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Interview mit Herbie Langhans (Firewind, Avantasia, Radiant, Sonic Haven, Beyond the Bridge, etc) – TEIL 6 / letzter Teil Interview mit Herbie Langhans (Firewind, Avantasia, Radiant, Sonic Haven, Beyond the Bridge, etc) – TEIL 6 / letzter Teil
Das ist nun der 6. Teil und letzte Teil des 2-stündigen Interviews, das wir vor einigen Tagen mit Herbie Langhans geführt haben. Im nachfolgenden... Interview mit Herbie Langhans (Firewind, Avantasia, Radiant, Sonic Haven, Beyond the Bridge, etc) – TEIL 6 / letzter Teil

Das ist nun der 6. Teil und letzte Teil des 2-stündigen Interviews, das wir vor einigen Tagen mit Herbie Langhans geführt haben. Im nachfolgenden Teil erzählt Herbie unter anderem was er im Auto hört, wie die Pläne mit AVANTASIA, RADIANT, FIREWIND und Herbies anderen Projekten aussehen und wie er mit dem Corona-Shutdown umgeht.

Hast du ein bestimmtes Erlebnis, wo du diese Empathie selber erlebt hast?

Herbie: Das weiß ich jetzt gar nicht so genau. Es gab bestimmt viele kleine Geschichten. Angefangen damit, dass, wenn sie merken, dass meine Frau nichts sehen kann, weil sie kleiner ist. Dass sie dann zur Seite gehen oder sie nach vorne nehmen. Die Leute sind da einfach sensibler. Da wird halt aufeinander geachtet. Und das ohne viele Worte. Aber ein spezielles Erlebnis habe ich jetzt gerade nicht im Kopf. Vielleicht fällt mir später noch etwas ein.

Vorletztes Jahr, als wir noch in Braunschweig gewohnt haben, sind wir auch mal bei doofem Wetter meiner Tochter zuliebe auf diesen Schützenfestumzug gegangen. In Braunschweig ist das ja einer der größten Schützenfestumzüge in Deutschland. Da war halt mieses Wetter und ich hatte ziemlich bereut, dass ich da hingegangen bin. Da gab es ab Mittag auch schon die ersten absoluten Alkoholleichen. Und da gibt es schon ein ganz anderes Verhalten. Da stehen die ganzen Leute und warten auf die Wagen. Und nebenan liegt die ganze Zeit einer im Dreck und kann nicht aufstehen und fällt jedes Mal wieder hin. Und keiner reagiert so richtig. Bis wir ihn dann ein bisschen zur Seite und in einen Laden geholfen haben, bis dann ein Krankenwagen kam. Aber das hatte die Leute überhaupt nicht interessiert.

Sowas würde es auf Festivals auch nicht geben. Wenn ich merke, dass jemand total voll ist, dann sehe ich doch zu, dass ich den wenigstens etwas in Sicherheit bringe, wo er sich nicht noch irgendwie verletzen kann. Aber in der Stadt ist das immer so. Wenn da einer in der Fußgängerzone liegt, mit einem aufgeschlagenen Kopf vielleicht sogar, da würde jeder dran vorbeilaufen. Die fassen den gar nicht an.

Den Kontrast kann man auch auf Mallorca erleben, wo neben der wilden Partymeile eine Metal-Kneipe als „Oase der Ruhe“ zu finden ist.

Herbie: Da hast du sicherlich Recht. Die anderen Leute denken immer, dass die Metal-Fans und die Rocker die Wilden, die Düsteren oder die Finsteren sind. Aber in Wirklichkeit findest du dort eine Oase, wo man reinflüchten kann, weil da die normalen Menschen sind. Die ganzen Anderen, die auf die immer schimpfen und die als komisch empfinden, das sind eigentlich die ganzen Vollpfosten, die sich nicht zu benehmen wissen.

Das gilt auch international und unabhängig von Größe, Hautfarbe oder Haarlänge.

Herbie: Das ist ja gerade auf dem Wacken Open Air so, dass du bei der Hälfte der Leute, wenn du sie im normalen Leben treffen würdest, nie denken würdest, dass die auf´s Wacken gehen würden. Dass die überhaupt solche Musik hören, wenn die bei der Sparkasse hinterm Tresen stehen. Das sind eben lalle ganz normale Menschen, die pflegen nur einen herzlicheren Umgang und hören härtere Musik. Da ist auch der Akademiker-Anteil sehr hoch. Das sind dann wohl die Festivals für die schlauen Leute. Da schaltet man halt den Kopf beim Hören nicht ab. Nicht wie bei anderer Musik. Da ist man halt dabei. Da ist man ein Teil davon, wenn man richtig leidenschaftlich Musik hört.

Das können natürlich auch andere Musikstile sein. Aber das Meiste ist mittlerweile nur noch ein Berieseln-lassen. Ich sehe das auch bei meinen Kids, der neuen Generation. Die haben ihre Playlist. Aber was jetzt wirklich von wem ist, das wissen die teilweise gar nicht mehr. Das läuft halt so durch. Wobei meine Tochter jetzt einen 80er Touch entwickelt. Klamottenmäßig sah sie schon immer so aus. Aber sie hört gerade total gerne 70er/80er-Mixe, obwohl sie gerade 14 ist. Ohne, dass ich da groß irgendwas zu beigetragen habe. Ein bisschen ist es wohl doch in den Genen verwurzelt. (Lacht) Mein Sohn hört dagegen die ganze Hip Hop-Schiene, wo ich denke: „Im Ernst? Schon wieder zehn „Schnitten“ und drei Mercedes?“ Früher, als die Kinder noch klein waren, hatten meine Frau und ich bei Autofahrten immer die feste Regel: Wir hören keine Kindermusik, sondern ganz normale Musik, die ich sonst auch höre. Besonders bei langen Strecken wäre ich sonst durchgedreht. Ich selber höre jetzt mittlerweile auch gar nicht mehr so viele Alben durch. Aber grundsätzlich muss ich beim Autofahren entspannt sein. Und das würde mich eher aufregen, wenn ich die ganze Zeit so ein Kindergedudel hören würde (Lacht)

Was hörst Du gerade im Auto?

Herbie: Oh, ich habe eine Festplatte drin und dadurch, dass ich gar nicht mehr so wahnsinnig viel Auto fahre, höre ich gar nicht mehr so viel. Früher habe ich total viel im Auto gehört. Da bestand mein Tag darin, mindestens eine halbe oder Dreiviertelstunde zur Arbeit hin und wieder zurückzufahren. Da habe ich natürlich sehr viel Musik gehört. Aber so die letzten Jahre, was habe ich denn mal so an vernünftigen Sachen gekauft?

Die letzten Jahre waren tatsächlich so voll mit Musik, dass ich meist immer damit beschäftigt war, Songs zu hören, die ich lernen musste. Das letzte Jahr habe ich fast nur Avantasia gehört, weil ich ständig auf den Autofahrten Texte gelernt habe. Das war eigentlich immer ganz gut, dass ich die Autofahrt immer zum Lernen nutzen konnte. Selbst in den Mittagspausen bin ich immer raus, habe mich irgendwo auf den Parkplatz gestellt und habe Songs gelernt. Irgendwo ist man natürlich froh, wenn die Tour vorbei ist und man irgendwann kein Avantasia mehr hören muss. Ich habe ein halbes Jahr davor nur Avantasia gehört und dann habe ich auf der Tour nur Avantasia gehört. Irgendwann kann man es zwar nicht mehr hören, aber auch das ist dann irgendwann wieder gut.

Also, tatsächlich habe ich immer ganz viel Zeit genutzt, um Songs zu lernen oder Songs zu schreiben oder Mixe durchzuhören. Irgendwann bin ich dann, obwohl ich das nie gedacht hätte, dazu übergegangen Radio zu hören, weil ich einfach mal nicht denken wollte beim Musikhören. Aber eigentlich höre ich privat ehrlich gesagt kaum Metal. Da höre ich dann eher mal ein paar schöne Rock-Sachen und ein paar ältere Sachen. Zum Beispiel Runrig. Oder jetzt habe ich mir die ganzen Oliver Hartmann-Sachen angehört. Die lassen sich auch sehr gut durchhören, ohne dass es einem weh tut. Das ist ja auch so angenehmer Rock. Der Olli hat eh so eine angenehme Stimme. Oder ältere Toto-Scheiben. Oder Foreigner. Oder auch so etwas wie Mighty Oaks. Das ist was ganz Ruhiges aus Berlin. Mehr so Richtung Akustik-Pop-Rock. Ganz gemütlich. Also was ganz Anderes.

Früher habe ich im Auto fast immer nur Platten, also ganze CDs in Einem durchgehört. Und je nachdem wieviel man gerade zu tun hat, hat man auch gar keine Lust dann etwas Anderes zu hören. Manchmal ist man froh, wenn’s mal leise ist. Und wenn es dann lange genug leise war, hat man auch wieder Lust Musik zu hören. Jetzt gerade fällt das auch alles etwas von mir ab. Es kommen keine Konzerte. Vielleicht kommen noch ein paar zum Ende des Jahres, wobei man immer noch nicht weiß, ob die stattfinden. Jetzt, wo ich keine größeren Produktionen mehr habe, kann ich mich auch mal wieder auf Musik einlassen. Vielleicht kaufe ich mir auch mal was Neues.

Was steht denn bei dir als nächstes an? Hast du eine neue Scheibe in Planung? Ist eine neue Avantasia am Horizont zu erkennen?

Herbie: Also, an Avantasia wird sowieso rumgeschraubt. Da gibt es wohl schon einige Songs und Tobi (Sammet) ist am Basteln. Da gab es letztes Jahr auch schon die ersten vorproduzierten Sachen. Ich weiß gar nicht, ob dann nächstes Jahr schon die neue Platte rauskommt. Ich bin da gar nicht so wahnsinnig involviert. Wie die Meisten eigentlich. Wenn es dann wieder soweit ist und die Scheibe in die Endzüge kommt, dann kann ich wieder die Backings drauf machen. Bei Avantasia ist es irgendwie immer so, dass man irgendwann die Tourdaten bekommt und denkt: „Ah, ok, wir gehen also wieder auf Tour.“(Lacht)

Die neue Firewind-Scheibe „Firewind“ ist euch wirklich enorm gut gelungen.

Herbie: Die ist auch schön abwechslungsreich. Hätten sie mich heute mit der Musik gefragt, die sie vor 20 Jahren gespielt haben, hätte ich wahrscheinlich gezögert. Aber Firewind haben sich auch weiterentwickelt und gerade auf diesem Album jetzt haben sie eine schöne Vielschichtigkeit. Und das mag ich auch total gerne. Ich hätte ehrlich gesagt jetzt keine Lust auf so eine klassische Melodic Speed Metal Band, die einfach ziemlich viel durchballert.

Aber dieses Album finde ich halt so richtig schön abwechslungsreich. Und in diesem Stil wollen wir auch bleiben. Man merkt ja auch, dass es bei den Leuten gut ankommt. Und selbst die Verkaufszahlen, obwohl es keine Tour dazu gibt, sind verdammt gut. Sogar besser als erwartet. Als ich die ersten Songs gehört habe, hat mir das auch direkt gut gefallen. Das geht halt in die Hardrock-Richtung. Ein bisschen Oldschool. Da hat man hier und da wieder ein bisschen 80er-Touch reingebracht. „Space Cowboy“ zum Beispiel, das eher so Richtung 80er-Rock geht. Ich finde das Album eine richtig schöne Scheibe und hoffe, dass wir sie bald live spielen.

Gibt es bei deinen anderen Projekten, wie Radiant etwas in der Planung?

Herbie: Also bei Radiant gibt es schon ein paar Song-Ideen, die wir auch vor Längerem schon im Proberaum zusammengejamt haben. Aber dann kam ja überall wieder Corona dazwischen, so dass man sich auch nicht zu den Proben treffen durfte und sollte. Das haben wir bisher auch immer alles eingehalten. Wir hoffen natürlich, dass wir uns irgendwann wieder im Proberaum treffen können. Also, wir haben jetzt keinen eigenen Proberaum. Wir würden uns dann hier in Hannover einen anmieten, damit wir mal wieder ein bisschen an Ideen basteln können.

Radiant ist halt wirklich so eine Band, die nur gemeinsam im Proberaum funktioniert. Ich arrangiere und produziere zwar Einiges, wenn es in Richtung Album geht, aber zu den Grundideen kann jeder seinen Senf beisteuern. Bei anderen Bands, wie zum Beispiel Sonic Haven war es von Anfang an klar, dass es eine einfache Struktur hat. Dass ich die meisten Songs schreibe, jeder bei sich die Songs aufnimmt und dabei seinen kreativen Input reinbringen kann. Aber ansonsten ist das eine recht einfache, gut aufgeteilte Struktur und jeder kann gut damit arbeiten.

Bei Radiant funktioniert das so nicht. Das ist halt eine Oldschool-Band. Die muss im Proberaum bei einer Kiste Bier funktionieren. Insofern wollen wir also zusehen, dass wir uns endlich wieder treffen können. Eigentlich wollte ich jetzt schon längst anfangen mit der nächste Scheibe mit Radiant weiterzumachen. Aber dazu müssen wir uns jetzt endlich mal wieder treffen können. Und dann würde ich das Ding auch direkt hinterherballern, weil das jetzt auch wieder ein paar Monate dauern wird, bis wir da alles am Start haben. Da hätte ich echt gerne nächstes Jahr eine neue Scheibe.

Bei den ganzen Projekten, die du hast, ist ein normaler Job gar nicht denkbar, oder?

Herbie: Hätte ich meinen Job behalten und wäre nach der Avantasia-Tour direkt zurück ins normale Arbeitsleben gegangen, dann hätte ich sowas wie Firewind gar nicht zusagen können. Das hätte gar nicht funktioniert. Dadurch, dass ich alles auf eine Karte gesetzt habe, ergeben sind auf einmal Dinge – auch finanziell, hier und da. Ich denke immer, Hauptsache die nächsten zwei, drei Monate sind safe, was jetzt in der Corona-Zeit natürlich schwieriger wird. Aber da bin ich einigermaßen entspannt.

Aber wenn es dann doch irgendwann immer enger wird, was machst du denn dann? Gerade jetzt, wo die ganzen Konzerte wegfallen. Das sind ja gut 15.000 bis 20.000 Euro, die alleine durch Konzerte wegfallen. Das ist ja immer das, worüber sich die ganzen Saisonselbstständigen den Puffer anschaffen müssen, um danach wieder an anderen Sachen arbeiten zu können, wofür es erst einmal kein Geld gibt. Das ist halt nicht so, dass man jeden Monat zum Ersten sein Geld kriegt. Aber wie gesagt, im Moment ist noch alles cool. Irgendwie ergibt sich auch immer wieder was. Letztes Jahr habe ich noch gedacht, wie ich das bis zur Firewind-Tour in April/Mai finanziell hinbekomme. Jetzt ist Juli und es ist immer noch gut. Irgendwie funktioniert es. Jetzt muss ich noch gucken, dass ich das mit dem Vocal-Coach etwas verstärke. Jetzt habe ich die Zeit das aufzubauen. Das wäre auch nicht gegangen, wenn die ganzen Konzerte, Festivals und Touren gewesen wären. Dann kann ich das jetzt aufbauen. Ich hatte letztes Jahr eine Ausbildung als Vocal-Coach angefangen, weil ich das nebenbei machen wollte. Jetzt, wo ich die Zeit habe und selbstständig bin, versuche ich all das parallel anzugehen. So versuche ich halt nach der Ausbildung die Lücke, die jetzt da ist, damit zu füllen. Das ist aber alles cooler als jeden Morgen um halb Sieben aus dem Haus zu müssen (lacht)

Dabei war ich gestern tatsächlich mal 100 km mit dem Auto in Hannover unterwegs, weil ich überall Flyer und Plakate verteilt habe. Bei allen möglichen REWE oder Penny-Märkten. Von Kunde zu Kunde. Musikgeschäfte und alles Mögliche. Früher habe ich während meines Jobs immer gedacht, dass ich doch als Musiker auch so viel Geld verdienen könnte, wenn ich mal ein halbes oder ein ganzes Jahr dafür hätte alles aufzubauen. Dann könnte ich wissen, ob das klappt oder nicht. Aber sowas traut man sich mit Familie ja nicht. Aber als dann die Tour kam und wir privat auch noch guten finanziellen Background hatten und wir sowieso umziehen wollten, habe ich gesagt: Wenn ich jetzt nicht anfange das zu starten, wann dann? Jetzt ist die beste Möglichkeit.

Ich könnte aber auch jederzeit in meinen Job zurück. Da habe ich alle notwendigen Qualifikationen, die man so braucht. Im sozialen Bereich finde ich immer wieder einen Job. Da hätte ich keinerlei Probleme. Aber das will ich ja gar nicht. Ich finde es derzeit viel spannender als Musiker zu überleben, um dann rückwirkend zu sehen, dass das wirklich geht. Im Moment sieht alles gut aus. Ich bin sehr zufrieden mit meinem Leben, wie es derzeit ist. Besser war es nie. Beständigkeit setzt sich durch. Hätte ich wegen des Geldes Musik gemacht, hätte ich schon vor 15 Jahren aufgehört. Man muss halt die Leidenschaft dafür haben. Dass es lange nicht um Geld geht, sondern man immer nur reinbuttert, ist auch klar. Und viel Zeit. Aber wenn man etwas hat, wofür man brennt, kann sich das auch irgendwann mal auszahlen. Und wenn es dann nur für den Spaß gewesen ist, ist das besser, als keinen Spaß zu haben.

Vielen Dank für das nette Interview.

Lest in den nächsten Tagen Teil 3 der 6-teiligen Interviewserie mit Herbie Langhans auf METALOGY.

Hier der bereits veröffentlichte 1. Teil.

Und hier Teil 2.

Und Teil 3.

Und Teil 4

Und Teil 5

https://metalogy.de/interview-mit-herbie-langhans-firewind-avantasia-radiant-sonic-haven-beyond-the-bridge-etc-teil-1/

Und hier unser Interview aus 2018.

https://metalogy.de/interview-mit-herbie-langhans-saenger-bei-beyond-bridge-sinbreed-und-ryffhuntr/

 

Lydia Dr. Polwin-Plass

Promovierte Journalistin und Texterin, spezialisiert auf die Themen Kultur, Wirtschaft, Marketing, Vertrieb, Bildung, Karriere, Arbeitsmarkt, Naturheilkunde und Alternativmedizin. Mehr über Dr. Lydia Polwin-Plass auf ihrer Website: http://www.text-und-journalismus.de