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Interview mit Stephan Georg – Teil 2 Interview mit Stephan Georg – Teil 2
Wir haben vor einigen Tagen ein Interview mit Stephan Georg geführt, das wir aufgrund seiner Länge in drei Teilen veröffentlichen. Stephan Georg kennt man ... Interview mit Stephan Georg – Teil 2

Wir haben vor einigen Tagen ein Interview mit Stephan Georg geführt, das wir aufgrund seiner Länge in drei Teilen veröffentlichen. Stephan Georg kennt man  als Gitarrist und zum Teil als Songwriter der Bands TIGHT und SECRET FIRE und als Initiator vieler Projekte und Solo-Projekte. In Teil 2 der Interview Serie äußert sich Stephan unter anderem zur Metalszene, zu Wacken, dem Zustand der Welt, seinen Vorbildern und vielem mehr.

Wir schreiben gerade an einem Buch über die Metalszene und deren sozialen Aspekt am Beispiel Wacken und hätten da ein paar Fragen: 

Was ist das Besondere an der Szene? 

Die Szene hat sich schon stark verändert seit ich Anfang der 80er zum Hard Rock kam. Das besondere und einzigartige im Bereich der harten Musik ist eben dieser Zusammenhalt, den man bei anderen Musikstilen eher nicht beobachten kann. Das war natürlich in den 80er Jahren noch viel deutlicher da waren wir eingeschworene Metalfans. Kuttenträger eben. Das Besondere daran, auch als Musiker im harten Heavy Metier tätig zu sein, ist diese Connection in der Szene die man gut nutzen und auch den Hörer so anders erreichen kann, als bei anderen Musikstilen.

Wie sozial eingestellt sind Metalheads deiner Meinung nach?

Ich glaube der Metal Fan ist grundsätzlich auf jeden Fall sozial eingestellt. Er hat etwas mit anderen gemeinsam, was man mit Geld nicht bezahlen kann. Und es gibt in der Musik Werte, die außerhalb des Kommerzes liegen. Wenn man einmal ein Festival erlebt hat und diese Gemeinsamkeit, weiß man, was ich damit meine. Ich gehe erst mal jetzt von mir aus. Für mich ist übermäßiger Reichtum eigentlich nichts Erstrebenswertes. Da gibt es im Leben wertvollere Sachen als Geld. 

Hast du irgendein tolles persönliches Erlebnis diesbezüglich gehabt?

Ich weiß nicht, ob es hierher passt. Aber als ich im April meine Soloscheibe mit David Reece veröffentlicht habe, hatte ich darüber über Facebook Kontakt zu einem russischen Arzt, der in einem Krankenhaus arbeitete, mit vielen extremen Corona-Fällen und Toten. Er schrieb mir dann, als er das Album hörte, dass er im Moment eine schwere Zeit durchmacht, aber meine Musik für ihn eine sehr große Erleichterung darstellt. Das hat mich tief berührt.

Kann die Welt etwas von uns Metalheads lernen?

Auf jeden Fall den Aspekt, dass Geld nicht alles ist, sondern das Glück, das wir bei den Konzerten erleben und das in der Gemeinsamkeit unbezahlbar ist.

Ich durfte dieses Jahr zum Beispiel Wolf Hoffmann und Doro Pesch interviewen. Idole meiner Jugend so was kann man gar nicht kaufen.

Denkst du, die Metalszene hat sich in den letzten Jahren / Jahrzehnten geändert?

Ja, ich denke schon in den 80er Jahren hatten auch Nachwuchsbands eine Chance und immer wieder die Möglichkeit vor doch einem angemessenen Publikum aufzutreten. Das hat sich in den letzten Jahren / Jahrzehnten verändert.

Nun ist eher der Fokus auf Mega Bands oder zumindest auf mittelgroßen Profibands. Kleinere Bands müssen sich dann vor 10 Leuten den Allerwertesten abspielen, betreiben einen riesigen Aufwand und bekommen dafür nichts. Meines Erachtens liegt das auch größtenteils an der Medien, die zum Teil durch Profitgier von Veranstaltern und Musikmanagern gesteuert werden.

Natürlich ist der Markt auch überschwemmt von Veröffentlichungen. Heute muss man direkt mit einer Top-Produktion aufwarten, sonst geht deine CD direkt in den Müll. In den 80ern waren teilweise Tapes im Umlauf, die waren soundmäßig nicht so „Dolle“ aber die Songs hatten es in sich.

Heute beschäftigen sich nur noch wenige Hörer in der Tiefe mit dem Material, weil einfach alles zu überflutet wird. 

Was bedeutet Wacken für dich?

Wacken bedeutet für mich eigentlich nicht viel, weil ich nicht hinfahre. Ich war in den 80er Jahren bei allen möglichen Monsters of Rock Festivals und anderen Open Airs wie zum Beispiel dem Metal Hammer Festival 1985. Aber bei Wacken spielen 80% Bands, die nicht zu meinem bevorzugten Musik Stil sprich den melodischen Hard und Heavy der 80er gehören, deshalb würde sich für mich der Besuch nicht lohnen. Zudem ist das tagelange Zelten und 24 h Party mit gesetzterem Alter für mich auch nicht mehr so erstrebenswert.

Im Gegensatz dazu ist mein ältester Sohn, der nächstes Jahr 30 wird, ein begeisterter Wacken Fahrer für ihn stellt das Festival immer ein Highlight dar. Ich schaue mir dann eher die für mich in Frage kommenden Bands auf dem Fernseher an. Darüber hinaus gehe ich aber so viel auf Konzerte im Laufe des Jahres und auch zu kleineren Festivals, so wie auch immer wieder zu kleineren Bands.

Mit meinen Kumpels waren wir in den letzten Jahren öfter auf größeren Konzerten in Hamburg, Berlin usw.. Das hatten wir dann direkt mit einer Städtetour verbunden.

Was repräsentiert das Festival für dich?

Ja das Festival hat mittlerweile einen Hype angenommen, dass auch viele Leute dort hinfahren, die mit dem Metal eigentlich gar nichts am Hut haben, weil einfach Wacken eine Marke geworden ist und Wacken steht für „einen drauf machen“ und Party, daneben auch noch für die Musik. Ich finde es hat ein gewisser Ausverkauf der Wacken Marke stattgefunden. Aber ich denke, es ist trotzdem in Summe eine gute Sache. Eine friedliche Zusammenkunft von Fans aus aller Welt.

Wie siehst du den Zustand der Welt momentan?

Schwierige Frage. Es ist eben überall verschieden. Es gibt viel Gutes auf der Welt. Ich denke das überwiegt, sonst gäbe es uns schon nicht mehr. Das ist pauschal auch sehr schwer zu beantworten, es ist eben erst mal die Frage wie es jetzt mit der Corona Krise weitergeht. Die Aufgabe besteht darin, dass alle diese gut hinter sich bringen.

Vielleicht hat auch diese Krise die Menschen wieder ein Stück mehr zusammengebracht – ich weiß es nicht Wir hoffen es!

Dann gibt es nach wie vor aber viele Probleme in der Welt. Viele Kriege, die nicht sein müssen und diejenigen, die sie verursachen, baden deren Folgen nicht aus. Bzw. kümmern sich nicht um die von dort Geflüchteten.

Dann gibt es auch in Deutschland, meines Erachtens eine gewisse Eingrenzung der Meinungsfreiheit. Aber im Prinzip jammern wir hier auf hohem Niveau, denn uns geht‘s immer noch gut im Großen und Ganzen.

Andererseits gibt es aber auch wieder Probleme wie Altersarmut es kann nicht sein, dass Leute die 40 Jahre gearbeitet haben dann von kleinen Nebenjobs Leben müssen oder wenn sie ins Heim kommen, kein Taschengeld übrig bleibt.

Andererseits bekommen Konzerne, wenn sie in eine Krise geraten, Milliarden irgendwohin geschoben. Darüber hinaus muss das Elend in der dritten Welt gemindert werden. Das geht nur, indem diesen Menschen auch die Verhütungsmöglichkeiten wie in der westlichen Welt zur Verfügung gestellt werden und man den Leuten dort vor Ort eine Zukunft aufbaut. Auf Dauer werden wir nicht alle notleidenden Menschen bei uns aufnehmen können.

Ganz schlimm finde ich auch, dass Fußballvereine Millionen für einen Spiel Wechsler ausgeben und auf der anderen Seite der Welt verhungern Menschen.

Es kann darüber hinaus auch nicht sein, dass es Menschen gibt auf der Welt, die Milliarden besitzen dürfen. Das dürfte es nicht geben, die auf ihrem Geld sitzen und damit viele Menschenleben retten können. Dieses Geld könnte gut dazu eingesetzt werden, das Süd-West Gefälle etwas in Balance zu bekommen. Aber anstatt dessen sind diese darauf bedacht, ihr Vermögen immer weiter anzuhäufen. Koste es was es wolle.

Darüber hinaus wird es, meines Erachtens, in Deutschland und auch bestimmt in anderen Staaten viel zu wenig honoriert, wenn Menschen jeden Tag ihrer Arbeit nachgehen. Der Steuerzahler wird zu sehr geschröpft. Viele Staatsausgaben müssten nicht sein. Das Renteneintrittsalter ist eindeutig zu hoch.

Zudem kann es auch nicht sein, dass es bei der medizinischen Versorgung eine Differenzierung zwischen privaten und gesetzlichen Versicherten gibt, auch für mich ein Zustand der absolut menschenverachtend ist.

Was auch ein totaler Irrsinn ist, dass jeder Staat weiter aufrüstet und seine Armee bereithält. Das Abrüsten sollte eines der wichtigsten Ziele sein.

Zu Umweltschutzauflagen sollte jeder Staat gezwungen werden, ansonsten sollte er einem Handelsverbot unterzogen werden. Deutschland vollzieht den Atomausstieg, was ich durchaus als sinnvoll ansehe, und die Japaner, die durch Schlamperei in Fukushima den Gau verursacht haben, bauen nun wieder Meiler zu. Durch den Atomausstieg haben wir natürlich mehr CO2-Erzeugung, was dazu führt, dass die Atomstaaten wie Frankreich z.B. mit dem Finger auf uns zeigen. Ergo wir schalten ab und müssen dann den Strom importieren. Lustigerweise demonstrieren viele Atom- und zugleich Kohlegegner auch gegen Windräder, Konverter und neue Trassen. Den Leuten sollte rigoros der Strom abgeschaltet werden (lacht).

Was denkst du könnten wir Menschen allgemein besser machen?

Ich bin nicht unbedingt der religiöse Mensch aber die 10 Gebote sagen sehr viel aus. Genau wie die Weisheiten des Buddhismus. Wenn sich da jeder jeden Tag ein bisschen mehr dann orientieren würde, wären wir ein Stück weiter. Leider leben aber viele derer, die eigentlich Vorbild sein sollten, nicht das was sie predigen. Ein guter Grundgedanke ist auf jeden Fall, die Erkenntnis, dass man nicht alleine auf der Welt ist. Man hat Mitmenschen, die auch genauso leben wollen.

Wer ist aktuell dein größtes Vorbild?

Ein pauschales Vorbild kann es nicht geben, man kann immer nur ein Vorbild in einer bestimmten Beziehung sehen. Da gibt es schon in den verschiedensten Bereichen Persönlichkeiten, vor denen ich meinen Hut ziehe. 

Was könntest du als Rockstar beitragen, um die Welt zu verbessern?

Ob ich als Musiker und mit meiner Musik die Welt ein Stück besser machen kann, weiß ich nicht, aber ich versuche innerhalb der Musikfans und Musiker doch schon so etwas wie eine Gemeinschaft zu leben.

Ich finde es nicht gut, wenn man anderen nichts gönnt wie Erfolg, ich versuche immer drauf zu achten, andere auch mitzuziehen und ihnen auch Tipps zukommen zu lassen.

Auch vielleicht mal zu einer Band gehen wo man weiß, da sind wieder nur 10 Leute im Publikum. Oder mal eine Band oder einen Musiker, bei denen es nicht so gut läuft, mal teilhaben lassen an einem größeren Projekt. Was ich auch gerne mache, ist besonders jetzt in der Corona Zeit, von Musikern, die von der Musik leben, einfach mal ein paar Platten oder Shirt zu kaufen, auch wenn es nicht unbedingt nötig ist. 

Wie wichtig ist die Message in Texten?

Die Message in den Texten ist für mich eher zweitrangig. Ich möchte mit meiner Musik kein Botschafter für Politik oder Weltansichten sein. Aber nur über Liebe und Partys zu schreiben, ist auch etwas einseitig. Daher kann man durchaus gerne mal, ähnlich wie Accept, ein brisantes aktuelles Thema aufgreifen. Oder ein Thema aus der Vergangenheit, wie zum Beispiel ein Song auf meiner nächsten Scheibe von Joseph Goebbels handelt.

Können gesellschaftskritische Texte etwas bewirken?

Das glaube ich schon, denn letztendlich ist ja die Musik auch etwas, das in die Öffentlichkeit dringt und die Vergangenheit zeigt, dass wie zum Beispiel  die Flower Power-Bewegung während des Vietnamkriegs, dass Messages in der Musik auch was rüber transportieren können 

Kennst du Bands, die extrem engagiert sind? (Umwelttechnisch, sozial, etc.)

Ja, da sind mir einige, auch kleinere Acts zu Ohren gekommen, aber es ist immer eine Sache, ob die das auch leben, was sie predigen. Im Zuge der Diskussion um den Kohleausstieg sind z.B. einige Musiker und Acts auf den Zug aufgesprungen, denen ich jegliches Detailwissen abspreche. 

Was denkst du über die Massentierhaltung?

Tiere, die zu unserer Nahrung beitragen, sollten auch artgerecht gehalten werden, da bin ich gerne bereit, auch den einen oder anderen Euro mehr zu bezahlen für mein Fleisch und auch den Fleischkonsum einzuschränken.

Wir versuchen ausschließlich bei einem Biobauern, wo wir auch hundert Prozent über das Tierwohl Bescheid wissen, unser Fleisch zu kaufen.

Eine nicht artgerechte Haltung sollte einfach verboten und bestraft werden. Dann regelt sich alles von selbst. Dies aber eben auch wieder nicht nur bei uns, sondern in allen Ländern. Sonst wäre das Ende vom Lied, dass unsere Firmen pleite machen und die anderen Länder einfach mehr exportieren. 

Glaubst du nützen Großkonzerne die Coronakrise für ihre Interessen aus?

Bei jeder Krise gibt es Gewinner und sicherlich sind auch hier wieder Sparten und Interessenverbände, die sich auch die Taschen voll machen. An der Spitze sind hier natürlich diverse Versand-Konzerne die nun abräumen ohne Ende.

Wie würdest du dir die Welt wünschen und wie ließe sich das umsetzen?

Das ist schwierig zu sagen. Bei den Politikern müsste erstmal das Wohl der Menschen im Fokus stehen. Leider steht dort oft aber die Macht- und Geldgier an erster Stelle.

Es gibt einen schönen Song von Victory über das Politikervolk: „Don’t tell no lies“ ein super Text und Song.

 Hier Teil 1 und Teil 3: 

Interview mit Stephan Georg – Teil 1

Interview mit Stephan Georg – Teil 1

 

Interview mit STEPHAN GEORG – dritter und letzter Teil

Interview mit STEPHAN GEORG – dritter und letzter Teil

Lydia Dr. Polwin-Plass

Promovierte Journalistin und Texterin, spezialisiert auf die Themen Kultur, Wirtschaft, Marketing, Vertrieb, Bildung, Karriere, Arbeitsmarkt, Naturheilkunde und Alternativmedizin. Mehr über Dr. Lydia Polwin-Plass auf ihrer Website: http://www.text-und-journalismus.de