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Interviewserie 2020 mit MAIK WEICHERT von HEAVEN SHALL BURN – TEIL 3 Interviewserie 2020 mit MAIK WEICHERT von HEAVEN SHALL BURN – TEIL 3
Vor einigen Tagen haben wir ein sehr nettes und fast zweistündiges Interview mit Maik Weichert, dem Gitarristen und kreativen Kopf von HEAVEN SHALL BURN... Interviewserie 2020 mit MAIK WEICHERT von HEAVEN SHALL BURN – TEIL 3

Vor einigen Tagen haben wir ein sehr nettes und fast zweistündiges Interview mit Maik Weichert, dem Gitarristen und kreativen Kopf von HEAVEN SHALL BURN geführt. Das ist der dritte Teil der mehrteiligen Interviewserie. Hier verrät uns Maik was ihm  spontan zu unseren Schlagworten wie Rebellion, Religion, Inklusion, Werten, zur Farbe Schwarz, etc. einfällt.

Wir würden gerne ein kleines Spielchen mit dir machen. Wir sagen einfach mal ein paar Stichworte und du sagst einfach was dir dazu in Bezug auf die Metal Szene oder die Metalheads einfällt, wenn das okay ist? Wir würden das teilweise auch für unser Buch verwenden.

Maik: Klar, gerne.

Rebellion:

Maik: Ja, das ist eines der positiven Grundklischees in der Metal-Szene. Rebellion in jede Richtung, da können stink-konservative Leute sein in der Metal Szene, genauso wie extrem linke Leute. Also da findet Rebellion in jeder Couleur statt und das ist für mich immer ein kleines Paradoxon – und das mein‘ ich gar nicht negativ – aber dass so viele konservative Leute in der Metalszene unterwegs sind und trotzdem Rebellion eine der Grundfesten ist, die da von allen getragen wird. Das passt eigentlich nicht so richtig zusammen, aber heutzutage heißt konservativ sein, ich kann trotzdem mit dem Motorrad, einer Bikerjacke oder langen Haaren rumlaufen. Das ist dann Rebellion inmitten des Konservativseins.

Religion

Maik: Ich denke Metal hat für viele Anhänger und richtige Fans schon religiöse Züge. Aber nur die positiven Aspekte der Religion. Das Vereinende und dass alles nach einer bestimmten Liturgie ablauft. Zum Beispiel bei den Konzerten: sei es die Vorband, der Bierstand oder die Aftershowparty. Also das kann man, glaub ich, wenn man das jetzt mit christlicher Religion gleichsetzt , da verkörpert Metal die positiven Aspekte von Religion und klammert meistens die negativen aus: das manipulative das machtmissbräuchliche und so weiter.

Circle Pit

Maik: Da fällt mir komischerweise ein, dass ich mit jemandem eine Wette hatte, als wir das erste Mal in Australien gespielt haben. Es ging darum, ob da wie beim Abfluss mit der Corioliskraft die Circle Pits dann in die andere Richtung laufen (Lacht). der Circle Pit ist eine der schönsten Übungen vor der Bühne und macht immer besonders viel Spaß. Das ist so eine Sache, die im wahrsten Sinne des Wortes auch für Leute, die nicht wissen was da auf sie zukommt, mitreißend ist.

Campground

Maik: Da sind die richtigen Fans die alles geben für das Festival. Die sind mir 1000 x lieber als irgendwelche Vollidioten, die sich für ein paar hundert Euro VIP Tickets kaufen und denken sie sind dann jemand Besonderes.

Inklusion

Maik: In letzter Zeit gibt es ja ganz oft Bilder von crowdsurfenden Rollstuhlfahrern, ich hab auch schon oft zum Beispiel gehörgeschädigte oder taube Menschen gesehen die bei Konzerten mit so Luftballons die Vibration erfahren. Und die deshalb diese Musik ganz besonders mögen, weil sie sehr laut ist und man sie körperlich besser erfahren kann.

Da, denk ich, gibt es bei vielen Kunstarten oder eigentlich bei allen Kunstarten noch viele Hausaufgaben zu machen was Inklusion angeht.  Also für mich verbindet sich Inklusion jetzt vordringlich mit behinderten Menschen und ich hab‘ auch einige Kumpels, die behindert sind. Für die ist es oft schon noch schwer auf Metal Shows und auf Festivals usw. teilzunehmen, also insofern ist es immer noch mehr Integration als Inklusion. Und Inklusion ist ja auch so ein absolutes Reizwort das auf den Unis – wenn das im früheren Kontext diskutiert wird – ja so dogmatisch zerfahren ist, dass man da gar keine Kritik üben darf. Ich denke aber Metal ist in den Bereichen gut unterwegs, aber es gibt da noch viel zu tun.

Toleranz

Maik: Ich nehme sehr oft wahr, dass Metal nach außen gegenüber allen anderen Erscheinungen toleranter ist als innerhalb der Szene. Im Verhältnis zu sich selber, bzw.  bestimmten Strömungen gegenüber. Es gibt natürlich auch Metalrichtungen, da hat Toleranz nichts zu suchen. Bei Black Metal Bands und Death Metal Bands kommt Toleranz ein bisschen dem Image in die Quere, die müssen ja fast Hass predigen (Lacht).

Ich hab aber noch nie bei einem Festival gesehen, dass ältere Menschen oder unter Anführungsstrichen anders geartete in welcher Ausführung auch immer, ob andere Hautfarbe, rosa T-Shirt oder auch nur von einem anderen Fußballverein, einander nicht Toleranz entgegenbringen. Im Gegenteil ich hab‘ sogar schon HSV- und Sankt Pauli Fans zusammen im Moshpit herumhüpfen gesehen (Lacht).

Da ist schon Toleranz geboten und wird auch gelebt, allerdings ist auch ein gehöriges Maß an Intoleranz in der Metal Szene. Den verschiedenen Stilen gegenüber. Das finde ich auch gar nicht so negativ. Warum soll jetzt ein Death Metaller irgendwelchen schwülstigen Power Metal cool finden. Das ist dann schon so zur Abgrenzung auch ein bisschen wichtig, dass man rein künstlerisch nicht zu tolerant ist (Lacht).

Wie wir ja gestern auch schon drüber geredet haben, ist Metal halt auch eine Weltmusik. Intoleranz im Sinne von Nationalismen, hat im Metal keine Chance.

Werte

Maik: Ja, das verbinde ich bei der Metalszene – im positiven Sinne – mit konservativ sein. Wir sind als Band ja auch oft in der Hardcore oder Punk-Szene unterwegs. Und in diesen Szenen – das muss man ehrlich sagen – zählt ein Handschlag nicht so viel wie in der Metalszene. Wenn einem jemand was verspricht, ist die Chance, dass er es hält, sehr groß.

Das Image: Harte Jungs mit dem Herz am rechten Fleck, so schwülstig das ist, es stimmt schon irgendwie. Das trifft schon zu, ich kann das bestätigen. Wenn man Subkulturen miteinander vergleicht.

Ansonsten sind Werte in der Metalszene schon sehr pluralistisch, weil das halt auch eine bunt gemischte Gemeinde ist. Auch politisch sind da alle Anschauungen vertreten, natürlich gibt es da Grundwerte, auf die man sich einigt, aber ich seh‘ da schon einen ziemlich pluralistischen Wertekanon.

Da gibt es Leute, die wollen gar keine Veränderungen, wie zum Beispiel Manowar und dann gibt es Leute, die sind ständig auf der Suche nach dem neuesten Kick oder den neuesten Entwicklungen und sind offen für Neues. Die Offenheit ist der Wert nach dem man sich orientiert und nicht der Werteerhalt.

Das kann man, glaube ich, nicht so auf Werte festnageln, wenn man das jetzt auf gesellschaftlicher Ebene sieht.

Natürlich gibt’s auch Werte wie zum Beispiel, dass man niemals jemanden finden wird, der Motörhead scheiße findet, das ist klar. Aber das war ja in der Frage auch nicht gemeint.

Schwarz

Maik: Ja, da fällt mir laut Kunstleere „Schwarz ist keine Farbe“ ein. Da hab ich mal eine Polizeimeldung gehört – es ging um einen Diebstahl auf einem Festival – da wurde der Täter als langhaarig und dunkel bekleidet bezeichnet (Lacht). Das hätte ja wohl jeder sein können (Lacht)

Schwarz ist immer noch die Erkennungsfarbe. Ich kann mich erinnern, da haben Immortal in den 90er Jahren mal ein weißes T-Shirt rausgebracht, das hat schon für Aufregung gesorgt. Das ist ja heute nicht mehr so eng. Aber auch aus Bandsicht: Schwarz verkauft sich immer noch am besten. Sieht ja auch am besten aus (Lacht)

Rituale

Maik: Rituale im Metal, da gibt es auch viele Sachen, die ich affig finde. Bei Watain spritzen die mit Schweineblut rum oder setzen Tierkadaver für die Show ein und so ein Mist. Die wollen da ein Möchtegernritual feiern, obwohl sie kulturgeschichtlich überhaupt keine Ahnung von Ritualen haben. Das finde ich dann schon ziemlich lächerlich und auch nicht amüsant, dafür Tiere zu missbrauchen.

Es ist auch so lächerlich bei Bands wie Heilung, wenn die Show einen Anstrich von Ritual haben soll, aber kulturgeschichtlich, völlig daneben liegt. Wenn man das jetzt menschheitsgeschichtlich oder kulturgeschichtlich betrachtet, welche Bedeutung Rituale hatten oder haben, dann hat das so ein Galileo Niveau (Lacht).

Wenn man das aber so macht wie Powerwolf, und aus Spaß so eine Art Metal-Gottesdienst feiert, dann finde ich das wieder cool.

Wenn das nicht so ernst gemeint ist, sondern mit einem Augenzwinkern, dann finde ich das cool. Aber wenn man todernst ein Ritual feiern will, dann empfinde ich das als absoluten Quatsch. Da muss ich mich immer ein bisschen kaputtlachen.

Ansonsten haben Metalshows schon ein bisschen liturgische Abläufe (Lacht). Das ist ja auch das, was Leute immer wieder hinzieht. Da treffen sich Leute jedes Jahr am selben Stand oder derselben Bude und trinken dasselbe Getränk und gehen um dieselbe Zeit zu der oder der Bühne, um dieselbe Band zu sehen, da hat schon jeder so sein eigenes Ritual, das an die Szene-Rituale angepasst ist.

Ernährung

Maik: Ist wichtig, um nicht zu verhungern (Lacht). Aber das kann ich mit dem Metal-Universum nicht so in Verbindung bringen. Außer dass bei manchen Festivals die Preise überteuert sind und einem schon ordentlich Geld aus der Tasche gezogen wird. Das ist ein sehr negativer Aspekt.

Für mich ist Ernährung besonders wichtig, weil es für mich eine Möglichkeit ist, die Welt besser zu machen. Mit der Art wie ich mich ernähre, aber das beziehe ich jetzt nicht so auf das Metal-Universum.

Das war der 3. Teil unserer Interviewserie mit Maik Weichert.

Und hier ist der Link zum ersten Teil.

Interview-Serie 2020 mit MAIK WEICHERT von HEAVEN SHALL BURN – TEIL 2.

Und Teil 4

Und hier könnt ihr unser Interview aus 2018 lesen.

Headerfoto: HSB_Press_Credits_Candy Welz

Lydia Dr. Polwin-Plass

Promovierte Journalistin und Texterin, spezialisiert auf die Themen Kultur, Wirtschaft, Marketing, Vertrieb, Bildung, Karriere, Arbeitsmarkt, Naturheilkunde und Alternativmedizin. Mehr über Dr. Lydia Polwin-Plass auf ihrer Website: http://www.text-und-journalismus.de