Interview mit Susanne Hallerbach von Metalheads4pets
InterviewsNews 7. Juli 2022 Lydia Dr. Polwin-Plass
Im Rahmen unserer Arbeiten am Buch „Wacken – Das perfekte Paralleluniversum. Was die Gesellschaft von Metalheads lernen kann“ haben wir mit Susanne Hallerbach von Metalheads4pets gesprochen. Sie hat uns erzählt, wie sich Metalheads für Tiere einsetzen und was sie konkret zum Tierschutz beitragen.
Hallo Susanne. Vielen Dank, dass du dir Zeit nimmst.
Könntest du dich kurz vorstellen und uns etwas über Metalheads4pets erzählen?
Susanne: Also, ich bin die Susanne. Letztes Jahr gab es ja durch den Lockdown keine Konzerte und keine Festivals. Als dann in den Sommerferien Lockerungen waren, durfte man hier in Rheinland-Pfalz private Veranstaltungen bis 75 Personen machen. Ich kam dann auf die Idee, weil wir ein 3000 m2 Grundstück haben, ein privates Treffen der Heavy Metal Fans Reisegruppe zu machen. Wir wollten einfach mal zusammen Bier trinken, geile Musik hören und uns mit netten Leuten unterhalten.
Insgesamt waren wir letztlich 30 Leute, von denen ich vorher genau 2 persönlich kannte. Ich bin seit 15 Jahren schon im Tierschutz tätig. Nach dem Treffen gab es dann noch einen Ableger der Heavy Metal Fans, nämlich die Heavy Metal Pets. Darin ging es zunächst um unsere eigenen Haustiere. Manche haben wir vom Züchter, manche vom Tierschutz. Und irgendwann schrieb der Alex in die Gruppe, dass er eigentlich gerne viel mehr tun würde. Als ich das gelesen hatte, habe ich ihm eine Privatnachricht geschrieben, dass ich da eine Idee hätte. Dann haben wir uns kurzgeschlossen und im Prinzip ist daraus Metalheads4pets entstanden. Metalheads4Pets e.V. Mit dem Verein können wir besser agieren und uns besser in der Öffentlichkeit präsentieren.
Seid ihr Veganer?
Susanne: Nein, wir essen bewusst Fleisch. Nicht jeden Tag. Wir kaufen unser Fleisch jetzt beim Dorfmetzger oder beim Bauern direkt. Ich esse bewusster Fleisch, aber dass ich im Tierschutz bin, heißt nicht, dass ich kein Fleisch mehr essen kann oder sollte.
Ich hatte auch selber längere Zeit einen Tierschutzverein gehabt. Da habe ich immer zu hören bekommen, ich müsse mich vegan ernähren. Das finde ich nicht. Ich muss mich bewusst ernähren. Auch beim Fleisch. Das heißt, wir kaufen halt kein Lidl-Fleisch. Nur qualitativ Hochwertiges.
Das ist auch das Schöne an unserer Heavy Metal Fans-Gruppe. Wir sind ungefähr 5.500 Mitglieder und da gibt es kein böses Wort. Ich hatte zum Beispiel gepostet, dass das neue Offspring-Album im April rauskommt und es gab keine blöden Kommentare, auch wenn Offspring nicht der typische Metal ist. Da sind Fans von so vielen verschiedenen Stilrichtungen drin und es gibt keine bösen Kommentare. Die einzigen bösen Kommentare kommen, wenn einer etwas über die Onkelz postet. Aber das ist ja so ein Dauerbrenner. Ich finde es aber schön, dass in dieser Gruppe so viele verschiedene Geschmäcker sind und sie einfach total tolerant ist.
Und der Zuspruch der Metalheads ist allgemein gut?
Susanne: Ja, total kooperativ. Die haben einen Riesenspaß daran generell zu helfen. Die sehen dann auch Berichte und Fotos von Damir oder aus Ungarn von unserer Zsuzsa (Tierheimleiterin), die uns immer Fotos und Kaufbelege schickt. Meistens lässt das Tierheim in Vackolo von unseren Geldern die Tiere kastrieren, was unheimlich wichtig ist. Sie hat aber auch mal einen Laster mit Kies bestellt, um im Innenhof die Löcher auffüllen zu können, die die Hunde gebuddelt haben. Auch neue Transportboxen und Futter wurden angeschafft. Sowohl Zsuzsa in Ungarn als auch Damit in Sarajevo sind unglaublich glücklich, dass sie unsere Unterstützung haben. Jetzt kommen sie auch mal an Sachen ran, an die sie vorher nicht rankamen.
Das Tierheim in Vackolo hatte, weil es außerhalb liegt, noch nicht einmal fließendes Wasser. Wir hatten vor 10 Jahren schon einmal ein Projekt mit einer Spendensammlung, um dort einen Brunnen bohren zu lassen. Mit einer Pumpe – so hatten sie endlich fließendes Wasser im Tierheim. Als vor Weihnachten dieser Brunnen kaputt war, haben wir eine Aktion mit den Metalheads4pets gemacht. So konnte der Brunnen repariert werden. Sonst wäre das bis heute nicht geschehen.
Es war uns auch wichtig, dass das Geld nicht nur ins Ausland fließt, sondern auch hier nach Deutschland. Hier bekommen deutsche Tierheime ja staatliche Unterstützung. Ein deutsches Tierheim wollen wir daher nicht unterstützen, aber es gibt so viele private Projekte, wie diese Wildtierhilfe, die es einfach auch nötig haben. Generell wollen wir aber global helfen. Sowohl in Deutschland, als auch im Ausland. Wir als Gruppe sind ja auch multikulturell. Genauso wollen wir auch helfen.
Diese Menschen gönnen sich selber gar nichts. Damir zum Beispiel kocht für seine Straßenhunde und bringt das dann an die Hotspots, wo die Hunde leben, und er selber ernährt sich von Tütensuppen. Wir selber haben auch einen Hund von ihm. Wir haben vor zwei Jahren einen Hund rüber geholt und wollten den eigentlich vermitteln. Der ist aber bei uns geblieben, weil wir ihn nicht mehr abgeben konnten. Das war schon nach einer Woche klar.
Damir verabschiedet jeden Hund, den er weggibt mit einem halben Hähnchen, was er sich selber aber nicht gönnt. Die Hunde werden schön sauber und frisch gemacht, bekommen ein neues Halsband und ein Roasted Chicken mit auf den Weg. Es ist ein tolles Gefühl Leute zu unterstützen, die ihr Leben voll und ganz dem Tierschutz und den Tieren gewidmet haben. Unsere Rolle, die unterstützen zu können erfüllt einen mit großer Zufriedenheit. Man weiß, dass das Geld da gut ankommt. Wenn ich einer riesigen Organisation mit einem riesigen Verwaltungswasserkopf Geld spende, weiß ich, dass ein großer Teil der Spende nicht da ankommt, wo es ankommen sollte. Wir dagegen bekommen jede Woche Bilder geschickt, was mit dem Geld gemacht wurde. Die Hündin, die wir zuletzt rüber geholt hatten, hatte der Damir damals vor der Tötung gerettet hat. In Bosnien werden oft Hunde von der Straße eingefangen und in die Tötung gebracht. Unseren Patenhund, die Abby, hatte er gerettet und wir hatten alle Kosten für diesen Hund übernommen, die dadurch anfallen. Die Abby saß dann ein Jahr lang in einer Pension, wo die Tiere gefüttert und auch ganz gut gehalten werden, aber keine Familie haben. Das ist wie ein kleineres Tierheim, wo die Tiere verwahrt werden. Unser Ziel war aber, dass wir eine gute Familie für diesen Hund wollten. Susanne sagte dann, dass sie eine zertifizierte Pflegestelle hätte und dass Abby nach Deutschland geholt werden könnte. Sie wollte sie dann zu sich nehmen und dann wollten wir sie vermitteln.
Wir haben dann aber in der Gruppe Meilen für den Transport und gesammelt. Das hatten alles die Gruppenmitglieder in einer Aktion bezahlt. Das war wirklich eine komplette Gruppenarbeit. Ich hatte schon viele Pflegehunde und ich habe auch jede Erlaubnis, die man braucht. Ich darf auch Tiere aus dem Ausland transportieren. Ich habe einen Transportschein nach §11 Tierschutzgesetz. Ich bin vom Veterinäramt als Pflegestelle anerkannt und darf Hunde sogar vermitteln.
Als wir die Aktion in der Metalheads4pets Gruppe dann bekanntgegeben hatten, ging es da richtig ab. Ich habe eine Graphik erstellt und jeder konnte dann Kilometer kaufen oder spenden. In der Graphik konnte dann jeder nachverfolgen, wo sich Abby gemäß den Spenden befand. Die Mitglieder hatten einen riesigen Spaß daran. Als sie dann da war, haben wir natürlich jeden Tag Bilder gepostet.
Wie seid ihr eigentlich an die beiden Projekte in Vackolo (Ungarn) und Sarajevo gekommen? Kanntet ihr die vorher schon?
Susanne: Ich unterstütze das Tierheim in Vackolo bei Veszprem jetzt schon seit 15 Jahren. Ich fahre Spendentransporte dorthin. In den letzten drei Jahren ist das weniger geworden, weil ich selber in das Reisebussegment gewechselt habe. Aber immer, wenn ich kann, fahre ich selber rüber. Meist über mehrere Tage. Dann mache ich Fotos von den Hunden und stelle die in den Verteiler an die ganzen Vereine, die Zsuzsa‘s Hunde vermitteln. Ich gucke mir die Tiere an und schreibe Profile dazu. Wie der Hund tickt und welche Macken er hat. So haben die Vereine es leichter die Hunde zu vermitteln. So stelle ich den Kontakt zwischen Ungarn und Deutschland her. Für die Spendentransporte habe ich zudem die großen Führerscheine, um große Fahrzeuge zu fahren, wo auch viel reinpasst. Es wird ja immer viel gesammelt, wie Futter, Decken und was die da so brauchen. Die Zsuzsa ist genauso selbstlos, wie der Damir in Sarajevo. Sie isst lieber selber nichts, bevor die Hunde hungern. Sie ist übrigens Veganerin und freut sich immer, wenn ich ihr aus Deutschland ein Paket mit veganen Lebensmitteln mitbringe. In Ungarn kriegt man sowas nicht so gut. Meine zwei Hunde sind von dort und ich habe schon ganz viele Pflegehunde von dort gehabt. Dieses Projekt liegt mir total am Herzen.
Ich finde es auch total toll, wie sowas mit den Metalheads läuft. Die ticken genau richtig. Die packen es an, die wollen helfen, aber sich nicht profilieren. Das ist einfach eine andere Sorte Mensch: Harte Schale, weicher Kern.
Bei mir fing es mit Ungarn dadurch an, dass ein damaliger Busfahrerkollege, der schon lange im Tierschutz tätig war, zu diesem Tierheim fahren wollte. Dem war ein Fahrer für einen Spendentransport abgesprungen und er brauchte dringend noch einen zweiten Fahrer. Er fragte mich ob ich Lust hätte und so bin ich dann nach Ungarn mitgefahren.
Man darf sich das Tierheim jetzt aber nicht wie in Deutschland vorstellen. Dort gab es Schotter, Zäune und 300 Hunde. Bei meinem ersten Besuch habe ich einfach nur Rotz und Wasser geheult. Da war mir direkt klar: Das war nicht mein letzter Besuch und ich will helfen. In Ungarn bekommen die Tierheime auch keinerlei staatliche Unterstützung. Zsuzsa ist komplett auf Spenden angewiesen. Da glücklicherweise Tötungsstationen in Ungarn verboten sind, liefert das Ordnungsamt in Ungarn aber alle Hunde von der Straße oder aus schlechter Haltung bei den Tierheimen ab. Ich selber musste miterleben, als wir dort ein Messi-Haus geräumt haben – mit 73 Tieren. Wir sind im Vollschutz und mit Maske über Knochen und Tierkadaver gelaufen, um die noch lebenden Tiere rauszuholen. Die Besitzerin wurde damals zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Das war das erste Mal in Ungarn, da gerade erst die neuen Gesetze herausgekommen waren. Mittlerweile gilt auch eine Chip-Pflicht. Es hält sich nur niemand dran.
Mittlerweile schockiert mich gar nichts mehr. Der Mensch ist eine Bestie. Dabei sind die Menschen, von denen die Leute denken, dass sie Bestien seinen, die angeblich nur saufen, versifft sind, und nix arbeiten – nämlich die Metalheads – die allerbesten. Die wohnen in abgezahlten Einfamilienhäusern mit Blümchen im Garten. Das Klischeedenken der breiten Masse über die Metalheads kann ich ganz und gar nicht nachvollziehen.
Warst du schon mal auf dem Wacken Open Air?
Susanne: Mein erstes Wacken war 1996. Das war das berühmte Wacken mit den Onkelz. Ich war zu der Zeit der absolute Onkelz-Fan und wir sind denen damals deutschlandweit hinterhergefahren. Und so kam ich auf mein erstes Wacken. Zum Glück war das damals der Durchbruch, so dass ich immer noch nach Wacken fahre. Letztes Jahr leider nicht. Dieses Jahr vielleicht auch nicht. Gerade wurde ja das Hellfest abgesagt, da wird das W:O:A wahrscheinlich auch noch abgesagt.
1996 waren es etwa 8.000 oder 9.000 Leute. Da war es sehr kuschelig. Dagegen gab es 2019 zum 30-jährigen Jubiläum 75.000 Besucher offiziell. Tatsächlich waren es ja etliche mehr. Und trotzdem war es immer noch sehr familiär und kuschelig. Ich liebe es einfach. Mein Mann und ich fahren altersgerecht schön mit dem Wohnmobil hin. Auf „Y“.
Habt ihr bei den Wacken Open Air Veranstaltern mal nachgefragt, ob sie euch unterstützen?
Susanne: Nein, ich habe schon mal drüber nachgedacht. Ich hatte auch schon mal dran gedacht, bei der Wacken Facebook-Gruppe und der Wacken2.0-Gruppe nachzufragen, ob ich da ein bisschen Werbung für uns machen darf. Ich habe es aber noch nicht getan. Es steht auf jeden Fall auf meiner To-Do-Liste. Da steht zum Beispiel auch drauf, dass ich unseren Metalheads4pets-Shop endlich mal richtig bestücken muss. Wir suchen auch immer Unterstützung.
Vielen Dank für das nette Interview.
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Wir würden uns sehr freuen.
Vielen lieben Dank für euren Support.
Lydia Dr. Polwin-Plass
Promovierte Journalistin und Texterin, spezialisiert auf die Themen Kultur, Wirtschaft, Marketing, Vertrieb, Bildung, Karriere, Arbeitsmarkt, Naturheilkunde und Alternativmedizin. Mehr über Dr. Lydia Polwin-Plass auf ihrer Website: http://www.text-und-journalismus.de