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GRASPOP METAL MEETING 2017 – Nachbericht GRASPOP METAL MEETING 2017 – Nachbericht
Erst bewölkt schwül und dann brütend heiß: bei im Grunde gutem Wetter geben sich auf einer belgischen Wiese drei Stunden von Köln entfernt wieder... GRASPOP METAL MEETING 2017 – Nachbericht

Erst bewölkt schwül und dann brütend heiß: bei im Grunde gutem Wetter geben sich auf einer belgischen Wiese drei Stunden von Köln entfernt wieder die Größten die Klinke in die Hand. Das Graspop Metal Meeting besticht fast jedes Jahr mit einem beinahe unschlagbaren Line-Up. Auch dieses Jahr spielte alles was Rang und Namen hat auf dem riesigen Festival mit immerhin 100.000 Besuchern. Hier ein ausführlicher Nachbericht.
Donnerstagnachmittag, 15 Uhr. Auf einer Wiese im belgischen Dessel zündet ab morgen wieder das Metal-Großereignis Graspop Metal Meeting mit alljährlich über 100.000 Besuchern. Es ist zwar bewölkt, aber trotzdem sehr schwül.
Seit 14 Uhr ist das Festivalgelände geöffnet – jetzt ist Rush Hour. Der erste Schwall Festivalbesucher kommt an, und es scheint, als kämen alle gleichzeitig. Die Autos werden auf Wiesen gegenüber des Geländes geparkt, entlang einer Asphaltstraße. Die Leute, die Donnerstagnachmittag ankommen, haben es prinzipiell nicht weit, nur etwa fünf Minuten Laufen vom Parkplatz bis zum Festival.

Rammstein 1

Rammstein_Graspop Festival_Foto_Clara Wanning

Von der Straße geht eine kleine Kurve durch Waldboden ab auf das Festivalgelände; hier werden direkt die Bändchen (dieses Jahr schlicht schwarz mit grauem Schädelmuster und oranger „Graspop“-Schrift) verteilt. Damit auch schon der erste Kritikpunkt: Rush Hour gut und schön, aber zwei Stunden vollbeladen und unsortiert rumstehen, jede Minute einen halben Schritt vor, ist einfach zu viel, vor allem bei Hitze oder, wie heute, drückender Schwüle. Da hilft es auch nicht, dass Leute, die die zweite Runde Gepäck holen, sich auch noch durch die Wartenden wühlen müssen, denn so entsteht noch mehr Gedränge. Hundert Meter hinter der Reihe mit den Ticketschaltern gibt es nochmal ein sporadisches Security-Tor, wo nach Glasflaschen und ähnlichem Zeug gefragt wird.

Danach endlich geht es am Eingangstor zum Infield vorbei zum Campinggelände, eine weite Wiese, in der Ferne begrenzt durch hohe Baumreihen. Ein gutes Stück Fläche ist schon belegt, die Zelte werden Stück für Stück weiter hinten aufgeschlagen; Security hält ein langes Band über die Wiese und weicht mit jeder Ladung Leute ein paar Schritte weiter nach hinten. In eiligem Gewimmel werden Gepäckstücke fallen gelassen und Pavillons hochgerissen; es ist wirklich nicht viel Platz und es empfiehlt sich, einfach sofort seinen Kram hochzustellen, sonst steht das halbe Nachbarcamp im eigenen.

Infield Eingangstor

Infield Eingangstor_Graspop Festival_Foto_Clara Wanning

Die Zelte wollen gut befestigt werden; Windböen lassen einige Bauten etwas bedenklich flattern. Es ist inzwischen fast sechs, noch einmal Zeit für die zweite Ladung. Einige Leute sind so clever und haben Sackkarren dabei. Dann endlich ist Ruhe. Am Donnerstagabend spielen einige kleinere Bands und es gibt ein wenig Abendprogramm; das Infield ist schon geöffnet. Allerdings ist durch das leichte Organisationschaos beim Ankommen auch schon die meiste Luft raus. Die Leute sind gut gelaunt, aber hier könnte man wirklich etwas besucherfreundlicher sein.

Psych. Waltz im Metal Dome

Psych. Waltz im Metal Dome_Graspop Festival_Foto_Clara Wanning

Freitag, erster Festivaltag. Heute headlinert Rammstein; die Tagestickets sind ausverkauft. Es ist immer noch bewölkt mit Windstößen. Was man dem Graspop aber zugute halten muss: es ist ausgesprochen übersichtlich. Der Campingground ist gegenüber dem Infield, seine „Hauptstraße“ and der Seite wird in regelmäßigen Abständen von großen, mit Holzboden ausgelegten Toiletten- und Duschzelten (eher Hallen) gesäumt. Die einzelnen Klohäuschen drinnen sind alle mit riesigem Klopapierrad und Spülung, ein wenig Wartungspersonal ist stets anwesend und die Toiletten sind alle sauber (oder zumindest nicht lange dreckig).
Vor dem Infield sind noch einmal Sicherheitskontrollen; zu Stoßzeiten bzw vor Headlinern kann es auch hier zu längeren Schlangen kommen. Neben dem Infieldeingang ist der übliche kleine Metal-Markt mit Patch- und Klamottenständen. Musikalisch beginnt der Tag mit Mayan um 11:15 Uhr in der geringfügig kleineren – aber immer noch sehr großen – Zeltbühne, dem Metal Dome, das erste Main Stage-Konzert geben um 11:30 Slydigs. Nach und nach füllen immer mehr Menschen die große Infieldwiese; die finnischen Power Metaller von Battle Beast um Frontfrau Noora Louhimo sind auf ihr neues Album offenbar so stolz, dass sie bei ihrem Konzert um 13 Uhr praktisch nichts anderes spielen, einmal abgesehen von ihrem Hit „Black Ninja“. Trotzdem ist die Stimmung zu so früher Stunde nicht schlecht.

Infield

Infield_Graspop Festival_Foto_Clara Wanning

Zwischen den Zeltbühnen Metal Dome und Marquee, den beiden Main Stages und der kleineren Jupiler Stage herrscht emsiges Treiben, Leute sitzen im Gras, denn der Boden ist zum Glück trocken. Die Akustik der Zeltbühnen hängt sehr von Position im Zelt und Publikumsdichte ab. Zumeist ist es hier recht laut und gerade im Grenzbereich einer guten Lautstärke; die geheimnisvollen und beflügelten Klänge der Querflöte von Psychotic Waltz am späten Nachmittag sind trotzdem sehr gut zu hören, ein Lob an die Technik.
Danach füllt sich das Infield langsam wirklich; bei den Black Star Riders und Sepultura beginnen sich Leute auf der direkten Fläche vor der Bühne, die mit weißem Plastikboden ausgelegt ist, langsam anzusammeln. Am frühen Abend hätte die 80s-Metalband W.A.S.P spielen sollen, die ihre Konzerte aber gecancelt hatten; das Graspop hatte kurzerhand Dee Snider solo hergebeten, der auf dem Festival schon öfter aufgetreten ist. Nach Ende von Twisted Sister arbeitet er an seinem Soloalbum – und beweist beim Konzert, dass er immer noch perfekt mit dem Publikum umzugehen weiß. Obwohl man bei ihm stimmlich hin und wieder schon einen leichten Abwärtsgang erlebt, ist die Stimmung – und auch die Musik – immer noch großartig, und natürlich – kein Dee Snider ohne „We’re Not Gonna Take It“, erst langsam angespielt, dann im üblichen Tempo – und alle singen mit.

Campingground

Campingground_Graspop Festival_Foto_Clara Wanning

Nach dem engelsgleichen Gesang von Simone Simons von Epica kommt mit Europe noch eine weitere Welle 80s-Rock auf den belgischen Acker – auch hier gute Stimmung, und „Final Countdown“ kennt ja auch echt jeder. Inzwischen ist es sehr voll auf dem Infield. Während mit  Emperor die Nacht hereinbricht, ist langsam kein Durchkommen mehr, denn alle warten auf die Stars des Festivals: um Mitternacht beehren Rammstein das erste mal das Graspop Metal Meeting mit ihrem unverwechselbaren Musikgewitter. Eine Viertelstunde Ruhe, Leute warten bis ganz hinten, bis endlich der Timer runterläuft, von 10 runter zählt die Menge mit, auf Deutsch. Funkeneimer, Flammenwerfer und ein Fegefeuer an Pyrotechnik, nichts fehlt, und bei der fantastischen Setlist bleibt keine Hand unten, keine Stimme still und kein Fuß am Boden. Nach anderthalb Stunden voller Nackenbrechern ist der erste Festivaltag beschlossen; die Metaldisco läuft zwar noch bis zum Morgengrauen, aber wer wirklich bei Rammstein war, geht danach nirgendwo mehr hin.

Am darauffolgenden Tag ist es immer noch bewölkt, und etwas weniger windig. Wieder hat Power Metal in seiner gloriosesten Form, majestätisch, stark und stimmgewaltig –  Rhapsody – unverdienterweise nur den Mittagsslot um 14 Uhr bekommen; trotzdem kommt ein angemessener Chor zustande. Am Abend reißt das Getöse von Clutch den Metal Dome ein; Crowdsurfer und Hände gesellen sich zu den hämmernden Beats in die Luft, zwei kleine Moshpits werden zu einem großen, bis schließlich die gesamte Fläche vor der Bühne und das halbe Zelt in nicht enden wollender Bewegung sind.

Infield, Blick Main Stages

Infield, Blick Main Stages_Graspop Festival_Foto_Clara Wanning

Draußen weichen die Wolken den goldenen Strahlen der Abendsonne, Publikum steht vor der Bühne oder sitzt weiter hinten auf dem staubigen Grasboden, ein Bier oder gnadenlos überteuertes Festivalessen in der Hand, dessen Preis-Leistungs-Verhältnis sicherlich einer der stärksten Schwachpunkte des Festivals ist. Bei 10 € für 3,5 Wertmarken entstehen geradezu lachhafte Preise mit um die 11 € für einen nicht mal umwerfenden Döner oder etwa 6 € für ein Brötchen mit Bulette und Zwiebeln („Burger“). Daher lege ich auch jedem nahe, im Camp etwas zu essen und ein paar Müsliriegel oder ähnliches aufs Infield zu bringen (allzu gründlich gucken die, zumindest in Stoßzeiten, nicht nach), wenn man wirklich sehr lange steht.

Ein Plus ist aber wiederum die Klosituation: auch auf dem Infield gibt es die gleichen Spülklo-mit-Klopapier-Häuschen wie auf dem Campinggelände, auch hier sind sie ohne Überwindung benutzbar. Damit macht sich Klopapier aufs Festival mitnehmen fast gänzlich obsolet. Nicht obsolet wären allerdings genügend Mülleimer, die es leider nicht gibt, und so steigt mit Stimmung und Tageszeit auch die Schicht Einmalplastikbechermüll auf dem Infield, was erstmal wirklich unschön ist und auch nervig zum Hinstellen und Hinsetzen. Außerdem werden die lachhaft kleinen Wasserfläschchen direkt beim Rausgeben geöffnet und der Deckel weggeschmissen, damit man sie ja nicht zu lange aufhebt oder gar wiederverwendet.

Scorpions_Graspop Festival_Foto_Clara Wanning

Während jedenfalls einige Leute noch zwischen dem Plastikmüll im Gras dösen, spielt Alter Bridge vor hüpfendem und moshenden Publikum und spätestens bei Five Finger Death Punch hat sich wieder eine unübersehbar große Menge auf dem Infield eingefunden: den heutigen Tag headlinern Deep Purple, das ganz alte Eisen und vor 40 Jahren ein Meilenstein der Rockmusik. Mit 70 Jahren nicht mehr ganz so taufrisch wie mit 30, aber immer noch ziemlich gut, tönen neben Stücken des neuen Albums auch Rock-Evergreens wie ‚Hush‘, ‚Perfect Strangers‘ und natürlich ‚Smoke On The Water‘ durch die Nacht, auch ‚Space Truckin“ schafft es in die Setlist. Danach beschließen In Flames den zweiten Festivaltag.

Am Sonntag haben sich die Wolken endgültig verzogen; schon früh lässt sich eine aufkommende Hitze spüren und ab Vormittag wird es brütend heiß, um die 30°C. Das hält Alestorm um 14 Uhr mittags jedoch nicht davon hab, mit einem großen, gutaufgelegten Publikum eine laute Piratenparty zu feiern, und danach bringt Airbourne mit Kängururitt, Moshpits und Bierdosen das Publikum endgültig zum kochen.

Airbourne

Airbourne_Graspop Festival_Foto_Clara Wanning

Nachmittags geht es weiter mit australischem Hardrock und The Dead Daisies füllen den Metal Dome. Nach Mastodon wird es abends etwas besinnlicher: Evanescence pendeln zwischen Schlagzeug und lieblichen Pianosoli. Danach kehrt sich mit Rob Zombie der Stil völlig um, bei silbernem Glitzeranzug und aufblasbaren Alienpuppen donnert ein Lied nach dem nächsten durch, inklusive kurzem Anspielen von ‚School’s Out‘. Danach spielen die Scorpions den Headlinerslot des Abends mit einer meist unkomplizierten, aber trotzdem toll wirkenden Videoshow im Hintergrund, eigentlich nur die Sicht der Kamera mit verschiedenen Effekten.

Und wieder geht der letzte Act mit Sabaton an die Schweden, die es nochmal krachen lassen. Abschließend knallt das Finale Feuerwerk durch die Luft, das Infield leert sich ein letztes Mal. Einige Besucher fahren schon weg; einer spielt unter Applaus der umliegenden Camper ein Plastikschlagzeug auf Mülltonnen und Holzlatten.

Um 12 Uhr Mittags muss am Montag die Wiese geräumt sein; dies funktioniert einwandfrei, um 10 ist der größte Schwall Menschen auf dem Weg vom Infield runter. Es ist wieder entsetzlich heiß, zum Glück funktioniert das Runterkommen vom Parkplatz ohne große Probleme oder längere Staus. Nach einer kleinen Tour durch das angrenzende Städtchen kommt man schnell wieder auf die Autobahn; auch nächstes Jahr ist das Graspop sicherlich wieder durch die großzügige und eindeutige Beschilderung mit neonorangenen „Festival“-Schildern gut zu finden. Das Graspop Metal Meeting steigt das nächste mal vom 22. – 24. Juni 2018, ein Drei-Tages-Ticket wird wohl wieder 195,00 € kosten.

Festivalbesucher_Graspop Festival_Foto_Clara Wanning

Nachbericht: Clara C. Wanning

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Lydia Dr. Polwin-Plass

Promovierte Journalistin und Texterin, spezialisiert auf die Themen Kultur, Wirtschaft, Marketing, Vertrieb, Bildung, Karriere, Arbeitsmarkt, Naturheilkunde und Alternativmedizin. Mehr über Dr. Lydia Polwin-Plass auf ihrer Website: http://www.text-und-journalismus.de