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Interview Sascha Jahn – Manager des Wacken Metal Battle Interview Sascha Jahn – Manager des Wacken Metal Battle
Interview Sascha Jahn ist Manager des Metal Battle. Wir haben im Rahmen unserer Arbeiten an unserem Buch "Wacken – Das perfekte Paralleluniversum. Was die... Interview Sascha Jahn – Manager des Wacken Metal Battle

Sascha Jahn ist Manager des Metal Battle. Wir haben im Rahmen unserer Arbeiten an unserem Buch „Wacken – Das perfekte Paralleluniversum. Was die Gesellschaft von Metalheads lernen kann“ mit ihm über den Wettbewerb gesprochen und unter anderem auch über die Hürden, die manche Metalheads aus totalitären Regimen zu überwinden haben, um teilzunehmen.

Hallo Sascha. Vielen Dank, dass du dir Zeit für das Interview nimmst. Könntest du dich kurz vorstellen und erzählen, was du mit dem W:O:A zu tun hast?

Sascha: Also, ich bin ein 1981er Baujahr und irgendwann mit 12 Jahren in die ganze Musikgeschichte reingerutscht. Das kam so, dass ich damals bei einem Kumpel übernachtet habe, dessen größerer Bruder gerade weg war. Wir haben sein Zimmer gestürmt und uns seine Platten angehört. Da waren dann Guns´n´Roses, AC/DC und Sepultura dabei. Und so war es dann um mich geschehen. Das war Anfang der 90er.

Dann habe ich mich ziemlich schnell dazu entschlossen, das auch selbst zu machen. Als Erstes brauchte ich natürlich ein Instrument. Und so bin ich (als Gitarrist) aktiv in die Szene reingekommen und habe auch in den ersten Bands gespielt. Ende der 90er haben wir dann Endstille gegründet. So rutscht man dann überall rein und spielt mal hier und mal dort. Man lernt viele neue Leute kennen. Die Platten liefen auch ganz gut. Plötzlich spielt man dann auch international und lernt viele neue Kumpels kennen, aber auch andere Musiker und Veranstalter.

In Wacken haben wir 2005 gespielt. Damals noch auf der W.E.T.-Stage. 2009 sind wir dann auf der Black Stage gelandet. So habe ich dann Holger (Hübner), Thomas (Jensen) und Enno (Heymann) kennengelernt. Zu der Zeit war ich noch Student und habe hier in Kiel Soziale Arbeit studiert. Parallel habe ich viel Musik gemacht und bin viel getourt. Gerne auch mal drei, vier Wochen am Stück. Ich war damals im ersten Bachelor-Studiengang. Wenn du dreimal eine Übung verpasst hast, konntest du den Schein vergessen

Irgendwie hat das so nicht funktioniert und dann habe ich mir gedacht, dass ich Holger mal fragen könnte, ob ich bei ihnen eine Ausbildung zum Veranstaltungskaufmann machen könnte. Und so bin ich 2011 bei ICS gelandet. Jetzt bin ich bei Seaside Touring in der Booking-Abteilung. Als ich Enno, der 2004 den Metal Battle gegründet hat, 2009 kennenlernte, hat er mich gefragt, ob ich nicht als Juror für den Metal Battle Deutschland mit dabei sein möchte. Als ich mich dann eingearbeitet hatte, wurde ich irgendwann gefragt, ob ich, noch tiefer miteinsteigen wolle. So hat es sich ergeben, dass ich den Tagesgeschäftsbereich vom Enno immer weiter übernommen habe. Mittlerweile mache ich praktisch den Metal Battle und Enno ist derjenige, mit dem ich im Hintergrund Probleme löse und andere Dinge bespreche. Wir beraten uns gegenseitig. Außerdem ist Enno ja schon unglaublich lange mit dabei und hat immer gute Ideen.

Ansonsten mache ich mit meinem Kollegen Jan das Booking für unsere Festivals, wie das Wacken Open Air, Full Metal Cruise, Full Metal Holiday, Wacken Winter Nights und Hamburg Metal Days. Bei den ganzen Metal-Themen bin ich also als Booker noch mit drin. Und Musiker bin ich auch noch – mittlerweile aber mehr als Hobby. Dafür habe ich nicht mehr so viel Zeit.

Wie funktioniert der Metal Battle von der Planung, den internationalen Vorentscheiden und der Organisation her?

Sascha: Im Grunde kann man sagen, dass die Planung konstant weiterläuft. Viele Dinge plane ich jetzt schon zwei, drei Jahre im Voraus. Das liegt daran, dass wir jedes Jahr auf dem W:O:A für das internationale Metal Battle Finale am Mittwoch und Donnerstag auf der W.E.T.-und auf der Headbanger Stage 30 Slots â 20 Minuten zur Verfügung haben. Wir haben aber mittlerweile 60 Länder, die beim Metal Battle mitmachen. Das bedeutet, dass einige Länder in einem Jahr aktiv sind, im nächsten Jahr aber pausieren müssen. So durchmischt sich das immer, bei der Besetzung der 30 Slots. Dazu habe ich regelmäßig Anfragen von Veranstaltern aus Ländern, die noch nicht dabei sind. Sie wollen mitmachen, um die Metalszene aus ihrem Heimatland zu repräsentieren. Häufig muss ich auf das nächste oder übernächste Jahr vertrösten.

Deswegen haben wir jetzt auch angefangen, Länder in Regionen zusammenzufassen, zum Beispiel Zentralamerika. Wenn also Panama noch dazukommen möchte und wir schon El Salvador, Belize oder Honduras mit dabeihaben, dann fassen wir alle zu einer Region zusammen. Die haben alle einen Metal Battle bei sich im jeweiligen Land mit Konzerten und einem Gewinner für das Land. Und dann gibt es in Zentralamerika ein zentrales Zentralamerika-Finale, wo ein Gewinner für diese ganzen Länder gesucht wird. Und der kommt dann zum internationalen Finale auf das Wacken Open Air. Aber aufgrund der vielen Länder gibt es mittlerweile eine Planungsphase von 2 bis 3 Jahren. Man ist dabei in stetigem Austausch mit Veranstaltern.

Melden sich die neuen Länder bzw. die Veranstalter vor Ort bei euch und bieten euch Bands an? Arbeiten die einfach mit dem Namen „Metal Battle“ und organisieren alles?

Sascha: Wir arbeiten da praktisch wie mit einem Franchise mit lokalen Veranstaltern aus den jeweiligen Ländern. Man braucht einfach nur einen Experten für das jeweilige Land, der sich damit auskennt. Die kennen die lokalen Gesetze, die angesagten Locations und die wichtigen Kommunikationsmittel vor Ort. In der Regel ist es so, dass sie aktiv auf mich zukommen und sich vorstellen oder jemanden anderen aus einem anderen Land vorschlagen. Empfehlungen gibt es also auch.

Gibt es Länder, die da besonders aktiv sind?  

Sascha: Die gibt es auf jeden Fall. Jedes Land ist ja von der Infrastruktur und von der Szene her sehr unterschiedlich. In manchen Ländern gibt es natürlich ganz kleine Szenen. Ich denke da an die Karibik oder an Surinam. Da sind dann auch nicht mehr als ein oder zwei Konzerte möglich, weil dort die ganze Idee noch in den Kinderschuhen steckt und noch wächst. Und dann gibt es Länder wie Kanada, die traditionell eine starke Metalszene haben. Dort finden im Rahmen des Metal Battle 40 bis 50 Shows statt. Das ist aber auch schon extrem viel. Es gibt Länder, die da wirklich herausstechen.

Da fällt mir auch Indonesien ein. Die haben eine unglaublich große Szene, was man hier gar nicht so mitbekommt. Dort ist es tatsächlich so, dass der Metal Battle Indonesien sogar aktiv vom indonesischen Staat unterstützt wird, weil der Gouverneur von Djakarta großer Metal-Fan ist. Der findet es total super, dass die Welt so mal etwas von indonesischen Bands mitbekommt. So wird dort jedes Jahr der Metal Battle vor Ort supportet. Aber nicht nur der. Wenn die Band aus Indonesien am Flughafen in Hamburg ankommt, dann läuft alles über die indonesische Botschaft in Hamburg. Wir brauchen die gar nicht abholen. Die Botschafterin von Indonesien fährt mit denen auch immer mit zum Festival und guckt sich das alles persönlich an. Der ganze Tross wird dann zwischen Hamburg und Wacken hin und her geshuttlet. Die Band, wenn sie es möchte, schläft auch direkt in der Botschaft und wird am nächsten Tag wieder zum Battle gefahren. Die machen ihr lokales Finale sogar als eigenes Open-Air-Festival, wo 5.000 Leute kommen. Die feiern ihre Szene da richtig ab. Da bewerben sich auch über 300 Bands pro Jahr für den Metal Battle, was unglaublich viel ist. Soviele Bands muss ein Land erstmal haben.

Sowas ist aber gar nicht so selten. Natürlich ist es noch eine Besonderheit, aber es ist nichts, was es sonst gar nicht gibt. Vor einem Jahr haben wir den Metal Battle Middle East gehabt, bei dem Ägypten und der Libanon mit dabei waren. Da hat der schwedische Botschafter in Beirut mitbekommen, dass jetzt auch im Libanon ein Metal Battle stattfindet. Er hat sich dann bei der Organisatorin des Metal Battle Middle East – einer Deutschen namens Monika – gemeldet und meinte, er würde gerne irgendwie mitmachen. Als Juror oder wenn sie sonst irgendwelchen Support bräuchten. Er sei Metal-Fan und jetzt Botschafter in Beirut und würde gerne irgendwie partizipieren. Er ist schon ein älterer Herr Anfang 60. und freute sich total, dass er dann wirklich mitmachen konnte und auch nach Wacken kommen konnte. Von daher ist das auch schon in der politischen Szene angekommen.

Melden sich denn viele muslimische Länder oder haben diese Probleme vor Ort Konzerte abzuhalten?

Sascha:  Eigentlich geht das. Ich habe mich auch gewundert, dass das relativ entspannt ist. Was ich früher auch nicht wusste ist, dass der Libanon als so etwas wie die Schweiz des Nahen Osten gilt. Direkt in Beirut gibt es schon häufiger Metal-Konzerte, auch wenn es nicht so viele wie in Deutschland sind. Bands wie „Legion Of The Damned“ haben da sogar schon gespielt. Es gibt  auch ein kleines Festival, für das man sich auch schon mal einen Headliner aus Europa holt, der dann mit lokalen Bands zusammenspielt.

In Ägypten, das heißt in Kairo, gibt es auch eine kleine, aber konstante Szene, die immer mal wieder Konzerte veranstaltet. ändern sich die politischen Rahmenbedingungen immer recht schnell. Eine Partei wird durch eine andere ersetzt, die dann fundamentalistischer ist. Dementsprechend ändern sich immer die Möglichkeiten. Aber generell gibt es in diesen Ecken auch Bands und Konzerte. Ich hatte über das Wacken Open Air direkt, also nicht über den Metal Battle, mit Bands aus dem Iran Kontakt, die gerne auf dem W:O:A spielen wollten. Zunächst wundert man sich, dass der Iran und diese Musik zusammenpassen. Aber auch dort gibt es Metalbands. Die haben aber mit bedeutend  mehr Problemen zu kämpfen.Deswegen hat es bisher mit dem W:O:A auch noch nicht geklappt.

In Dubai gibt es mittlerweile relativ oft Konzerte. Auch in diesen Ecken passiert relativ viel.

Wie sieht es dort mit Frauen in Bands aus? Welche Erfahrungen habt ihr in diesen Ländern gemacht?

Sascha: Aus dem Libanon hatten wir 2019 die Thrash Metal-Band „Slave To Sirens“ auf der Wasteland-Stage, die komplett nur aus Frauen bestand. Auch das gibt es dort, auch wenn es noch etwas Besonderes ist.

Denkst Du, dass die weltweite Community wächst im Vergleich zum Anfang des Metal Battle?

Sascha: Auf jeden Fall. In Gegenden wie der Karibik, Guayana, Französisch-Guayana oder Surinam sieht man, dass die Szene noch ganz, ganz klein ist. Die haben vielleicht einen Club in der ganzen Gegend, in dem die Konzerte stattfinden. Da pilgern dann alle hin. Dort wurde mit dem Metal Battle die Szene praktisch erst geboren. Unser Partner und lokaler Veranstalter hat gesagt, dass es vor dem Metal Battle vielleicht drei Bands gab und jetzt sind es schon fünf. Es wächst. So etwas kann man in vielen Regionen beobachten. Auch in Kairo, wo sich plötzlich Bands bilden. Dort sehen sie, dass auch wirklich etwas draus werden kann. Das befeuert so eine Szene natürlich und ist eine Art Startpunkt.

Haben denn viele Bands von den Teilnehmern den Durchbruch geschafft?

Sascha: Der bekannteste Name, der aus dem Metal Battle hervorging, ist sicherlich Battle Beast. Battle Beast hat 2010 den Metal Battle gewonnen. Oder Crisix aus Spanien. Hammercult aus Israel haben sich auch einen guten Namen erspielt. Die gibt es aber leider nicht mehr. Auch Crescent aus Ägypten, die erste ägyptische Band damals, spielt mittlerweile stetig auf Festivals, wie dem Party.San. Da gibt es viele Beispiele von Bands, die durch den Metal Battle groß geworden sind. Als Zombies Ate My Girlsfriend aus Südafrika2016 den Metal Battle gewonnen haben, danach von Hamburg nach Südafrika zurückgeflogen sind, wurden sie von der südafrikanischen Metalszene am Flughafen begrüßt wie eine Fußball-Nationalmannschaft, die gerade Weltmeister wurde. Danach waren sie dann in Ihrem Land supererfolgreich.

Seit 2014 laden wir zum W:O:A auch Leute aus dem Metal-Musikbusiness ein. Wir haben da eine Einrichtung etabliert, die sich Metal Battle Lounge nennt. Die ist backstage vom BCC (Bullhead City Circus), also der W.E.T.- und Headbanger-Stage. Dorthin laden wir Manager, Booking Agenten, Plattenfirmen und andere Veranstalter ein damit sich diese in der Metal Battle Lounge mit den Musikern vom Metal Battle treffen können. Andersherum können die Musiker vorher auch gucken, wer da so kommt und wen sie sich dann schnappen könnten. Junge Bands haben so die Möglichkeit  Netzwerke aufzubauen und zum Beispiel Booking Agenten kennenzulernen. Die Booking Agenten sind immer ganz heiß drauf. Mittlerweile ist es für Musiker auch nicht mehr so wie früher, dass der Plattenvertrag das Wichtigste ist. Für die meisten sind die Möglichkeiten sich selber durch die Sozialen Medien zu promoten viel größer geworden. An Auftritte heranzukommen ist da viel spannender, weil diese im Endeffekt mehr bringen. Die Möglichkeit nicht nur Plattenfirmen kennen zu lernen, sondern auch (Booking) Agenten ist für eine junge Band Gold wert.

So hat sich viel aus dem Metal Battle ergeben. Nicht nur für den ersten Platz. Auch für Bands auf den hinteren Rängen. Une Misere erreichten den vierten oder fünften Platz und haben mittlerweile die zweite Scheibe bei Nuclear Blast rausgebracht. Die diesjährigen Teilnehmer am Eurovision Songcontest für Finnland, Blind Channel, sind auch eine Metal Battle Band aus 2015.

Hast du einen Überblick, wieviele Bands nachher einen Vertrag bekommen haben?

Sascha: Nein, nicht wirklich. Es sind aber viele. Eigentlich passiert bei den meisten was. Es ist eher die Ausnahme, wenn es nachher nicht voran geht. Es gibt natürlich so etwas wie Südafrika, die eher isoliert sind. Für die ist es schon schwierig mal nach Europa zu kommen oder woanders hin. Auch wenn sie aufgrund von geographischen Nachteilen woanders nicht so groß werden, in ihrem Land haben sie (Zombies Ate My Girlfriend) es geschafft. Auch Bands aus exotischen Ländern sind in ihren Ländern die Metal-Superstars. Auch in China, was eher eine geschlossene Szene ist. Nine Treasures zum Beispiel haben mal beim Metal Battle mitgemacht. Die sind von der Musik her ein bisschen wie In Extremo und touren hier in Europa auch immer mal wieder in kleinen Clubs. Bei denen Zuhause füllen die mittlerweile 5.000er-Hallen. Von daher kann man sagen, dass sich für jede Band eigentlich was ergibt.

Wenn die Bands auf das Wacken Open Air reisen müssen, kommen die dann auch oder gibt es auch mal Probleme, z.B. mit Visa?

Sascha: Als es mit der Flüchtlingskrise anfing, gab es plötzlich auch bei uns Probleme. Wir konnten es zwar immer regeln, aber vorher war es einfacher für die Bands, das selbst in ihren Botschaften klar zu machen. So war es eigentlich nie notwendig, dass WIR uns an die Botschaften wenden mussten. Als es mit der Flüchtlingskrise losging, haben die Botschaften aber angefangen nachzufragen. Was ist das für ein Festival, wo ihr da spielt? Wieso wisst ihr nicht, wo ihr dort schlafen werdet? Wie? Zelte? Da wurde immer mal wieder ein Antrag abgelehnt. Dann musste ich  anrufen und klarstellen, dass es unsere Veranstaltung wirklich gibt und, dass die Leute wirklich in Zelten schlafen. Und dass das in Deutschland und Europa ja auch gar nicht so selten ist. Man hat schon eine Zeit lang gemerkt, dass die Sachbearbeiter, die die Visa ausstellen müssen, verunsichert waren. Die Stimmung war bei solchen Anlässen damals sowieso schwierig.

Es gibt aber auch Länder wie Indien, wo es den Metal Battle schon länger gibt. Die kennen den ganzen Spaß schon. Da ist es eigentlich nie ein Problem.

Müssen die Bands die Reisekosten selbst bezahlen oder unterstützt ihr sie da?

Sascha: Die Reisekosten stellen wir nicht. Eigentlich ist es so, dass ich das, wenn sich ein Veranstalter bei mir meldet und beim Metal Battle mitmachen möchte, mit ihm bespreche. Es gibt ja die verschiedensten Länder mit den verschiedensten Voraussetzungen. Bei Ländern mit wirtschaftlich schlechter Lage, frage ich den Veranstalter schon, ob es sich eine junge Band dort leisten kann zu uns zu kommen. Die Veranstalter sind dann aber meistens gut vernetzt, und arbeiten zum Beispiel mit Export Offices zusammen. Manche sind auch mit Institutionen wie dem Goethe-Institut vernetzt oder arbeiten mit Sponsoren zusammen, die die Flugtickets bezahlen. Viele von den Veranstaltern wollen auch etwas für die Szene in ihrem Land tun. Manche sind auch als Vereine organisiert, die die Szene zuhause fördern. Bei denen bekommt dann den Eintrittspreis zum lokalen Metal Battle komplett die Band und kann davon die Reisekosten zahlen. Es gibt da also die verschiedensten Lösungsmöglichkeiten. Insofern war es auch noch nie der Fall, dass eine Band nicht kommen konnte, nur weil sie es sich nicht leisten konnte. In Europa ist es das ja sowieso kein Problem.

Die Skandinavier kommen übrigens immer alle zusammen. Die kommen vorher alle nach Kopenhagen geflogen und setzen sich dann zusammen in einen Bus. Das organisiert der dänische Metal Battle Veranstalter immer. Dann kommen die alle zusammen im Bus nach Wacken und fahren auch wieder alle zusammen wieder zurück.

Die müssen dann alle campen?

Sascha: Die haben mittlerweile ihr eigenes Camp. Sie hatten bisher ein skandinavisches Camp zusammen. Ein Kollege von mir organisiert das sogenannte World Metal Camp. Weithergereiste kommen da direkt in eine Community, um miteinander zu zelten. Auf demselben Zeltplatz campieren auch die ganzen Metal Battle Bands. Das ist eine Fläche, die wird ab Dienstag nur für die Metal Battle Bands mit Sondergenehmigung geöffnet, da die teilweise schon am Mittwoch um 11 Uhr auf der Bühne stehen müssen. So passierte es in einem Jahr, dass die Band aus Israel ein Camp zusammen mit der Band aus dem Libanon hatte. Da denkt man: Das funktioniert nirgendwo auf der ganzen Welt, aber bei uns funktioniert das.

Was war denn für dich persönlich das schönste Erlebnis während deiner Metal Battle Zeit?

Sascha: Ein Highlight jedes Jahr ist am Freitag die Pressekonferenz vom Metal Battle. Da werden die fünf Gewinner prämiert und es gibt Geldpreise. Der Fünftplatzierte bekommt 1.000 Euro und das ist dann gestaffelt bis zum ersten Platz mit 5.000 Euro. Das Geld kommt von der Wacken Foundation. Dazu gibt es dann noch Sachpreise, wie Gitarren, Becken und anderes. Die Sieger zu verkünden ist auf jeden Fall immer ein Highlight. Ich glaube, das ist die bestbesuchte Pressekonferenz vom ganzen Festival. Das Pressezelt ist immer zum Bersten gefüllt. Metal Magazine aus der ganzen Welt. Die Gewinner dort zu verkünden ist schon eine ziemlich emotionale Sache. Da steht dann der böse Finne und kann sich auch nicht mehr zurückhalten und muss heulen (lacht). Es gibt aber viele Geschichten, wie die Israel-Libanon-Geschichte, die es sonst nirgendwo gibt. Es ist zwar das Finale, aber man hat auch immer das Gefühl, die Bands spielen miteinander und nicht gegeneinander. Da freut sich jeder, und gönnt dem anderen seinen Erfolg. Danach feiern alle miteinander.

Siehst du durch den Metal Battle eine Chance, die Metal-Szene/n weltweit in einer Art Missionierung zu unterstützen?

Sascha: Klar, auf jeden Fall. Es wird für junge Bands nicht leichter Konzerte zu kriegen, da viele Konzerthallen oder Clubs verschwinden. Wer weiß, wie es aussieht, wenn es mal wieder normal wird. Das weiß ja noch keiner so richtig.

Aber für jede Band, die am Metal Battle teilnimmt, auch wenn sie es gar nicht bis zum W:O:A schafft, ist es eine Möglichkeit Konzerte zu spielen. Für eine Band ist das Wichtigste Auftrittsmöglichkeiten zu bekommen. In manchen Ländern ist es sogar noch schwieriger als hier. Und wir schaffen die Möglichkeiten. Das ist keine Missionierung, aber eine Unterstützung. Bei vielen exotischen Ländern können die Szenen selbst und die Leute, die dort wohnen, es gar nicht glauben, dass wir uns für die interessieren und mit denen etwas machen wollen. Das ist für die schon etwas Besonderes. Und wenn es dort die Konzerte gibt, dann kommen da auch viele hin. Das ist eine tolle Möglichkeit. Aber es ist für junge Bands generell schwieriger. Das Internet ist da auch zugleich Fluch und Segen. Es ist zwar leichter, seine Musik zu veröffentlichen, aber ist schwierig nicht in der Masse unterzugehen.

Glaubst du, dass es dadurch mehr Konkurrenz gibt, weil die Szene wächst?

Sascha: Die Szene ist auf jeden Fall öffentlicher geworden. Durchs Internet. Ich musste in den 90ern früher noch Kataloge wälzen, um CDs zu bestellen. So habe ich mir damals pro Monat 40 CDs bestellt. Alles was sich interessant anhörte. Die habe ich dann durchsortiert, weil ein paar davon eher Geldverschwendung waren. Aber wenn eine CD super war, bin ich damit losgerannt und habe sie meinen Freunden vorgespielt. Die hatten dann wieder coole neue CDs. Die Besten hat man dann zwei Wochen lang rauf und runter gehört. Heutzutage habe ich auf YouTube die entsprechenden Kanäle abonniert und werde einmal die Woche mit Neuveröffentlichungen erschlagen, mit denen man sich gar nicht mehr so richtig befassen kann. Und dann kommen noch die Bands dazu, die uns ihre Demos schicken. Das ist teilweise eine richtige Lawine geworden.

Machst du auch noch das Booking für Seaside Touring?

Sascha: Das mache ich jetzt nicht mehr, habe es aber eine Zeit lang gemacht.

Wird da bei Seaside Touring auch mal auf Metal Battle Bands zurückgegriffen?

Sascha: Das gibt es auf jeden Fall. Das funktioniert bei uns genauso wie bei den anderen Agenturen, die bei uns in die Metal Battle Lounge kommen. Wir schauen, welche Band wozu passen würde. Auch für unsere Festivals. Das Full Metal Holiday ist zum Beispiel in Spanien und Crisix, eine super Band, mit der wir gemeinsame Geschichte haben. Auch wenn die Full Metal Cruise in Barcelona stoppt,  lädt man die natürlich gerne ein.

Wird das Full Metal Holiday auch wieder stattfinden oder war das eine einmalige Sache?

Sascha: Nein, das wird auch eine jährliche Sache. Das geht weiter.

Wie ist deine Historie mit dem W:O:A? Warst du vorher schonmal da oder hast du direkt dort gespielt?

Sascha: Ich bin hier in Norddeutschland aufgewachsen. In Neumünster. Mit dem Auto ist Neumünster von Wacken etwa eine halbe Stunde entfernt. Wir sind da früher teilweise sogar mit dem Fahrrad hingefahren. Ich selber war 1997 das erste Mal in Wacken und dann eigentlich jedes Jahr durchgehend. 2011 habe ich dort das erste Mal gearbeitet. Aber zwischen 1997 und 2010 war ich entweder so da oder habe dort gespielt. Ich sage es mal so, wenn man hier oben Metal-Fan ist, dann war eigentlich jeder schonmal dort. Die Meisten auch mehrfach oder sogar jedes Jahr. Das ist einfach so. Da trifft man sich dann einfach auch. Früher war es fast schwierig, die Konzerte mitzukriegen, weil man von Camp zu Camp gelaufen ist. Alle Leute waren irgendwie da, aber leider verteilt.

Wie war für dich dein erstes Mal Wacken?

Sascha: Das war unglaublich lustig. Feuchtfröhlich halt. Ich habe da ein paar Lücken (lacht). Und dann bin ich immer wieder hingefahren. 1997 war es ja auch noch wesentlich kleiner als heute. Es war auf jeden Fall lustig.

Und wie war es, als du das erste Mal dort gespielt hast?

Sascha: Das war eine Ehre. Ich habe vorher schon auf anderen Festivals gespielt, aber das W:O:A ist halt das Festival, wo ich selber immer gewesen bin. Wenn man dann selber dort spielt, ist das schon eine tolle Sache. Das ehrt einen.

Und es ist einfach ein super Publikum. Es funktioniert da alles. Als Musiker merkst du sofort, dass die schon wissen, was sie tun und wie sie einem die Zeit am nettesten gestalten. Es gibt ja viele gute Festivals, aber Wacken ist schon mega-gut gemacht.

Nochmal eine Frage zum Metal Battle: Gibt es eigentlich auch Bands, die ihr ablehnt? Gibt es da irgendwelche Kriterien?

Sascha: Die Bands müssen live spielen. Sowas wie Halb-Playback, wo der Sänger nicht singt oder die Gitarre vom Band läuft und dabei gar nicht eingestöpselt ist – sowas ist verboten. Es geht hier um‘s Live-Spielen. Ansonsten ist Chancengleichheit wichtig. Wenn irgendeine Band aus Holland meinen würde, zum Festival ihren eigenen Tontechniker mitzubringen, dagegen sich der Argentinier das nicht leisten kann, weil der Flug zu teuer ist, dann hätte die eine Band ja einen Nachteil. Deswegen haben wir gesagt, dass alle Bands mit unserem Tontechniker spielen müssen. Alle spielen auf demselben Equipment, auf derselben Backline. Die Leute aus Übersee sollen keinen Nachteil gegenüber den Bands vor Ort haben. Deswegen haben wir beim Metal Battle auch nur Juryentscheide. Sowohl bei den Shows in den einzelnen Ländern als auch nachher auf dem W:O:A. Es gibt ja andere Nachwuchswettbewerbe, bei denen es einen Publikumsentscheid gibt. Das heißt aber nichts anderes, als dass der, der die meisten Leute ankarrt, nachher gewinnt. Das muss nichts mit der Qualität der Band zu tun haben. Auf dem W:O:A stellt jedes Land einen Juror. Wir haben da also eine sehr große und sehr internationale Jury.

Prüft ihr selber die Messages der Bands?

Sascha: Irgendwelche schwachsinnigen politischen Einstellungen sind übrigens auch nicht erlaubt. Der örtliche Veranstalter ist dafür verantwortlich, dass zum Beispiel kein Nazi-Müll auftaucht. Das wäre ja genau gegen das, wofür wir stehen. Das ist uns aber auch zum Glück bisher nicht passiert. Die örtlichen Veranstalter erkennen sowas, glaube ich, schon recht gut. Ich denke aber auch, dass solche Bands gar kein Interesse haben, bei uns dabei zu sein, weil sie ganz andere Ideologien haben als wir.

Habt ihr vom Metal Battle her spezielle Zusammenarbeiten, zum Beispiel mit internationalen Magazinen?

Sascha: In den einzelnen Ländern haben die Veranstalter ihre jeweiligen Pressepartner. Der Metal Hammer ist bei uns ja sowieso immer dabei und hat auch über den Metal Battle berichtet. Komplett internationale Magazine gibt es im Printbereich eigentlich gar nicht. So haben wir in den einzelnen Ländern unsere Presspartner. Ansonsten haben wir Partner, wie Marshall oder Markbass, die seit Jahren mit dabei sind und uns zum Beispiel mit den Preisen unterstützen und versuchen mit dabei zu sein. Dass wir über den Globus verteilt sind, macht es für die Firmen aber nicht einfacher. Manchmal fragen die sich schon, wie sie das mit der Unterstützung hinbekommen sollen. Aber irgendwie klappt es dann doch immer.

Wie läuft eure Zusammenarbeit mit der Wacken Foundation?

Sascha: Man kann schon sagen, dass der Metal Battle ein Projekt der Wacken Foundation ist, weil diese uns ja mit Sachpreisen unterstützt. Die Wacken Foundation versucht auch nach Möglichkeit beim Finale in anderen Ländern vor Ort präsent zu sein. Oder den Veranstaltern zumindest Infomaterial zu schicken. Auch, damit die Bands wissen, dass es die Wacken Foundation gibt

Inwieweit sind denn Thomas (Jensen) und Holger (Hübner) bei euch noch involviert? Seid ihr da vollkommen unabhängig oder schauen sie auch immer mal wieder nach dem Rechten?

Sascha: Gerade Thomas ist der absolute Metal Battle Fan. Der will eigentlich immer wissen, was da so abgeht. Auf dem Festival selbst kommt er auch immer mittwochs und donnerstags backstage und versucht sich mit den Bands zu unterhalten und die Gigs anzuschauen. 2018 und 2019 hat er sogar für die Metal Battle Bands am Grill gestanden. Er macht auch Dinge, wie Mikkey Dee von Motorhead zur Metal Battle Lounge mizunehmen, damit der mal neue Musiker kennenlernt. Thomas ist da immer sehr aktiv und mit Herzblut dabei. Er kommt auch immer zur Pressekonferenz. Das ist auf jeden Fall eines seiner Lieblingsthemen.

Wie gut kanntest du damals die Metalszene weltweit?

Sascha: Mich hatte sowas sowieso schon immer interessiert. Ich habe immer schon nach neuen Bands gesucht und brauchte immer neuen Input. Von daher ist das jetzt natürlich eine coole Sache für mich. Ich kann mich in viele Szenen reinhören und praktisch überall mal Mäuschen spielen. So kann ich Musik finden, über die ich sonst auch nicht gestolpert wäre. Ich habe mittlerweile eine große Sammlung von mongolischen Bands und anderen richtig exotischen. Die sammle ich halt total gerne und lasse mir die von den Veranstaltern mit nach Wacken bringen., Aus Indonesien gibt es die Band Burger Kill, die auch schon mal auf dem W:O:A gespielt hat. Die sind auch teilweise in die Organisation des Metal Battle in Indonesien involviert. Die sind dort so groß wie bei uns Heaven Shall Burn. Die machen ein eigenes Festival, wo 30.000 Leute kommen. Von denen hat man aber hier noch nie  gehört. Und dann sieht man die Aufnahmen: Das ist ja der Wahnsinn, die sind in ihrem Land richtige Stars. Und hier gelten sie eher als Geheimtipp.

Aus China gibt es eine Band namens „Voodoo Kungfu“. Die muss man auf jeden Fall mal gehört haben. Man kann gar nicht beschreiben, wie die klingen, aber es ist voll geil. Das europäische Metalohr hat sowas vorher noch nicht gehört. (lacht)

Ich liebe es auch, sowas zu buchen. Auch abseits vom Metal Battle.

Das ist eine Sache, die mir superviel Spaß macht. Die Szenen durchwühlen und zu schauen, welche Bands hier vielleicht noch niemand gesehen hat. Das ist superspannend.

Denkst du, das könnte auch mal sowas wie eine Frischzellenkur für die Metalszene sein? Bezogen auf neue Trends und nicht die zweitausendste Iron Maiden-Kopie.

Sascha: Es gibt ja Bands wie Cemican aus Mexiko. Die hört man das erste Mal und dann ist das ja schon was anderes mit den Maya-Flöten und so. Wenn man sich drauf einlässt,. Ich habe die Thematik vorher auch noch nie so gesehen. Ich finde es sehr spannend, wenn Bands ihre kulturellen Einflüsse mit einbringen.

Da gibt es auch noch ganz viele Möglichkeiten, die sich die Bands noch gar nicht vorgenommen haben. Ich habe mal eine Tour durch Mittelamerika gespielt und in Mexiko sollte an dem Abend eine mexikanische Viking-Metalband spielen. Ich habe die dann backstage gefragt, warum die Viking Metal machen. Warum nimmt man die Wikinger-Thematik, wenn man in einem Land lebt, das so viel Geschichte hat. Deswegen fand ich es cool, dass eine Band wie Cemican so etwas mal angeht. Das ist ja schonmal thematisch eine Frischzellenkur. Es gibt aber auch noch viele Sachen, die noch keiner gemacht hat. Da gibt es bestimmt noch ganz viele Geschichten zu erzählen. Und im Metal kannst du das ja auch alles machen. Da kriegst du thematisch eigentlich alles unter.

Früher hatten die Bands zwei, drei Alben Zeit sich zu etablieren und heute scheint direkt das erste Album perfekt sein zu müssen. Glaubst du, dass es neue Bands jetzt schwerer haben?

Sascha: Das kommt heutzutage alleine schon durch die Aufnahmemöglichkeiten. Wenn Saxon zum Beispiel in den 80ern ein Album aufgenommen haben, dann musste jeder den Song 1a durchspielen. Heute kannst du ja viel mehr faken. Es muss ja keiner mehr das ganze Lied durchspielen. Du setzt halt mittendrin wieder ein. Alles wird digital eingespielt. So kannst du den Sound nachher zusammenbauen wie du willst. Als ich angefangen habe, Musik aufzunehmen, war das auch noch schwieriger. Der Sound von deiner Gitarre musste vorher stehen und wenn du fünf Sekunden vor Ende verrissen hast, musstest du nochmal von vorne anfangen.

Diesen typischen Demo-Sound von früher gibt es heute aber gar nicht mehr. Früher hast du im Jugendzentrum nebenan eine Band gesehen, die du ganz geil fandest, und hast dann eine Kassette von denen mitgenommen, auf der du nur erahnen konntest, was die gespielt haben. Das ist heute anders. Früher haben die Leute aber auch für die Musik Geld ausgegeben.

Der physikalische Tonträgermarkt ist am Boden. Im Vergleich zu den 80ern ist da nicht mehr viel zu holen. Dadurch gibt es auch nicht mehr viele Möglichkeiten, dass da mal jemand richtig gepuscht wird. Daher ist es halt so schwer für die neuen Bands. Auch Toursupport zu bezahlen. Sepultura zum Beispiel, sind damals auch dadurch groß geworden, dass sie mit Sodom auf Tour geschickt wurden. Und nachher waren sie größer als Sodom (lacht). Für eine junge Band ist das schwierig. Deshalb ist sowas wie die Wacken Foundation auch ein wichtiges Thema. Für so eine junge Band ist es schon ärgerlich, wenn sie die Möglichkeit hat, auf eine coole Tour zu gehen, es sich aber nicht leisten kann. Auch wenn du ein geiles Album am Start hast, kannst du es kaum finanzieren. Es gibt zwar auch ein paar staatliche Töpfe, an die du gehen könntest, aber da ist es immer noch so, dass Pop und Jazz bevorzugt werden. Wenn du da mit Punk, Metal oder Hardcore/Metalcore ankommst, ist das für die immer noch Hottentotten-Musik, die einfach nicht gefördert werden sollte. Da ist eine Stiftung privater Natur flexibler. Aber genau das ist es, was es für Bands heutzutage so schwierig macht irgendwo Support zu kriegen. Früher hieß es schon: Du musst zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein, weil du da die richtigen Leute getroffen hast, die dich gefördert haben. Das ist heute immer noch so, aber schwieriger.

Wie sieht es mit deinen musikalischen Aktivitäten gerade aus?

Sascha: Ich nehme zurzeit wie ein Wahnsinniger Musik auf, weil ich ja corona-bedingt irgendwie die Zeit rumkriegen muss. Ich habe damit schon recht früh angefangen. Wir haben bei uns im Proberaum auch praktisch ein eigenes Studio. Deshalb kann ich alles Mögliche aufnehmen. Im Dezember habe ich ein Album fertig gemacht. Das ist eine neue Band, die mir eingefallen ist. „Diabolisches Werk“ heißt das. Da habe ich jetzt gerade eine Plattenfirma gefunden, die das geil findet und rausbringen will. Ansonsten sind die meisten meiner Kumpels Krankenpfleger und arbeiten ganz normal. Ich sitze dann tagsüber meistens alleine im Studio und nehme irgendwas auf. Gerade ist es ja auch schwierig zusammen Musik zu machen. Ich habe auch Kumpels, die mit Leuten mit Vorerkrankungen zusammenleben, die sich dann komplett rausziehen müssen. So saß man in den letzten Monaten höchstens mal zu zweit im Studio. So ein eigenes Studio ist in diesen Zeiten echt Gold wert.

Dürft ihr euch derzeit im Proberaum treffen?

Sascha: Ich muss zugeben, dass ich es gerade echt nicht mehr weiß, wie viele im Landkreis zusammen sein dürfen und was erlaubt ist oder nicht. Man steigt irgendwie nicht mehr so richtig durch. Die Sache, die ich jetzt aufgenommen habe, haben wir auch nur als Drei-Mann-Band gemacht. Damit waren wir Maßnahmenmäßig auf der sicheren Seite. Auch, wenn die Polizei im Proberaum gestanden hätte, wäre immer noch alles gut gewesen. Durch Corona geht der Trend also zur Drei-Mann-Band (lacht).

Was findest du, ist das Besondere an der Metalszene?

Sascha: Das Besondere ist, dass sie sehr offen ist und sehr viele positive Werte hat. Es gibt eine Einigkeit, die man sonst selten findet. Es gibt ja sehr viele Unterschiede und trotzdem kann man am Ende des Tages alle in einen Raum stecken, ohne dass es Differenzen gibt. Würde man das mit 20 Fußballfans von verschiedenen Vereinen machen, sähe das wohl anderes aus. Auch, wenn im Metal die Geschmäcker unterschiedlich sind, gibt es immer den Kern, auf den sich alle einigen können. Das ist auf jeden Fall einmalig, dass  über Grenzen hinweg Werte geteilt werden, auf die sich alle verständigen können.

Wir haben ein paar Schlagwörter und würden dich bitten zu sagen, was dir spontan dazu einfällt.

Rituale

Sascha: Da fällt mir Black Metal ein. Musikalisch halt. Dissection, die vor jeder Show auf der Bühne ihr Ritual gemacht haben. Ein Konzert an sich ist ja schon eine Art Ritual. Wenn du einen Konzertraum mit der Bühne vorne anschaust, ist das ja schon so ähnlich wie eine klassische Kirche mit dem Altar vorne, wo die Messe abgehalten wird und das Publikum auch davor steht. Insofern ist ein Konzert vielleicht auch ein Ritual wie ein Gottesdienst. Nicht umsonst wird Wacken der Holy Ground genannt (lacht).

Ernährung

Sascha: Wichtig. Daran sollte man auf jeden Fall nicht sparen.

Wie stehst du zur Massentierhaltung?

Sascha: Ich bin Vegetarier. Das geht also gar nicht. Ich kann auch Leute nicht verstehen, die zum Beispiel blind irgendwelche Eier kaufen und denen es egal ist, wenn sie aus einer Legebatterie kommen. Sowas finde ich schlimm. Vegetarier bin ich auch nicht, weil es mir nicht schmeckt, sondern weil mir die Tiere leid tun. Ich möchte einfach nicht Teil dieses Wahnsinns sein.

Nachhaltigkeit

Sascha: Man sollte schon überlegen, was man macht und ob es sinnvoll ist, ob es Nebeneffekte gibt.

Werte

Sascha: Sind notwendig. Gerade wenn man zusammenleben möchte, sollte man Werte haben. Und man sollte auf denen auch beharren. Man sollte sie natürlich immer wieder überprüfen, ob sie noch sinnvoll sind. Insofern sollte man nachhaltig dahin gehen, warum man die überhaupt vertritt. Aber dann sind sie auch wichtig.

Ethik

Sascha: Ein gesellschaftliches Mittel, um das Zusammenleben zu gewährleisten.

Wacken

Sascha: Immer wieder gerne. Hoffentlich bald wieder.

Schwarz

Sascha: …sind die meisten Klamotten, die ich habe. Ist aber kein Muss. Es gibt auch andere gute Farben.

Toleranz

Sascha: Jeder sollte tolerant sein. Aber ein bisschen etwas stört mich an diesem Wort. Für mich schwingt dabei immer die Aussage mit: Ich finde das Scheiße, aber ich muss damit jetzt leben.

Das Wort Akzeptanz fände ich passender. Ich glaube Toleranz wird oft damit verwechselt. Ich finde es wichtiger, dass man jedem zugesteht, so zu leben, wie er will und das zu akzeptieren.

Alter

Sascha: Das passiert halt einfach. Da kommt man im besten Fall nicht dran vorbei. Ich werde dieses Jahr 40 und irgendwie stört mich das nicht. Es ist doch besser 40 zu werden, als nicht 40 zu werden. Die Leute werden ja auch immer älter. Meine Oma wird dieses Jahr 95. Die hält einen 60-jährigen für richtig jung. Es kommt immer auf die Perspektive drauf an. Meine Mutter wird dieses Jahr 70 und ist seit 2005 konstant auf dem W:O:A. Es ist alles relativ. Wie man gerade Bock hat.

Finanzen

Sascha: Meist schwierig. . Geld war mir aber nie so wichtig. Werte und Freundschaft sind mir wichtiger. Ich war noch nie der Mein-Haus-mein-Auto-mein-Irgendwas-Typ. Ich bin dann eher stolz auf meine CD-Sammlung.

Umweltschutz

Sascha: Das Thema wird immer wichtiger. Dass sich das Klima in den letzten Jahren geändert hat, müsste eigentlich jedem auffallen. Und dass das nicht positiv sein kann und dass da irgendwas dran gedreht werden muss, sollte auch jedem klar sein. Viele sehen das ja leider anders. Ich verstehe das nicht. Gestern habe ich auf Facebook wieder einen Kommentar über Greta Thunberg gesehen, in dem an ihr rumgemeckert wurde. Da frage ich mich echt, was deren Problem ist und warum ihnen diese Frau so viel Angst macht. Ich glaube, dass viele einfach Angst vor der Veränderung haben. Und diese Angst personifizieren sie wohl. Aber Umweltschutz muss sein, weil es so ja nicht weiter geht.

Gemeinschaft / Zusammenhalt

Sascha: Das ist eine Sache, die man gerade sehr vermisst. Früher hat man sich regelmäßig getroffen und jetzt habe ich viele Leute schon lange nicht mehr gesehen, weil es einfach die Möglichkeiten dazu nicht gibt. Da weiß man schon, was einem gerade fehlt.

Gesellschaftliche Verantwortung

Sascha: Es sollte sich jeder bewusst sein, dass jeder mitverantwortlich ist. Dass man nicht so egoistisch durch die Welt rennt, und überlegt, was seine Taten bewirken. Wie das eigene Verhalten sich auf andere auswirkt. Das ist auch gerade ein aktuelles, wichtiges Thema. Man sieht es ja, wenn Leute in Stuttgart oder Kassel (gegen die Corona-Maßnahmen) demonstrieren. Das hat wenig mit Verantwortungsgefühl zu tun.

Familie

Sascha: Die sehe ich momentan auch nur selten. Meine Eltern habe ich zwischendurch auch fast ein Jahr lang nicht gesehen. Das war für mich auf jeden Fall immer ein schöner Ort, sage ich mal.

Zurzeit verstreicht die Zeit aber auch wahnsinnig schnell. Ein Monat ist da gar nichts, wenn man jeden Tag gleich verlebt. Es passiert auch nichts Großartiges, worauf man sich freuen kann. Alles plätschert konstant vor sich hin und doch ist man die ganze Zeit beschäftigt. Ich weiß gar nicht, wie ich die ganzen anderen hunderttausend Sachen früher gemacht habe.

Vielen Dank, Sascha, für das tolle Interview.

Interview: Lydia Polwin-Plass und Michael Gläser

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Vielen lieben Dank für euren Support.

Lydia Dr. Polwin-Plass

Promovierte Journalistin und Texterin, spezialisiert auf die Themen Kultur, Wirtschaft, Marketing, Vertrieb, Bildung, Karriere, Arbeitsmarkt, Naturheilkunde und Alternativmedizin. Mehr über Dr. Lydia Polwin-Plass auf ihrer Website: http://www.text-und-journalismus.de