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Exklusiv-Interview mit Zak Tell, Frontman von CLAWFINGER – Teil 2 Exklusiv-Interview mit Zak Tell, Frontman von CLAWFINGER – Teil 2
Die Crossover/Rap-Metal-Legende CLAWFINGER eroberte am 10. Oktober den Wiesbadener Schlachthof mit einem Best-of-Programm. Vorher dem Konzert Unterhielten sich Lydia und Michael vom Metalogy.de-Team mit... Exklusiv-Interview mit Zak Tell, Frontman von CLAWFINGER – Teil 2

Die Crossover/Rap-Metal-Legende CLAWFINGER eroberte am 10. Oktober den Wiesbadener Schlachthof mit einem Best-of-Programm. Vorher dem Konzert Unterhielten sich Lydia und Michael vom Metalogy.de-Team mit Sänger ZAK TELL. Hier im zweiten Teil des vierteiligen Interviews geht es unter anderem um den neuen CLAWFINGER-Song, die Message in den Liedern, und die Metalszene ganz allgemein.

Ihre habt gerade einen neuen Song veröffentlicht – „Tear You Down“. Kannst Du etwas über die Botschaft darin erzählen?

Zak: Wegen „Tear You Down“ waren viele ungarische Fans richtig sauer, weil in dem Video ein Haufen Gesichter von Faschisten und von politisch rechtsorientierten Anführern zu sehen sind. Das Bild, das man überall sieht und das in den sozialen Netzwerken zu sehen ist, ist ein Bild von Victor Orban. Daher waren einige Ungarn richtig wütend. Aber die Hater schreien ja sowieso immer am lautesten. Es gibt aber insgesamt deutlich mehr Leute, die den Song lieben als solche, die ihn hassen.

Eigentlich hatte ich anfangs den Text über einen Typen in einer schwedischen Rechtspartei mit Nazi-Wurzeln geschrieben. „Tear You Down“ ist eigentlich ein Song gegen ihn. Dann habe ich mich aber entschieden, den Song so zu schreiben, dass er auf verschiedene Personen passt. Ansonsten könnten Leute, die den schwedischen Politiker nicht kennen und die nicht in Schweden leben, nichts mit dem Song anfangen. Alleine die Tatsache, dass wir diese Reaktionen aus Ungarn bekommen haben, beweist, dass die Botschaft rüberkam.

Jetzt sind wir „linke Kommunistenbastarde“ und so. Bla Bla Bla etc.. Generell kritisiert der Song rechte Gesinnungen. Er ist also ein typischer CLAWFINGER-Song. Wir sind halt immer noch dieselben Jungs und haben immer noch dieselben Meinungen. Wir glauben immer noch an gleiches Recht für alle. Ganz einfache Dinge also. Ich weiß noch nicht einmal, wie wir damals auf die Idee zu dem Song kamen. Das kam einfach so: Ich hatte eine Grundidee, die ich an Bard (Torstensen) geschickt hatte und der hat noch etwas ergänzt. Und dann haben meine Frau und ich Bard, unseren Gitarristen, zuhause in Norwegen besucht. Er hat dort ein kleines Studio im Keller. Und nach ein paar Bier kamen wir auf die Idee, ein paar Vocals auf den Song zu legen, was dann richtig gut klang.

CLAWFINGER_Schlachthof_2019 © Polwin-Plass_Metalogy25

Dann haben wir den Song zu Jocke (Skog), unserem Keyboarder und Programmierer geschickt und der fand ihn auch richtig gut. Er hat dann auch noch ein bisschen ergänzt und dann plötzlich …. Nein, plötzlich kommt bei uns gar nichts. Wir veröffentlichen ja nur alle zwei Jahre einen Song. Aber es war sehr interessant, weil wir uns erstens gar nicht mehr so häufig treffen, um Songs zu schreiben, und weil es zweitens sehr selten vorkommt, dass wir alle einen Song gleich gut finden. In einer Band hat nun mal jeder einen anderen Geschmack und man geht normalerweise in unterschiedliche Richtungen. Aber dieses Mal fanden wir alle den Song von Anfang an richtig klasse. Das sind WIR. Und wir sind stolz auf den Song, was ein richtig gutes Gefühl war.

Wir würden sowieso nie etwas veröffentlichen, was uns selber nicht gefällt. Ein Album besteht zwar immer aus Songs, von denen jedes Bandmitglied seinen eigenen Favoriten hat. Da gibt es einen Song, auf den ich stehe und dann gibt es einen Song, den zum Beispiel unser Keyboarder besser findet. Du hast nie ein Album auf dem alle die Songs gleich gut finden. Sonst würde das auch nicht funktionieren.

Welcher Song ist dein Favorit?

Zak: Das ist immer unterschiedlich und abhängig davon, wann du mich fragst. Es kommt auch darauf an, aus welchem Grund ich den Song mag. Es gibt solche Songs, bei denen es mehr Spaß macht, sie live zu spielen. Und dann gibt es Songs, bei denen ich die Message mag oder bei denen die Produktion auf dem Album sehr gut war.

Welcher Song ist für dich bezüglich der Message wichtig?

Zak: Ich habe eigentlich immer „Two Sides“ gemocht – live und auf dem Album. Ich habe den Song immer gemocht, weil er viel Groove hat. Er hat einen anderen Groove als die typischen CLAWFINGER-Songs. Es gibt aber viele Songs, die ich aus unterschiedlichen Gründen mag. Ersist schwer, da einen raus zu picken.

Welche Message ist für dich am wichtigsten?

Zak: Solange die Leute verstehen, dass wir keine Rassisten, keine Schwulenhasser, keine Sexisten oder ähnliches sind, ist alles gut und ich denke, dass unsere Songs das deutlich machen.

Aber, wenn ich jetzt nur einen Song auswählen darf, ist das natürlich „Nigger“. Er ist einfach ein so großer Teil der Bandgeschichte. Der Song hat überhaupt den Stein erst ins Rollen gebracht. Deswegen hat er einen speziellen Platz in meinem Herzen. Wir haben ihn aber mittlerweile wohl an die 1.500mal gespielt, weil wir den Song nicht ein einziges Mal nicht gespielt haben. Es ist auch nicht der Song, der mir auf der Bühne den größten Kick gibt. Er ist einfach aus verschiedenen Gründen einzigartig.

CLAWFINGER_Schlachthof_2019 © Polwin-Plass_Metalogy25

Wie wichtig ist es dir, durch eure Songs Botschaften zu transportieren?

Zak: Die Botschaft in den Texten ist mir absolut wichtig. Als Jugendlicher habe ich die alten Punk-Bands geliebt und den frühen Hip Hop, bevor der lächerlich wurde. Ich meine Bands, wie Public Enemy, A Tribe Called Quest oder De La Soul und den Rap, der eine Botschaft hatte. Und ich bin mit einer Mutter groß geworden, die Bob Dylan und Bob Marley und ähnliche Sachen aus den 70ern gehört hat. Vieles davon hat mich geprägt. Ich habe schon immer Musik gemocht, die eine Botschaft hatte. Dabei musste die Musik an sich natürlich auch gut sein. Aber für mich waren die Texte immer genauso wichtig. Für mich ist das 50:50.

Für mich war auch von Anfang an klar, dass ich in keiner dieser Rock´n´Roll-Party-Bands sein wollte. Ich habe nichts gegen solche Bands. Es wird immer solche Mötley Crue´s geben, die dieses Rock´n´Roll-Ding durchziehen. Mir war aber schnell klar, dass ich in keiner Band sein möchte, wo ich jeden Tag über Partymachen singen muss. Nicht, dass wir nicht auf Partys stehen und dass wir die Musik nicht mögen würden. Aber ich könnte über so etwas nicht vor so vielen Leuten singen. So was, wie „I wanna drink all night and wanna sleep all day. Yeah”.

Wie denkst du über die neueste Welle von schwedischen Bands, die eher über Bier, Odin und Party singt?

Zak: Ich habe diese Sachen nie gemocht. Für mich gehört das in dieselbe Ecke wie das Sleaze-Ding. Das ist nur eine Variante davon. Aber ehrlich gesagt, darf natürlich jede Band machen was sie will. Auch dieses Viking-Zeug ist nie an mich rangegangen. Nicht im Geringsten. Aber ich bin auch kein typischer Metalhead. Ich bin eben nicht rein mit Metal oder Hard Rock groß geworden. Vielleicht ist das der Grund, warum mich das nie gepackt hat. Die ersten Bands, die ich gehört habe, waren solche, wie Led Zeppelin und Black Sabbath. Ich habe aber eigentlich erst angefangen Metal zu hören, als ich Bard und unseren ersten Gitarristen Erlend kennengelernt habe. Das war damals 1991 als wir im gleichen Krankenhaus gearbeitet haben. Zu der Zeit waren Bands wie Nirvana, Alice In Chains, Soundgarden, Faith No More aktuell. Ich bin mehr auf dieser Seite der Metal-Szene.

Was ist für dich das Besondere an der Metalszene?

Zak: Metalheads sind unglaublich treu und ergeben. Sie bleiben ein Leben lang an deiner Seite. Die Tatsache, dass wir heute hier spielen, ist ein Beweis dafür. Auch, wenn wir nicht True Metal oder Old School Metal machen, gehören wir doch irgendwie zur Metal-Szene. Mir fällt keine andere Musik-Szene ein, in der die Fans so treu sind. Metal-Fans kaufen auch immer noch die Alben. Sie kaufen Poster, gehen zu den Shows und sind aktiv. Sie haben eine brennende Leidenschaft dafür. Ich kann mir zum Beispiel nicht vorstellen, dass Justin Bieber in 10 oder 15 Jahren immer noch die gleiche Fanbase haben wird. Ich kann mich zwar irren, aber ist eigentlich auch nicht wichtig. Es sollte nur ein Beispiel sein.

Ich denke, dass Metalheads da wirklich etwas Besonderes sind. Wacken ist auch ein sehr gutes Beispiel dafür. Wir haben bisher zweimal dort gespielt. Als ich das erste Mal dort war, konnte ich es kaum fassen. Die bauen da eine eigene Stadt auf – mitten auf dem Acker. Und alles ist perfekt organisiert. Und alle sind total nett. Alles ist effizient durchgezogen und perfekt durchgeplant. Ich liebe Wacken. Ich habe einen großen Respekt vor der Metal-Szene, für diese Hingabe.

Und die machen in Wacken auch sehr viel Gutes. Sie haben diese Foundations, um Musikern und Kindern zu helfen. Das ist großartig. Einfach unglaublich. Und außerdem ist Wacken ein Festival, auf dem es wahnsinnig Spaß macht, zu spielen. Da sind so unglaublich viele Menschen

Bei solchen Gelegenheiten versuchen wir immer uns selber zum Narren zu machen. Das ist der Vorteil, wenn man älter wird: Man merkt, dass nicht alles so furchtbar erst genommen werden muss. Du kannst Spaß haben und lachen und immer noch eine wichtige Botschaft haben. Du musst nicht die ganze Zeit grimmig drein schauen. Ich muss da immer an die Bands denken, die wie Leichen geschminkt sind. Ich weiß genau, dass die auch nicht die ganze Zeit ernst dabei sind. Aber ihr Bühnencharakter muss halt immer grimmig sein. Die könnten auch mal lockerer sein und einfach Spaß haben. Gib jemandem von der Bühne aus ein Bier oder sowas. Geh runter und tanze mit den Fans. Das ist unsere gemeinsame Party. Wir sind alle zusammen hier. Wir haben das Glück auf der Bühne stehen zu dürfen, aber wir alle sind aus demselben Grund hier. Also seit mal locker und seid nicht immer so hochnäsig.

Denkst du, dass die Gesellschaft von den Metalheads lernen kann?

Zak: Absolut, wobei „Gesellschaft“ ein sehr weitgefasstes Wort ist. Es gibt in verschiedenen Teilen der Gesellschaft auch Leute, die genauso großartige Sachen machen. Aber ja, absolut, die Gesellschaft könnte da was lernen. Wie zum Beispiel die Sache mit dem Teamwork. Denn das ist etwas, das heutzutage immer seltener wird. Alles dreht sich nur noch um Leute, die nur noch an sich selber denken und nur noch für sich selbst handeln. Der Gedanke, gemeinsam etwas zu schaffen, verschwindet immer mehr aus dieser Welt. Das macht einem echt Angst.

Morgen folgt der dritte Teil des vierteiligen Interviews mit Zak von Clawfinger

Lest hier den ersten Teil des Interviews: https://metalogy.de/exklusiv-interview-mit-zak-tell-von-clawfinger/

Hier könnt ihr unsere Fotostrecke zum Gig im Schlachthof Wiesbaden sehen

https://metalogy.de/fotostrecke-clawfinger-und-freezes-deyna-im-schlachthof-wiesbaden/

und hier ein Video gegen Trumpismus

https://metalogy.de/clawfinger-sind-zurueck-mit-starkem-video-gegen-trumpismus/

Lydia Dr. Polwin-Plass

Promovierte Journalistin und Texterin, spezialisiert auf die Themen Kultur, Wirtschaft, Marketing, Vertrieb, Bildung, Karriere, Arbeitsmarkt, Naturheilkunde und Alternativmedizin. Mehr über Dr. Lydia Polwin-Plass auf ihrer Website: http://www.text-und-journalismus.de