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Wacken Mitbegründer und Veranstalter Thomas Jensen privat – Interview Teil 2 Wacken Mitbegründer und Veranstalter Thomas Jensen privat – Interview Teil 2
Vor ein paar Tagen haben Lydia und Michael Wacken Mitbegründer und Veranstalter Thomas Jensen ein paar ganz persönliche Fragen gestellt. Wir veröffentlichen das Interview... Wacken Mitbegründer und Veranstalter Thomas Jensen privat – Interview Teil 2

Vor ein paar Tagen haben Lydia und Michael Wacken Mitbegründer und Veranstalter Thomas Jensen ein paar ganz persönliche Fragen gestellt. Wir veröffentlichen das Interview auf METALOGY als kurze Serie von zwei Teilen. Hier nun der zweite Teil.

Gibt es irgendetwas, das du überhaupt nicht leiden kannst?

Thomas: Das habe ich wohl von meinem Vater. Wir lassen uns nicht so gerne einteilen. Wenn man es subtil macht, mache ich auch viel mit. Deswegen wäre ich auch bei der Bundeswehr nie lange glücklich gewesen.

Hast du Wehrdienst geleistet?

Thomas: Ich war zwei Jahre beim Bund, weil ich damals zu faul war, den Verweigerungsantrag auszufüllen. Ich hatte da großartige Metalkumpels. Wir hatten sogar nachher eine Band.  Wir hatten zusammen Wachdienst und haben da eine Band zusammengestellt. Wir haben sogar auf einem Manöver im Munster-Lager gespielt. Davon gibt es auch noch ein paar Fotos. Alle in Uniform (lacht).

So hatten wir eine Staffelband. Das war recht cool. Damals gab es ja noch keine Auslandseinsätze. Das hat ja nachher ganz andere Dimensionen angenommen. Wir hatten auch einen Mitarbeiter, der in Afghanistan war. Sowas ist natürlich schon eine ganz andere Dimension. Bei uns war das eher Cowboy und Indianer Spiel. Obwohl es damals noch den Ost-West-Konflikt gab, aber der war bereits im Endspurt.

Hattet ihr damals auch die Möglichkeit besondere Ausbildungen zu machen?

Thomas: Nein, ich war bei der Infanterie. Wir sind nur gelatscht, obwohl die uns irgendwas von motorisierten Einheiten erzählt hatten (lacht). Aber wir sind nur gelatscht. Jetzt wandere ich ja auch ganz gerne und sage dann zu meinen Kids, dass mich das an die Bundeswehr erinnert. Und dann latschen wir, bis wir Blasen haben (lacht). Aber das macht natürlich mehr Spaß, wenn es freiwillig ist, als wenn es einer befiehlt.

Vielleicht hätte man zumindest den Zivildienst beibehalten können, dann hätte man heute keinen so großen Pflegermangel.

Thomas: Ja, aber darin bin ich auch nicht so gut. Wir haben jetzt einen Mitarbeiter, der bei der Freiwilligen Feuerwehr ist. Mit dem Ehrenamt haben wir ja in Wacken auch viel zu tun. Ich bin, glaube ich, auch noch offiziell Rot-Kreuz-Botschafter, habe aber seit Langem keinen Auftrag mehr gekriegt.

Aber ich bin bei unterschiedlichsten Dingen mit dabei. Bei einer Veranstaltung auf der Kieler Woche genauso wie bei der Eröffnung von einem Alten-Café. Da sind natürlich ganz viele für die Gemeinschaft sozial wichtige Jobs.

Alle haben Probleme Nachwuchs zu bekommen. Ich höre oft im Umkreis meiner Kinder, dass man damit ja noch ein Jahr verlieren würde. Das mag vielleicht richtig sein, aber wenn du ein Auslandsjahr machst, ist das dann ein verlorenes Jahr? Ich finde eher nicht. Oder wenn du eine Fortbildung machst?

Waren die zwei Jahre bei der Bundeswehr jetzt verloren? Ich weiß es nicht. Ich habe aus der Zeit noch ein paar Kumpels, die ich immer wieder mal treffe. Natürlich waren da auch ein paar Sauf-Stories dabei, aber das macht es ja auch irgendwie aus.

Ich habe großen Respekt vor Leuten, die Rettungsdienst fahren. Sowas hat eine ganz andere Dimension als unser Cowboy und Indianer Spiel. Wir haben bei dem Verein eigentlich nur Blödsinn gemacht.

Was ist dein größter Traum?

Thomas: Naja, mit 55 – das hört sich ja schon grausam an – wünscht man sich, dass es einfach so weitergeht. Ich habe eher Angst, dass man aufwacht und der Traum ist zuende. Das hat ja Corona jetzt auch gezeigt. Ich will jetzt nicht sentimental werden, aber, wieviel Glück ich dann hatte, mit Musik meinen Lebensunterhalt zu verdienen und meine Familie ernähren zu können und als Belohnung dann auch noch ein geiles Konzert gucken zu dürfen.

So denke ich jetzt eher. Klar würde ich gerne mal Metallica veranstalten oder AC/DC. Aber das ist an sich nicht die Hauptmotivation. Ein gutes Leben haben ist das Wichtigste. Ihr habt eigentlich eh alle Themen angerissen: Gut essen, gut trinken, gute Musik hören. Und das möglichst viel und möglichst oft. Das sind ja eigentlich die wichtigen Dinge. Ich werde auch grantig, wenn das zu kurz kommt (lacht). Das ist doch eigentlich das, was man wirklich will. Mit Freunden, mit Family, mit Kumpels, ein gutes Sozialleben mit nicht zu viel Arbeit und viel möglichst viel Spaß. Ein bisschen Sonne noch und die eine oder andere Palme, dann läuft‘s.

Wie wäre es dann mit Florida? Das ist doch toll für Kinder, alleine schon wegen Disneyland in Orlando.

Thomas: Da haben wir unsere ganz gut im Griff (lacht). Die Kinder lieben aber den Strand.

Sie waren mit bei Lemmys Beerdigung und die eine ist nicht mal vom Bass wach geworden.

Malibu oder Santa Monica sind cool. Florida ist aber auch nicht schlecht, wenn‘s sein muss (lacht). Wie bei Holger Mötley Crue ist bei mir noch Van Halen verankert. Und das verbinde ich eher mit Kalifornien. Mit Saxon waren wir auch ein paar Mal in San Antonio. Diese ganze Ecke mag ich natürlich auch.  So westernmäßig: „The Alamo“ mit John Wayne. Da ist es auch vom Essen her großartig.

Die ganze Welt ist irgendwie geil. Also an sich gibt es auch ganz viele Orte, wo ich zu kurz oder noch gar nicht war. Das wäre alles nochmal spannend. Hawaii wäre auch noch was. Kris Kristofferson, etc. Die lungern alle auf Hawaii rum.

Was würdest du gerne der Welt mitteilen?

Thomas:  Regt euch nicht auf und habt ein bisschen Spaß. Das sage ich jetzt, wo ich gerade aus den Herbstferien komme (lacht). Ich bin wahrscheinlich noch zu doll im Urlaubsmode. Jeder sollte dran arbeiten, dass es irgendwie für alle funktioniert. Ein Anwalt hat mal gesagt, dass ein Deal nur dann gut ist, wenn beide Seiten damit klarkommen. Das geht natürlich sehr stark ins Philosophische und ist wahrscheinlich eher eine Utopie. Was Wacken ja auch ist. Wo alles irgendwie funktioniert, wo gegenseitiger Respekt herrscht, man Spaß miteinander hat. Oder, wie ihr es in eurem Buch nennt: Perfektes Paralleluniversum. Und irgendwie zu versuchen das für möglichst viele, am besten für alle möglich zu machen. Das wäre schon etwas, was wir uns auf die Fahne schreiben sollten.

Was würdest du gerne unseren Lesern mitteilen?

Thomas: Für mich ist Musik nach wie vor – oder Kultur – das Geilste. Sie bringt Freude und ist nicht schädlich für den Planeten. Wir müssen vielleicht mehr in diese Richtung. Ein Konzert bringt Leute zusammen. Sollte man nicht mehr solcher Momente schaffen? Möglichkeiten zu schaffen, das zu erleben? Es geht ja nicht nur um die Riesen-Events, wie Wacken oder eine Metallica-Show.

Ich denke, das kann ein gutes Ziel sein, das zu ermöglichen. Mehr Rock´n´Roll, mehr Party, mehr Zusammenkunft. Und dann bist du irgendwann bei Woodstock und „Make Love, Not War.“. Das ist ja alles nicht weit auseinander.

Aber, wenn man die letzten fünf Jahre revuepassieren lässt, waren wir, glaube ich, schon mal auf einem besseren Weg. Um es mal vorsichtig auszudrücken. Vielleicht aber auch nicht, wenn man sich mal andere Statistiken anguckt. Ich glaube der Gesamtwohlstand der Welt ist gestiegen. Andere Probleme kriegt man heute auch besser in Griff. Das muss man schon sagen. Wir sollten uns auch nicht so viel Scheiße erzählen lassen, ein bisschen Selbstvertrauen haben und ein bisschen Spaß. Wenn der norddeutsche Bauer sagt: „Dat löppt.“, dann ist das auch gut. Zuviel Angst und zu viel Verkrampftheit ist nicht gut.

Wir haben tierisch viele Möglichkeiten und müssen sie eigentlich nur nutzen und die richtigen Prioritäten setzen. Deswegen sage ich: Mehr Musik, mehr Party. Dann machen die Menschen vielleicht auch nicht so viel andere Scheiße.

Zurzeit wird ja viel polarisiert. Das kann aber auch nur eine Wahrnehmung durch die Medien sein. Heute kann sich ja jeder aussuchen, wo er sich die Infos herholt. Früher hast du die Nachrichten geguckt und die waren für alle die Gleichen. Jetzt kann sich ja jeder sein Bild selber zusammenschrauben. Meine Wahrnehmung ist aber, dass die Meinungen immer weiter auseinanderdriften. In Richtung devide und nicht in Richtung unite. Damit das wieder in eine andere Richtung geht, kann jeder seinen Teil beitragen.

Eine Balance zu finden, die uns am Ende doch ein Stück weiterbringt, über die Kunst – ich hoffe, dass man das in den nächsten Jahren in den Griff kriegt. Die Möglichkeiten sind ja da.

Bei Umweltschutz und Nachhaltigkeit ist ja nun der Leidensdruck groß genug. Die Deutschen haben nach der Flutkatastrophe gestaunt. Wir waren mit Saxon vor etwa 12 Jahren unterwegs und haben eine Show in Lyon gespielt. Wir waren ja in der Halle und haben fast nichts mitbekommen von extremen Regenfällen. Dann sagte der Veranstalter, dass viele nicht kommen konnten, weil der öffentliche Nahverkehr zusammengebrochen war. Als wie losfuhren, regnete es ganz heftig. Und am nächsten Tag hörten wir in den Nachrichten etwas über Überschwemmungen und Tote in Südfrankreich. Da sind wir nur knapp rausgekommen. Danach war aber auch ein paar Jahre wieder gar nichts. Und dann ist der Mensch natürlich auch groß im Verdrängen und Vergessen. Das ist ja auch eine psychologische Schutzfunktion.

Wir haben die Möglichkeiten und wir können sie nutzen, die ideale Mischung macht es aus. Auch in Wacken macht das die richtige Mischung – ein paar unbekannte Bands, ein paar etablierte Bands und ein paar Headliner. Angry Anderson hat mal gesagt, dass man das mit dem Bauen einer Bombe vergleichen kann. Die verschiedenen Komponenten müssen zusammenpassen, sonst ballert das Ding nicht. Die einen sagen, wir müssen über Innovation gehen, die anderen sagen, wir müssen über Umdenken gehen. Ich glaube, dass es eine Mischung daraus sein muss und das Setzen der richtigen Prioritäten. Nur Konsum kann es nicht sein. Das Gemeinschaftserlebnis und die Community ist das, was zählt. Und dann müssen da gute Getränke und gutes Essen her. Nur die richtige Mischung macht es aus. So müssen wir auch die Zukunft angehen. Wir müssen es hinkriegen, dass es für alle eben passt. Dann müssen aber alle an der einen oder anderen Stelle Abstriche machen. Oder auch etwas dazugeben.

Danke Thomas für das tolle Interview

Headerbild Pressefoto Thomas Jensen

Bald veröffentlichen wir auch einen dritten Interview-Teil, in dem es jedoch um weniger private Themen geht.

Lydia Dr. Polwin-Plass

Promovierte Journalistin und Texterin, spezialisiert auf die Themen Kultur, Wirtschaft, Marketing, Vertrieb, Bildung, Karriere, Arbeitsmarkt, Naturheilkunde und Alternativmedizin. Mehr über Dr. Lydia Polwin-Plass auf ihrer Website: http://www.text-und-journalismus.de