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Mehr Jabberwocky als Dürer-Hase – Interview mit Panthar (Yamuna Oberhammer) Mehr Jabberwocky als Dürer-Hase – Interview mit Panthar (Yamuna Oberhammer)
Die Künstlerin Panthar verbindet in ihren Bildern die irdische Artenvielfalt mit abstrakten Entitäten. Im Gespräch erzählt sie von ihrem Werdegang, ihren Inspirationen und wieso... Mehr Jabberwocky als Dürer-Hase – Interview mit Panthar (Yamuna Oberhammer)

Die Künstlerin Panthar verbindet in ihren Bildern die irdische Artenvielfalt mit abstrakten Entitäten. Im Gespräch erzählt sie von ihrem Werdegang, ihren Inspirationen und wieso ein Hund manchmal nicht wie ein Hund aussieht.

Wann hast du zu malen begonnen?

Seit ich aufrecht sitzen kann (lacht). Mit zwei Jahren habe ich mit Fingerfarben begonnen und die Leidenschaft hat mich nie mehr losgelassen. Ich habe dann weiter mit Farben und Pinseln experimentiert. Mit sechs Jahren habe ich dann mit Bleistiftzeichnungen begonnen.

Hast du dir alles selbst beigebracht?

Ich war nie in einem Kurs oder habe eine Kunstschule besucht. Das Interesse war da, aber nach der Pflichtschule war ich zu jung für eine Kunstschule. Ich hätte eine Modeschule besuchen können, aber dazu hatte ich weder das Geld noch die Möglichkeit, dafür wegzuziehen. Außerdem war es nicht genau das, was ich wollte. Ich habe viel gezeichnet und geübt, experimentiert und mir immer wieder Fachbücher gekauft, um daraus Techniken zu lernen. Also habe ich mir mehr oder minder fast alles selbst beigebracht. Bis ich 21 war, hatte ich nicht mal die Gelegenheit, mich mit anderen Künstlern auszutauschen.

Hast du mit realistischen Tierstudien oder Fantasy-Zeichnungen begonnen?

Die ersten konkreten Wesen, die ich als Kind gezeichnet habe, waren Dinosaurier, vor allem Langhälse und Dreihörner. Die Figuren waren damals noch sehr kubistisch mit abgeschnittenen Hälsen und blockartigen Körpern. Im Alter von sechs Jahren habe ich Drachen für mich entdeckt und ab da ging es für mich richtig los. Humanoide Wesen aller Art haben mich dann ab zwölf Jahren beschäftigt, bis es dann langsam in Richtung realistischer Tierporträts ging. Das hat mir immens geholfen, da ich bereits stark mit Fantasy an sich vertraut war, als es ans realistische Zeichnen ging. Beides schlussendlich zu vermischen, war einfach.

Welches Genre ist schwieriger – Fantasy oder Realismus?

Das ist nicht einfach zu beantworten. Einerseits kann einem bei Fantasy niemand vorschreiben, was es gibt oder nicht. Trotzdem muss man sehr gut mit Anatomie vertraut sein. Die Wesen sollen immerhin so gestaltet sein, dass sie auch tatsächlich fliegen oder unter Wasser atmen könnten. Auch Fantasyfiguren müssen gewissen Naturgesetzen unterworfen sein. Ein fliegendes Tier beispielsweise braucht einen großen Brustkorb, um viel Luft holen zu können und damit die fürs Fliegen notwendige Muskulatur Platz hat. Ich kann und möchte also kein Wesen zeichnen, das beispielsweise riesige Flügel, aber einen Brustkorb wie ein Regenwurm hat. Das sieht weder gut aus, noch kann es funktionieren. Es gibt noch so viele unbekannte Tierarten auf der Welt. Wieso sollte nicht auch eine meiner Zeichnungen irgendwo versteckt sein können oder gelebt haben. Schnabeltiere wurden doch auch für unmöglich gehalten, bis man sie entdeckt hat.

Was braucht es, um ein Wesen so realistisch und detailgetreu aufs Papier zu bringen?

Zuerst braucht man viele und gute Vorlagen, von denen man lernen kann, beispielsweise was Lichteinfall und Schattenwurf anbelangt oder Glanzreflexionen auf Fell. Und selbst dann ist man noch nicht am Ziel, es fehlt viel Feinschliff. Reine Technik ist nicht genug. Es passiert oft, dass man ein Tier zeichnet, das zwar der Vorlage entspricht, aber sie doch nicht repräsentiert. Dann muss man sich überlegen, welche Tricks man anwendet und was man ändert, damit das Bild angenehm für das Auge wird.

Ist dir so etwas öfters widerfahren?

Ich kann mich noch gut daran erinnern, als ich einmal den Hund einer Kundin porträtiert habe. Trotz vieler Referenzbilder, die ich dafür geschossen habe, sah das fertige Porträt nicht ganz wie ihr Haustier aus, auch wenn es den Fotos entsprochen hat. Die Seele und Persönlichkeit des Motivs hat gefehlt. Ich habe dann zwei Wochen lang immer wieder Kleinigkeiten geändert, bis sie dann wirklich in der Zeichnung eingefangen waren. Das Auge muss manchmal einfach ausgetrickst werden und das bereitet auch mir ab und an Probleme.

Wie und wo arbeitest du?

Zuhause habe ich ein kleines Atelier, meinen Zeichentisch, meine Materialien und meine Ruhe (lacht). Die Schwierigkeit ist, dass ich tagsüber die Ideen habe, aber nachts erst richtig kreativ werde. Das erschwert es mir, die Malerei als Nebenberuf auszuüben, da ich kaum wach und konzentriert bis in der Früh durcharbeiten kann, wenn ich wenig später schon in die Arbeit müsste. Sonst könnte ich gleich aufhören, zu schlafen (lacht).

Nimmst du dir andere Künstler als Vorbild?

Ich liebe die Werke von H.R. Giger. Abgesehen von Drachen sind die von ihm geschaffenen Aliens meine Lieblinge. Trotz ihrer Skurrilität könnten sie existieren und haben einen gut durchdachten Lebenszyklus, vom Ei über den Facehugger bis zum fertigen Xenomorph. Außerdem sind sie als Raubtiere konzipiert, die nicht per se bösartig sind, aber einfach diesen starken und aggressiven Überlebensinstinkt entwickelt haben. Auch ihre Intelligenz macht sie so furchteinflößend. Nicht zuletzt sind sie in einem faszinierenden Detailgrad gestaltet.

Was treibt dich an?

Das Zeichnen macht mich einfach glücklich, das allein sind schon Sinn und Antrieb genug. Das absolute non plus ultra wäre natürlich, dass ich andere damit auch glücklich mache und mir meine Kunst das Frühstück auf den Tisch bringt. Aber das wird wahrscheinlich leider nie ganz passieren?

Mangelt es an der Klientel?

Prinzipiell richte ich mich an alle möglichen Leute, von Privatpersonen über Kunden, die beispielsweise etwas zur Verschönerung ihrer Praxis oder Geschäftsräume möchten, oder auch Illustrationen oder Figuren als Werbeträger, wenn es passt. Ich versuche auch, allen Wünschen bei meiner Arbeit zu entsprechen, trotzdem möchte ich meinem Grundsatz treu bleiben, auch bei den abstraktesten Wesen die notwendige Portion Realismus einfließen zu lassen.

Meine größte Herausforderung und der Grund, wieso ich vorhin so pessimistisch war, ist, dass die Leute meine Bilder zwar schön finden, aber nicht genug damit anfangen können. Sei es nun, dass ihnen die Vorstellungskraft dazu fehlt oder sie sich mit Monstern und Dämonen nicht anfreunden können. Ihnen gefällt zwar die Qualität meiner Arbeit, aber nicht die Motive, weil es sich nur selten um reine Tierporträts handelt. Deshalb bin ich gezwungen, auf spezielle Klientel zu warten oder mich nur in Fantasykreisen zu bewegen, auch wenn ich gern ein breiteres Publikum ansprechen würde. Aber ich kann mir nicht vorstellen, mich nur noch auf reine Naturmalerei zu konzentrieren. Egal, wie gut es sein mag, rein realistisches Zeichnen ist mir etwas zu langweilig. Ich bin einfach mehr Jabberwocky als Dürer-Hase (lacht).

Zurück zu deiner Arbeit – bevorzugst du zum Zeichnen Stift und Papier oder das digitale Zeichenbrett?

Für mich persönlich ist traditionelles Zeichnen immer noch das um und auf. Es gibt sehr viele hervorragende Digital Artists, aber leider auch eine große Zahl an Leuten, die halbwegs gut sind, aber keinen geraden Strich zustande bringen, wenn man ihnen Stift und Papier in die Hand drückt. Viele vertrauen zu sehr darauf, dass sie am Computer jede Kleinigkeit so oft sie wollen rückstandsfrei ausbessern können. Da geht das Gefühl für technische Perfektion verloren. Denn auf Papier hinterlässt jeder Strich seine Spuren. Das muss man entweder einarbeiten können oder neu beginnen. So geht auch die Leidenschaft ein wenig verloren und es schleift sich eine gewisse Sorglosigkeit ein. Auch wirken Zeichnungen am Papier lebendiger, das Werk hat Struktur und ist nicht gleichmäßig glatt. Das trägt viel zur Wirkung bei.

Wie sehen deine Zukunftspläne aus?

Ein eigenes Atelier außerhalb meiner Wohnung wird in den nächsten Jahren keinen Sinn machen. Dazu bräuchte ich erst einen gewissen Kundenstamm. Voraussichtlich werde ich mich auf meinen Online-Shop, den ich auf dem Portal Etsy aufbauen werde, konzentrieren und persönlich auf Messen und Märkten vertreten sein. Parallel dazu arbeite ich natürlich stets daran, meinen Stil weiterzuentwickeln, das ist unumgänglich. Alle paar Jahre mache ich einen Sprung, was Detail-und Realismusgrad anbelangt. Die, meines Erachtens nach, momentan schönsten Bilder in meinem Portfolio sind unter anderem „Der Puma“, „Leopardus“, „Space Deer“ und „Lionskull“. Aber auch „Black Demon“, oder „Die Eule“ zeigen gut, wo ich mit meinem Können aktuell stehe. Recht gut ist mir auch die Zeichnung eines menschlich-dämonischen Skeletts gelungen, obwohl ich derartige Illustrationen normalerweise nicht mache. Aber trotz allem muss und will ich mich noch mehr weiterentwickeln, schließlich lernt man nie aus. Ich hoffe, dass ich irgendwann so weit bin, dass, wenn man eines meiner Bilder vergrößert und in ein Fenster stellt, der Betrachter wirklich glaubt, dass sich ein Löwe an ihn heranpirscht.

Interview. Alexander Maurer, 2019

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Zur Künstlerin:

In den Bildern der Wiener Zeichnerin Panthar trifft exotische Artenvielfalt auf abstrakte Entitäten.

Yamuna Oberhammer, alias Panthar, hat sich bereits als kleines Kind der Malerei verschrieben. Relativ blockartigen Dinosauriern folgten Drachen und humanoide Monster, bis sie sich realistischer Tiermalerei widmete. Diese beiden Welten hat die Wiener Künstlerin schlussendlich zusammengeführt, um ihren eigenen, unverkennbaren Stil zu kreieren. Beigebracht hat sie sich so ziemlich alles selbst, einerseits durch Studieren von Fachbüchern, um Techniken zu erlernen, andererseits durch immerwährendes Üben und experimentieren. „Bis ich 21 war, hatte ich nicht mal die Gelegenheit, mich mit anderen Künstlern auszutauschen“, erzählt sie.

Xenomorphs und Naturgesetze als Inspiration

Inspiration zieht sie unter anderem aus exotischen Tieren, den Haustieren von Freunden und insbesondere Künstlern wie H.R. Giger, dessen Aliens sie so sehr liebt wie Drachen. „Sie haben einen gut durchdachten Lebenszyklus, vom Ei über den Facehugger bis zum fertigen Xenomorph. Außerdem sind sie als Raubtiere konzipiert, die nicht per se bösartig sind, aber einfach diesen starken und aggressiven Überlebensinstinkt entwickelt haben. Auch ihre Intelligenz macht sie so furchteinflößend. Trotz ihrer Skurrilität könnten sie existieren“, betont Panthar.

Genau diesem Primat folgt sie auch beim Design ihrer Kreaturen. „Auch Fantasywesen müssen Naturgesetzen unterworfen sein. Ein fliegendes Tier beispielsweise braucht einen großen Brustkorb, um viel Luft holen zu können und damit die fürs Fliegen notwendige Muskulatur Platz hat. Ich kann und möchte also kein Wesen zeichnen, das beispielsweise riesige Flügel, aber einen Brustkorb wie ein Regenwurm hat. Das sieht weder gut aus, noch kann es funktionieren.“ Bei all den unbekannten Tierarten, die sich noch auf der Welt verstecken, hält sie es für möglich dass auch eine ihrer Kreaturen irgendwo existiert haben könnte. „Schnabeltiere wurden doch auch für unmöglich gehalten, bis man sie entdeckt hat“, meint sie dazu mit einem Grinsen.

Hund ist nicht immer gleich Hund

Aber Realismus ist nicht alles, wie die Künstlerin betont. Auch eine perfekte Zeichnung sieht oft nicht genau wie das Original aus. Auch ihr ist das einige Male passiert, beispielsweise bei einem Hundeporträt. „Trotz vieler Referenzbilder, die ich dafür geschossen habe, sah das fertige Porträt nicht ganz wie ihr Haustier aus, auch wenn es den Fotos entsprochen hat. Die Seele und Persönlichkeit des Motivs hat gefehlt“, erinnert sie sich. Oft bedarf es viel Feinschliff, um diese einzufangen. Wäre digitales Zeichnen in diesen Fällen nicht praktischer? Panthar verneint. „Für mich persönlich ist traditionelles Zeichnen immer noch das um und auf. Viele vertrauen zu sehr darauf, dass sie am Computer jede Kleinigkeit so oft sie wollen rückstandsfrei ausbessern können. Da geht das Gefühl für technische Perfektion verloren. Denn auf Papier hinterlässt jeder Strich seine Spuren“, gibt sie zu bedenken. Es würde sich Sorglosigkeit einschleifen, ist sie überzeugt.

Während sie tagsüber ihre Ideen hat, wird sie erst nachts kreativ und geht in ihrer Wohnung ans Werk. „Dort habe ich meinen Zeichentisch, meine Materialien und meine Ruhe“, meint sie scherzend. Ein eigenes Atelier wird sie in naher Zukunft aber nicht einrichten. Stattdessen fokussiert sie sich auf ihren Onlineshop, welchen sie auf dem Portal Etsy aufbaut, und versucht, mehr Menschen für ihre Kunst zu gewinnen, die sie glücklich macht. Dabei stellen sie ihre potenziellen Kunden vor die größte Herausforderung. „Ihnen gefällt zwar die Qualität meiner Arbeit, aber nicht die Motive, weil es sich nur selten um reine Tierporträts handelt und sie oft wenig mit Monstern und Dämonen anfangen können. Deshalb bin ich gezwungen, auf spezielle Klientel zu warten oder mich nur in Fantasykreisen zu bewegen, auch wenn ich gern ein breiteres Publikum ansprechen würde.“ Trotzdem könnte sie sich nicht vorstellen, auf reine Naturmalerei und Tierstudien umzusteigen. „Egal, wie gut es sein mag, rein realistisches Zeichnen ist mir etwas zu langweilig. Ich bin einfach mehr Jabberwocky als Dürer-Hase“, meint sie lachend.

Lydia Dr. Polwin-Plass

Promovierte Journalistin und Texterin, spezialisiert auf die Themen Kultur, Wirtschaft, Marketing, Vertrieb, Bildung, Karriere, Arbeitsmarkt, Naturheilkunde und Alternativmedizin. Mehr über Dr. Lydia Polwin-Plass auf ihrer Website: http://www.text-und-journalismus.de