Neue Studien belegen: kurzkettige Fettsäuren sind der Schlüssel für das Immunsystem und den Stoffwechsel.
Dies & DasNewsWissenswertes 3. Dezember 2016 Lydia Dr. Polwin-Plass
Bestimmte Darmbakterien sind der Schlüssel für ein gesundes Immunsystem und einen funktionierenden Zucker- und Fettstoffwechsel. Sie verhindern Entzündungen im Körper. Doch bei der moderenen Ernährungsweise „verarmt“ der Darm nach und nach, da die wichtigsten Bakterien fehlen. Neueste Studien bestätigen, dass die gezielte Einnahme von kurzkettigen Fettsäuren der Trägheit des Darms entgegen wirken kann.
Der Darm ist ein wichtiger und enorm komplexer Schutzschild des Menschen. Erst seit wenigen Jahren machen es neue wissenschaftliche Methoden, den Darm, die Darmflora und ihre Funktionsweise und Bedeutung für unseren Organismus genauer zu analysieren. Mediziner sind sich heute darüber einig, dass die Darmbakterien einen wesentlicher Faktor für den Schutz des Darms sind.
Es gibt mehrere Tausend verschiedene Arten von Darmbakterien. Bei einem ausgewachsenen Menschen machen allein die Darmbakterien etwa ein bis zwei Kilogramm des Körpergewichts aus. Die mehr als tausend verschiedenen Bakterienarten haben sich im Laufe der Evolutionsgeschichte mit dem Menschen mitentwickelt. Inzwischen weiß man auch, dass einige für ein funktionierendes Immunsystem und einen optimalen Fett- und Zuckerstoffwechsel besonders wichtige Bakterien besondere Bedingungen brauchen, damit sie „funktionieren“ können. Und dazu gehört eine Ernährung, die reich an pflanzlichen Fasern ist. Gerade in Industrieländern wie Deutschland ist das aber kaum mehr möglich.
Neueste Forschungsergebnisse zeigen aber, dass die Zufuhr kurzkettiger Fettsäuren das Immunsystem im Darm günstig beeinflussen kann.
Faserarme Ernährung lässt den Darm „verarmen“: „Lange war unklar, wie genau die Darmbakterien zu unserer Immunabwehr beitragen„, sagt Professor Dr. Wolfram Sterry, langjähriger Klinikdirektor an der Berliner Charité. Der Grund dafür ist, dass eine genaue Analyse des Mikrobioms im Darm lange Zeit gar nicht möglich war. Erst die so genannte next-generation DNA-Sequenzierung, bei welcher in sehr kurzer Zeit mehrere tausend Genome analysiert werden können, ermöglicht der Medizin einen Zugang zur komplexen Welt der menschlichen Darmflora.
Eine der wesentlichen neuen Erkenntnisse: Darmbakterien sind ein integraler Bestandteil des menschlichen Immunsystems. „Einige der Bakterien im Dickdarm produzieren beim Abbau pflanzlicher Fasern kurzkettige Fettsäuren, die für den Menschen essenziell sind„, erklärt Professor Sterry.
Bekannt ist heute auch, dass den Zellen der Darmwand, die für eine funktionierende Barrierefunktion besonders wichtig sind, kurzkettige Fettsäuren als Nahrungsgrundlage dienen .
Kurzkettige Fettsäuren sind zum Beispiel Essigsäure, Buttersäure und Propionsäure. Damit die Darmbakterien diese tatsächlich produzieren können, benötigen sie Pflanzenfasern aus Obst und Gemüse. „Die faserarme Ernährung hat jedoch dazu geführt, dass der Darm bei vielen Menschen hierzulande verarmt ist„, meint Professor Sterry. Konkret heißt das: Die Bakterien können ohne pflanzliche Fasern nicht überleben. Deshalb kommen sie in der Darmflora vieler Menschen nur in sehr geringer Zahl oder schlimmstenfalls sogar überhaupt nicht mehr vor.
Wie kurzkettige Fettsäuren Entzündungen im Körper verhindern
In zahlreichen Studien, unter anderem an der Ruhr-Universität Bochum und an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen, wurde eine Reihe von Wirkungen kurzkettiger Fettsäuren nachgewiesen. Sie regen im Körper die Produktion so genannter regulatorischer T-Zellen an. Diese überbrücken vor allem Entzündungen im Körper. Das ist besonders bei der Prävention von Erkrankungen wichtig, bei denen der Körper „fälschlicherweise“ die Immunabwehr in Stellung bringt. Krankheiten wie etwa Allergien, Nahrungsmittelunverträglichkeiten aber auch Autoimmunerkrankungen.
„Auch bei Autoimmunkrankheiten wie Asthma, Rheuma und anderen entzündlichen Gelenkerkrankungen oder auch bei Morbus Crohn, einer Autoimmunerkrankung der Darmschleimhaut, sind diese regulatorischen T-Zellen von großer Bedeutung„, erklärt Professor Sterry.
Kurzkettige Fettsäuren verlangsamen die Magenentleerung
Kurzkettige Fettsäuren, welche bestimmte Darmbakterien bilden, lassen nach Professor Sterrys über die Ausschüttung bestimmter Darmhormone auch ein Sättigungsgefühl entstehen. Der große Einfluss des Mikrobioms im Darm auf das Gehirn ist inzwischen vielfach nachgewiesen („Darm-Hirn-Achse“).
Weitere positive Effekte im Körper: In der Leber wird, letztlich gesteuert über die Bakterienaktivitäten im Darm, die Produktion von Fetten verringert. „Gleichzeitig wird die Magenentleerung verlangsamt, wodurch man länger satt ist„, sagt Professor Sterry.
Bereits in den neunziger Jahren haben Wissenschaftler nachgewiesen, dass kurzkettige Fettsäuren dabei helfen können, die Insulinproduktion in der Bauchspeicheldrüse anzukurbeln und gleichzeitig die Empfindlichkeit der Körperzellen gegenüber Insulin zu erhöhen. Somit können sie dazu beitragen Diabetes vorzubeugen. Das habe besonders bei Übergewichtigen Bedeutung, sagt Professor Sterry. „Hier wissen wir heute, dass es bei der Zuckerkrankheit zu einer ungünstigen Verschiebung in der Zusammensetzung der Darmbakterien kommt„, so der Sterry. In Modellen sei bereits nachgewiesen worden, dass bei der Zufuhr kurzkettiger Fettsäuren trotz fettreicher Ernährung kein Diabetes entsteht. Gezielte Einnahme kurzkettiger Fettsäuren führt zu gleichen positiven Effekten
In den vergangenen Jahren begannen Wissenschaftler unter anderem in Bochum und Erlangen zu untersuchen, ob sich diese ernährungsbedingte Fehlentwicklung ausgleichen lässt, indem die kurzkettigen Fettsäuren von außen zugeführt werden. Die Ergebnisse sind vielversprechend: „Die positiven Wirkungen stellen sich nach den Erkenntnissen, die wir bisher haben, in gleichem Maße ein wie bei kurzkettigen Fettsäuren, die der Körper selbst produziert„, so der Mediziner.
Zum positiven Einfluss auf den Zucker- und Fettstoffwechsel und zur Entzündungshemmung gebe es mittlerweile bereits jede Menge Daten und vielversprechende Ergebnisse mit Propionaten, den Salzen der Propionsäure „Alle Daten sprechen dafür, dass orale Aufnahme den gleichen günstigen Effekt hat„, so der langjährige Klinikdirektor an der Berliner Charité. Zum Einsatz kommen in der medizinischen Forschung an deutschen und internationalen Medizin-Hochschulen die Salze der Propionsäure, die so genannten Propionate, in einer Dosierung von zweimal 500 Milligramm täglich. Professor Sterry sagt, in den kommenden Monaten würden zahlreiche weitere Forschungsprojekte abgeschlossen. Für Lebensmittel-Experten ist das Propionat ein alter Bekannter: als unbedenkliches Konservierungsmittel unter anderem im Brot und bei der Herstellung von Käse. Die Qualität der auf dem Markt erhältlichen Propionate schwankt stark: „Erst die langjährige Erforschung und die Identifizierung der wirksamsten und sichersten Wirkstoffe ermöglichte die Entwicklung eines Produkts, wie es bei den Forschungsprojekten eingesetzt wird„, sagt Dr hop over to this site. Ulrich Matthes, Geschäftsführer von Flexopharm Brain.
Quelle: NewsWork AG
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Lydia Dr. Polwin-Plass
Promovierte Journalistin und Texterin, spezialisiert auf die Themen Kultur, Wirtschaft, Marketing, Vertrieb, Bildung, Karriere, Arbeitsmarkt, Naturheilkunde und Alternativmedizin. Mehr über Dr. Lydia Polwin-Plass auf ihrer Website: http://www.text-und-journalismus.de