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Interviewserie 2020 mit MAIK WEICHERT von HEAVEN SHALL BURN – TEIL 4 Interviewserie 2020 mit MAIK WEICHERT von HEAVEN SHALL BURN – TEIL 4
Vor einigen Tagen haben wir ein ausgesprochen nettes und sehr langes Interview mit Maik Weichert, dem Gitarristen und kreativen Kopf von HEAVEN SHALL BURN... Interviewserie 2020 mit MAIK WEICHERT von HEAVEN SHALL BURN – TEIL 4

Vor einigen Tagen haben wir ein ausgesprochen nettes und sehr langes Interview mit Maik Weichert, dem Gitarristen und kreativen Kopf von HEAVEN SHALL BURN geführt. Das ist der vierte Teil der mehrteiligen Interviewserie. Hier verrät uns Maik was ihm  spontan zu unseren Schlagworten wie Nachhaltigkeit, Alter und Finanzen einfällt. Wir reden mit ihm über die Corona-Krise, den Umgang mit Massentierhaltung und Dinge, die vielen Menschen im Zusammenhang mit der Impfstoffentwicklung gar nicht bewusst sind. 

Hier die letzten drei  Schlagworte unseres Spiels, das wir mit Maik gemacht und in Teil 3 veröffentlicht hatten. 

Nachhaltigkeit

Maik: Es wird immer wichtiger nachhaltig zu denken, das ist auch für die Festivalveranstalter seit langer Zeit ein Thema, nicht immer nur aus Umweltschutzgründen, auch Wiederverwertbarkeit und Einsparung spielen dabei eine Rolle. Und wir haben auch beschlossen an sowas wie Metal Cruises nicht mehr teilzunehmen. Da steht der Schaden, den man anrichtet und der Spaß in keinem Verhältnis. Das ist nicht richtig gewichtet.

Andererseits, wenn man in Südamerika oder Australien touren will, kann man da nur mit dem Flugzeug hin. Das ist aber trotzdem kein besonders gutes Gefühl.

Alter

Maik: Ich beobachte interessiert wie Bands, die so die gleiche Musikrichtung wie wir spielen, und 10 Jahre älter sind als wir, das immer noch machen. Das ist immer so ein Blick in die eigene Zukunft. Und das beruhigt mich eigentlich, dass es da noch so viele alte Bands gibt, die Qualität abliefern. In einer Death Metal Band spielen mit weit über 50 und noch so gut abliefern, das finde ich recht beruhigend.

Außerdem ist Metal eine Musikrichtung, wo Alter keine große Rolle spielt. Da sind 13-jährige mit Maidenshirts, die auf den Festivals rumspringen, genauso wie die alten Hasen. Das ist ja das Schöne.

Finanzen

Maik: Ja, Metal ist auch ein großes Geschäft, Auf jeden Fall. Aber – und das ist ja auch das Schöne am Metal – dass man sowohl als Band im Underground existieren kann als auch als hochprofessionelle Band, die viel Geld verdient. So kann man auch als Fan mit schmalem Geldbeutel neue Sachen entdecken. Wenn man aber will, kann man sich auch ein Kiss Cabriolet kaufen (Lacht).

Finanzen können also im Metal eine Rolle spielen, müssen aber nicht. Das finde ich eigentlich ganz angenehm.

Das beeindruckt mich immer: Selbst auf dem allerhöchsten Level, wo es um sehr viel Geld geht. Wacken ist ja auch eine Geldmaschine und doch sind selbst da Entscheidungen immer noch von Enthusiasmus und dem Metal Gedanken geprägt und nicht nur rein wirtschaftliche Entscheidungen.

Das ist mir bei einigen Festivals begegnet sogar bei so großen wie Wacken. Das ist, glaube ich, nicht in jedem Wirtschaftssektor so. Das kann man schon auch als etwas Besonderes hervorheben.

Konntest du dir damals je vorstellen, dass ihr mal mit einer Platte auf Nummer 1 landet in den Charts?

Maik: Nein, als wir angefangen haben hab‘ ich mir höchstens gedacht, daß wir vielleicht mal eine Platte rausbringen können, aber ganz ehrlich, dass wir in die Charts kommen, hätten wir nicht gedacht.

Meinst du könnt ihr etwas mit den Texten bewirken?

Maik: Also am Anfang hätte ich nie gedacht, dass die Menschen die Texte so ernst nehmen. Aber heute weiß ich, dass gesellschaftskritische Texte sehr wohl etwas bewegen können. Das hat man ja auch schon in der 68er Bewegung bei Sing a Song Writern gesehen oder wenn du an Viktor Harrer in Chile denkest, über den ich auch schon Lieder geschrieben habe, die haben so eine Macht entfaltet mit ihren Texten und ihrer Musik, dass sie schon fast politisch gefährlich geworden sind, das kann ich definitiv bestätigen.

Wie siehst du den Zustand der Welt zur Zeit, auch in Bezug auf Corona.

Maik: Der ist absolut divers. Von Ländern, denen es saugut geht, bis zu Ländern, in denen die Welt eigentlich schon längst untergegangen ist. Wenn Corona unser aktuell schlimmstes Problem ist, an der sich unsere Maschinerie abarbeitet, dann sagt das über den Zustand der Welt eigentlich am meisten aus. Und das sag ich als jemand, der grad seinen Beruf nicht ausüben kann.

Es werden aber durch Corona auch Missstände aufgedeckt. Wie z.B. der Zustand in der Fleischindustrie, das wird ja gar nicht als Probleme behandelt.

Klimawandel und Ungleichverteilung in der Gesellschaft. Darum kümmert sich ja auch weiterhin niemand. Nur weil wir jetzt gerade eine Pandemie haben, die das westliche System am Geld verdienen hindert, Sollten wir uns trotzdem nicht abhalten lassen existenzielle Probleme weiterhin zu behandeln. Im Sinne vom Weiterbestehen unserer Gesellschaft und unserer Welt.

Da muss man sich natürlich auch überlegen, ob man sich nur um das Weiterbestehen bestimmter Wirtschaftszweige kümmert oder um das Weiterbestehen der menschlichen Zivilisation. Das wird, glaube ich, gleich gewichtet.

Das sieht man ja in Afrika, wo die Menschen gar keine Zeit haben sich um Probleme wie Corona zu kümmern, weil sie jeden Tag um’s Überleben kämpfen müssen.

Meinst du nützen Großkonzerne die Corona Krise für ihre eigenen Zwecke aus?

Maik: Ja, aber das ist ganz normal, dass man sich als Unternehmer angesichts einer Krise überlegt, wie man das ausnutzen kann. Selbst kleine Keller-Metalbands machen das wenn sie zum Beispiel gebrandete Atemschutzmasken verkaufen. Das ist ein ganz normales Handeln des Homo oeconomicus (Lacht)

Ich denke auch die Entlassungswellen bei Lufthansa und Co sind Maßnahmen, die schon lange in der Schublade waren und halt jetzt gut durchgesetzt werden können. Das sind Agenden, die im Krisenmodus durchgesetzt werden.

Macht dir die Krise Angst?

Maik: Mir machen eher die Probleme Angst, die diese Krise aufdeckt. Ich habe keinen Zweifel daran, dass die Menschheit auch lernen wird mit dieser Krise zu leben. Das muss sie ja auch. Ganz unabhängig davon, ob es Impfstoffe und Medikamente geben wird. Mir macht aber mehr diese fortschreitende Entsolidarisierung Angst, die sich gerade zeigt. Diese Kapital-Zugewandtheit der Gesellschaft und der Maßnahmen. Das macht mir große Angst. Das macht mir noch größere Sorgen als dass sich jemand aus meiner Verwandtschaft mit dem Corona Virus infizieren könnte. Das möchte ich natürlich auch nicht, aber das macht mir trotzdem noch mehr Angst.

Im Moment werden viele Dinge aufgedeckt auch in Bezug auf Ernährung der Tönnjes Skandal zum Beispiel zeigt, dass gerade in der Massentierhaltung vieles im Argen ist. Dennoch habe ich das Gefühl, dass auch jetzt hauptsächlich an die Menschen und kaum an die Tiere gedacht wird. Wie siehst du das?

Maik: Natürlich wird das nicht angesprochen, weil es ja hier eigentlich auch keinen Klärungsbedarf gibt, da ja jeder schon vorher gewusst hat, was mit den Tieren passiert. Es ist ja nicht so wie in den 80er oder 90er Jahren, wo man noch nicht wusste, was hinter den Kulissen passiert. Eigentlich kennt jeder die Zustände, in denen die Tiere vor sich hinvegetieren. Neu war eigentlich nur, dass auch die Menschen unter ähnlichen Konditionen leben. Dass es den Tieren schlecht geht, ist absolut bekannt, wird aber leider ignoriert. Also es wundert mich gar nicht, dass das nicht diskutiert wird. Was aber nicht heißen soll, dass es nicht diskutiert werden müsste.

Aus meiner Veganer Sicht fühle ich mich in der Corona Krise auch nicht wohl. Ich bin Musiker und möchte so schnell wie möglich wieder Konzerte machen. Die einzige Chance, dass das wieder möglich wird, ist ein Impfstoff. Dieser wird aber an Tieren getestet und es werden reihenweise Affen eingeschläfert, um die Impfstoff Verträglichkeit und die Wirksamkeit zu testen.

Das sind riesengroße Tierversuchsreihen in riesigen Laboren, die jeden Tag stattfinden und eigentlich jeder Veganer scheiße findet. Aber das wird aktuell in der veganen Szene komplett ignoriert. Ich habe eigentlich darüber nie irgendetwas gehört und muss ehrlich zugeben, auch ich habe keine andere Lösung dafür.

Das ist etwas, das wir im Moment einfach akzeptieren und ich als Veganer natürlich auch verdränge. Ich kann es nur als Problem ansprechen und bin damit weiter als 99% der Veganer, die das nicht tun.

Eigentlich sollte ein Denkmal für die Tiere gebaut werden, die ihr Leben dafür gelassen haben, um Medikamente oder Impfstoffe zu finden. Den Tieren gebührt noch mehr Anerkennung als demjenigen, der das Medikament entwickelt hat.

Das wird natürlich nicht passieren, aber das ist gerade ein Thema, dessen sich sehr viele Menschen überhaupt nicht bewusst sind.

Inzwischen gibt es schon sehr viele Versuche mit virtuellen Tiermodellen, die eigentlich schon ganz gut funktionieren. Aber von den Behörden werden die nach wie vor nicht zugelassen. Leider sind immer noch Tierversuche vorgeschrieben, bevor man am Menschen testet. Aber warum man auch für Kosmetika immer noch Tierversuche macht, ist völlig unverständlich.

Maik: Ja, den Menschen ist nicht bewusst, dass unendlich viele Tiere für die Entwicklung von einzelnen Medikamenten Ihr Leben lassen müssen. Und auch den Veganern ist das überhaupt nicht bewusst. Und ich selbst verdränge das auch gerade bei der Impfstoffentwicklung.

Das war der 4. Teil unserer Interviewserie mit Maik Weichert.

Lest hier Teil 1.

Und hier Teil 2.

Und hier Teil 3.

In einigen Tagen könnt ihr den fünften Teil auf METALOGY lesen.

Und hier könnt ihr unser Interview aus 2018 lesen.

Hesaderbild: HSB_Press_Credits_Candy Welz

Lydia Dr. Polwin-Plass

Promovierte Journalistin und Texterin, spezialisiert auf die Themen Kultur, Wirtschaft, Marketing, Vertrieb, Bildung, Karriere, Arbeitsmarkt, Naturheilkunde und Alternativmedizin. Mehr über Dr. Lydia Polwin-Plass auf ihrer Website: http://www.text-und-journalismus.de