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Interview mit Herbie Langhans (Firewind, Avantasia, Radiant, Sonic Haven, Beyond the Bridge, etc.) – TEIL 5 /vorletzter Teil Interview mit Herbie Langhans (Firewind, Avantasia, Radiant, Sonic Haven, Beyond the Bridge, etc.) – TEIL 5 /vorletzter Teil
Das ist bereits der 5. und damit der vorletzte Teil des 2-stündigen Interviews, das Lydia und Michael von Metalogy vor ein paar Tagen mit... Interview mit Herbie Langhans (Firewind, Avantasia, Radiant, Sonic Haven, Beyond the Bridge, etc.) – TEIL 5 /vorletzter Teil

Das ist bereits der 5. und damit der vorletzte Teil des 2-stündigen Interviews, das Lydia und Michael von Metalogy vor ein paar Tagen mit Herbie Langhans geführt haben. Im nachfolgenden Teil erzählt Herbie unter anderem was er von Menschen hält, die „sich selbst am nächsten sind“, Egoismus in der „normalen“ Welt, die Empathie der Metalheads und welche Sorgen ihm der Zustand der Welt bereitet.

Denkst du. dass die Welt von der Metalszene was lernen kann?

Herbie: Auf jeden Fall. Ehrlichkeit, Beständigkeit, Toleranz. Auch mal bei einer Sache zu bleiben. Ich kenne so viele Fans, die langlebige Fans sind. Die sind nicht heute hier und morgen da. Die gehen nicht nach Trends und lassen sich nicht vom Angebot, das es überall gibt, berieseln. Die sind halt treu. Selbst jetzt in der CORONA-Zeit wo viele Bands ihre Shows canceln müssen. Da sagen die Fans, dass die Band das Geld behalten soll. Die sagen: „Ihr habt ja einen viel größeren Schaden als ich mit meiner 45-Euro-Eintrittskarte.“ Da soll die Band das Geld behalten, weil sie es dringender braucht. Und das gibt es in ganz großem Stil. Von der Toleranz und vom Für-einander-da-sein können sicherlich viele etwas lernen.

Wie siehst du den Zustand der Welt im Moment? Was findest du daran besorgniserregend?

Herbie: Wäre der Mensch nicht da, wäre die Erde ein wunderschöner Planet. Ich weiß gar nicht, wie dieses Jahr der Stand ist, aber im letzten Jahr hatten wir bereits im April oder Mai die kompletten Ressourcen für das Jahr aufgebraucht, die wir benötigen, damit der Planet sich wieder regenerieren kann. Das Erschreckende ist, dass das jedes Jahr einen Monat früher der Fall ist. Wir nehmen uns viel mehr als der Planet überhaupt erzeugen kann. Da geht es nicht nur um die Polkappen oder das Klima, sondern um Nahrung, Tiere, Natur, Regenwälder. Wir machen die Erde ja kaputt. Und alles nur aus finanziellen Gründen, um den Markt zu überfluten mit Nahrung, Klamotten, Autos und sonst was. Das ist ein total gefährlicher Trend. In den letzten 100 Jahren gab es natürlich eine ungeheure Entwicklung, zum Mond fliegen zum Beispiel, aber genauso haben wir den Planeten in den letzten 100 Jahren kaputt gemacht. Und das ist für mich total erschreckend.

Ich schaue auf Netflix immer gerne eine Serie, die nennt sich „Unser Planet“. Da gibt es ganz tolle Tieraufnahmen. Wenn man sich da eine Stadt wie Tschernobyl anschaut, ist es erstaunlich, wie sich die Natur die Stadt zurückgeholt hat. Da ist alles mittlerweile komplett eingewachsen. Eigentlich müsste man sagen: Lasst einen bestimmten Bereich mal für ein paar Jahre in Ruhe und sich erholen. Die Natur kann das ja. Aber wenn wir unsere Ressourcen schon nach vier Monaten aufgebraucht haben, wo soll es denn dann herkommen?

Es wird ja immer schlimmer. Es wird über die Jahre ja immer krasser werden. Man denkt ja immer, dass man selber nichts machen kann. Aber für mich fängt es ja damit an, dass man selber kein Arsch ist. Dass ich den Müll nicht in die Gegend schmeiße. Dass ich aufpasse, dass ich möglichst gute Sachen kaufe, besonders bei den Klamotten. Ich war noch nie in diesem Laden mit den verseuchten Klamotten. Wie hieß der noch? Ah, ja, Primark. Da war ich noch nie drin und es regt mich auf, wenn ich die Leute mit ihrer Wegwerfmode und ihren großen Tüten sehe. Wie kann man denn ein T-Shirt für 2 Euro herstellen? Wer gewinnt denn da? Die Natur nicht. Für die Herstellung von einem T-Shirt werden 200-300 Liter Wasser benötigt. Für EIN T-Shirt. Sowas finde ich ganz widerlich. Da kaufe ich mir lieber weniger Klamotten, aber dafür kaufe ich dann Fairtrade-Klamotten oder so.

Läden mit fairen Produkten besuchen wir auch ganz gerne. In Braunschweig hatten wir damals einen, aber hier haben wir jetzt noch keinen gefunden. Aber auch hier gibt es natürlich Läden, die Fairtrade-Klamotten haben. Ich habe Jeans, da habe ich lebenslange Garantie drauf. In so einem Fairtrade-Laden bekommst du halt auch ein bisschen mehr. Da ist keine Chemie drin. Die Firma heißt Nudie. Die machen ganz faire Klamotten und Jeans. Die sagen, dass du in jeder Filiale weltweit auf die Jeans lebenslange Garantie hast, egal, was passiert. Bisher ist mit der Hose auch noch nichts passiert.

Bevor man sein T-Shirt wäscht, kauft man halt ein neues. Das ist halt diese Wegwerfmode, die gerade ganz groß ist. Man weiß ja auch von großen Läden, wie H&M und vieler andere, dass die dieselben Billigsachen dann noch als teure Markenklamotten verkaufen. Stattdessen sollte man lieber in guten Secondhand-Läden, wie es sie in vielen Großstädten gibt, einkaufen. Man sollte die Klamotten öfter benutzen und verkaufen. Die sind dann ja nicht schlecht oder giftig oder ekelig, nur weil die mal einer anhatte. Die werden dann ordentlich gewaschen und dann ist es gut. Die sind teilweise sauberer als die Klamotten, die man bei Primark kauft. Die müssen sie mit Handschuhen zusammenlegen, weil sie sonst Ausschläge an den Händen kriegen, wenn sie den ganzen Tag die noch nicht ganz ausgewaschene Chemie falten.

Zum Glück sind meine Frau und ich ähnlich, denn wir hassen beide Shoppen. Wir gehen dann nur los, wenn wir wirklich mal was brauchen. Ich finde das ganz furchtbar shoppen zu gehen. Baumärkte mag ich da lieber. Ich habe deshalb auch Hosen, die ich schon seit sieben, acht Jahren trage. Ich bin nur ein T-Shirt-Freak, aber selbst da habe ich nicht wahnsinnig viele. Andere haben ganze Schränke voll mit T-Shirts. Aber ich mag halt am liebsten T-Shirts. Deswegen mag ich auch den Sommer so gerne. Ich hasse Pullis. Aber ich liebe T-Shirts und davon kaufe ich mir dann auch mal zwei, drei oder mehr. Aber selbst da kaufe ich nicht so viele. Das ist für mich aber genau wie bei Fleisch oder bei Wein. Ich würde auch keinen Wein für zwei Euro kaufen. Das fände ich halt auch komisch, weil ich ja weiß, dass das was da drin ist, kein richtiger Wein ist. Da ist alles Mögliche drin, vom Kühlmittel bis zu irgendwelchen Chemikalien und Farbstoffen. Dann brauche ich mir das auch nicht zu kaufen. Dann kann ich auch Grillanzünder trinken, wenn ich mich einfach nur wegschießen will.

Oder Desinfektionsmittel.

Herbie: Ja, es gibt ja jetzt langsam wieder welches. Und jetzt haben wir auch endlich wieder Klopapier im Überfluss in den Supermärkten. Wobei die ganze Bevölkerung ja noch eingedeckt ist mit ihren Klorollen zuhause. Das war Wahnsinn. Dabei gab es zu keiner Zeit irgendeine Ansage, dass es nicht mehr möglich sein wird in Supermärkte zu gehen oder, dass nichts mehr nachkommt. Die Leute sind einfach total durchgedreht. Wir sind einfach nach wie vor alle zwei, drei Tage einkaufen gegangen und haben so unsere ein, zwei Taschen gekauft. Und wir haben trotzdem immer alles gekriegt. Bis auf bestimmte Sachen natürlich, wenn alle ihre zwanzig Packungen Nudeln gekauft haben und sich nachher zwei Monate lang nur noch von Klopapier und Nudeln ernährt haben. Oder, dass alle plötzlich Bäcker sind und zuhause kiloweise Mehl haben, wo jetzt mittlerweile überall die Mehlwürmer drin sind und alles weggeschmissen werden muss. Der Postillion hat kurz darauf auch die 10 besten Rezepte für Klopapier und Nudeln rausgebracht. Aber Panikmache funktioniert irgendwie immer. Da lassen sich die Leute immer mitreißen.

In solch einer Zeit zeigt sich auch ganz schnell bei bestimmten Menschengruppen, wer mehr nach dem Prinzip handelt: Ich bin mir selber der Nächste. Da ist denen völlig egal, ob die alte Frau hinter ihnen noch eine Dosensuppe abkriegt und nehmen einfach die dreißig, die gerade da sind. Ich habe damals gedacht, und wenn man selbst nicht mehr in die Supermärkte reinkommt, habe ich immer noch so viel Vertrauen in unsere Regierung, dass sie uns mit dem Nötigsten versorgen wird, selbst wenn absolute Ausgangssperre ist. Dann fahren die halt mit Bundeswehrwagen durch und verteilen säckeweise Nudeln. Ich glaube nicht, dass wir hier verkommen würden in diesem Land, weil wir nichts zu essen kriegen oder kein Klopapier mehr haben.

Da gibt es doch die Bilder, wo Jahrhunderte später Astronauten kommen, die Klopapierrollen sehen und sagen: „Die sind zwar ausgestorben, aber weißt du wie sauber deren Ärsche waren.“ Und jetzt gibt es wieder den Überfluss in den Supermärkten und sie werden ihr Klopapier nicht mehr los. Es gab ja auch nie einen Notstand. Die Leute sind halt einfach durchgedreht. Jeder ist sich selbst der Nächste und es wurde munter gerafft. Ich hatte auch im Supermarkt jemanden vor mir mit dem ganzen Einkaufswagen voll mit Nudeln und Klopapier. Als an der Kasse gesagt wurde, er könne jeweils nur zwei Packungen kaufen, hat er einen Riesenaufstand gemacht.

Das Wort, was da gerade häufig fällt, ist „weggekauft“. Man hat irgendwas anderen weggekauft, nur weil man selber denkt, man braucht jetzt die zehnfache Ration. Wir haben mehrere alte Damen bei uns im Haus. Denen haben wir auch gesagt, dass sie Bescheid sagen sollen, wenn sie was nicht bekommen haben. Dann würden wir halt schauen, ob es das nicht woanders gibt. Dass man sich gegenseitig hilft ist wichtig, weil jeder braucht ja seine Grundnahrungsmittel. Und andere kaufen die dann halt weg. Und die Oma, die sich dann morgens zu ihrem Wocheneinkauf aufmacht und vorher den halben Tag braucht, um sich anzuziehen, runterzugehen und zum Supermarkt zu laufen und zurück, bekommt nur die Hälfte im Laden. Und das nur wegen ein paar Arschlöchern.

Und das ist das, was einem ein bisschen Angst macht. Wie lange kann das mit der Welt und der Natur noch gut gehen?

Denkst du, dass das bei den Metalheads, besonders auf Festivals anders ist?

Herbie: Ja, auf einem Festival oder auf dem Wacken helfen sich die Nachbarn einfach gegenseitig. Und wenn es nur darum geht, dass man im Hochsommer kein kaltes Bier mehr hat, und die anderen das Bier aus ihrem Kühlschrank gegen das warme tauschen. Oder Grillfleisch abgeben. Oder bei Regen anderen mit trockenen Klamotten aushelfen. Da hilft man sich.

Und hier? In den Wohngebieten? Da schaut man nur, ob der Nachbar ein größeres Auto fährt und will auch so eines haben. Hier wird nur neidisch aufeinander geguckt.

Auf einem Festival dagegen hilft man sich. Da ist man wirklich Nachbar, obwohl man gar nichts miteinander zu tun hat. Aber die, die jeden Tag miteinander zu tun haben, die gucken sich mit dem Arsch nicht an. Dieses Miteinander kann man definitiv von der Metalszene und von den Festivals lernen.

Lest in den nächsten Tagen Teil 3 der 6-teiligen Interviewserie mit Herbie Langhans auf METALOGY.

Hier der bereits veröffentlichte 1. Teil.

Und hier Teil 2.

Und Teil 3.

Und Teil 4

https://metalogy.de/interview-mit-herbie-langhans-firewind-avantasia-radiant-sonic-haven-beyond-the-bridge-etc-teil-1/

Und hier unser Interview aus 2018.

https://metalogy.de/interview-mit-herbie-langhans-saenger-bei-beyond-bridge-sinbreed-und-ryffhuntr/

 

Lydia Dr. Polwin-Plass

Promovierte Journalistin und Texterin, spezialisiert auf die Themen Kultur, Wirtschaft, Marketing, Vertrieb, Bildung, Karriere, Arbeitsmarkt, Naturheilkunde und Alternativmedizin. Mehr über Dr. Lydia Polwin-Plass auf ihrer Website: http://www.text-und-journalismus.de