll und drückt genau das aus, was die Texte versprechen.

Lydia Dr. Polwin-Plass

Promovierte Journalistin und Texterin, spezialisiert auf die Themen Kultur, Wirtschaft, Marketing, Vertrieb, Bildung, Karriere, Arbeitsmarkt, Naturheilkunde und Alternativmedizin. Mehr über Dr. Lydia Polwin-Plass auf ihrer Website: http://www.text-und-journalismus.de